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Kindlicher Bauchschmerz

Kindlicher BauchschmerzBauchweh – jeder kennt es, jeder hat es schon mal gehabt und meistens geht es von selbst wieder vorbei. Doch manchmal ist es nicht so harmlos wie es klingt. Und gerade bei Kindern sollte man besonders vorsichtig sein. Sie brauchen unsere Hilfe und besondere Aufmerksamkeit, um das harmlose Bauchweh von der gefährlichen Erkrankung zu unterscheiden.

Genau beobachten

Kleinkinder sind oft nicht in der Lage, ihre Schmerzen eindeutig zu beschreiben. Doch gerade in diesem Alter sind organische Ursachen häufiger als bei älteren Patienten. Am häufigsten klagen Kinder über Bauchschmerzen. Dabei werden oft auch ganz andere Beschwerden wie zum Beispiel Halsschmerzen oder allgemeines Unwohlsein auf den Bauch projiziert, da Kinder oft nicht im Stande sind, die Schmerzen eindeutig einem Körperteil zuzuordnen. Um herauszufinden, was den Kleinen wirklich fehlt, ist es wichtig, die Fragen in einer kindgerechten Sprache zu stellen und genau zu beobachten.

Wichtig ist, ob die Beschwerden plötzlich kommen oder langsam beginnen und stärker werden. Ob das Kind öfter unter Bauchschmerzen leidet oder die Schmerzen zum ersten Mal auftreten. Wacht es aufgrund der Schmerzen aus dem Schlaf auf? Verweigert es das Essen oder erbricht es die Nahrung? Besteht Fieber? All diese Fragen helfen zu klären, ob es sich um eine akute, bedrohliche Erkrankung handelt.

Schmerzhafte Verstopfung

Der Stuhlgang liefert ebenfalls Hinweise auf eine mögliche Ursache der Schmerzen. Eine Verstopfung kann für die Kleinen sehr schmerzhaft sein. Eine Rötung oder kleine Fissur am After kann der Grund sein, dass ein Kind den Stuhl verhält. In diesem Fall darf man niemals selbst versuchen, den Stuhl mit einem Fieberthermometer oder einem anderen Gegenstand heraus zu bekommen! Die Verletzungsgefahr ist dabei viel zu groß. Man sollte vielmehr sicherstellen, dass das Kind ausreichend trinkt und auf eine ausgewogene Ernährung achten. Sehr oft sind chronische Bauchschmerzen durch eine ungesunde und einseitige Kost bedingt. Kann der Darm nicht mehr von selbst entleert werden, kann der Arzt ein abführendes Zäpfchen verordnen. „Fehlernährung und zuviel gesüßtes Trinken sind bei Kindern im schulfähigen Alter wesentliche Ursachen für Bauchschmerzen“, sagt Univ. Prof. Dr. Johann Deutsch von der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde Graz. Auch Blähungen können für kleine Patienten sehr quälend sein. Gerade bei Säuglingen kann hier oft eine entspannende Bauchmassage Erleichterung bringen – dabei muss der Darm immer sehr sanft und im Uhrzeigersinn massiert werden.

Drohender Flüssigkeitsverlust

Eine einfache Magen-Darm-Grippe kann meistens zuhause behandelt werden. Es ist jedoch enorm wichtig, für eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr zu sorgen. Die verlorene Flüssigkeit sollte mit speziellen Elektrolyt-Lösungen – einer Mischung aus Salz, Zucker und Flüssigkeit – ersetzt werden. Fertigprodukte erhält man rezeptfrei in der Apotheke, ebenso wie eine Anleitung zur Selbstherstellung der Lösung für ältere Kinder. Reines Wasser oder zuckerreiche Getränke wären gefährlich. Als Nahrung empfiehlt sich eine optimierte Mischkost. Verweigert ein Kind jegliche Flüssigkeits- und Nahrungsaufnahme, muss ein Arzt konsultiert und unter Umständen eine Krankenhauseinweisung überlegt werden. Säuglinge sollten auf jeden Fall einem Arzt vorgestellt werden. Bei Durchfall und Erbrechen droht ein großer Flüssigkeitsverlust, der eventuell mittels Infusionen kompensiert werden muss. Je jünger die Kinder sind umso schneller muss gehandelt werden. Sie haben kaum Reserven und eine einfache Darmgrippe kann für Kinder schnell zu einer bedrohlichen Krankheit werden.

Immer wieder Bauchweh

Bei chronischem Bauchschmerz in Verbindung mit Durchfällen, mangelnder Gewichtszunahme und Wachstumsstörungen sollte an eine Nahrungsmittelunverträglichkeit oder Stoffwechselstörung gedacht werden. Bei dieser Erkrankung gibt es viele Formen und der Arzt kann durch verschiedene Tests Gewissheit schaffen.

Bei Unsicherheit zum Arzt

Die Ursachen für Bauchschmerzen können extrem vielfältig sein: Entzündungen, Fehlbildungen, Tumore oder Verletzungen – für alle in Frage kommenden Ursachen gilt: Eine eindeutige Diagnose kann nur der Arzt stellen. Generell gilt daher: Bei unklaren akuten oder länger andauernden Bauchschmerzen sollte ein Arzt aufgesucht werden. Das gilt vor allem je jünger die kleinen Patienten sind. Dabei kann der erste Ansprechpartner der Hausarzt sein. Dieser kann viele Erkrankungen erkennen und auch behandeln und den Eltern die Angst nehmen. In einigen Fällen sind jedoch weitere Untersuchungen und damit die Vorstellung bei einem Kinderarzt, in der Kinderklinik oder in einer kinderchirurgischen Ambulanz notwendig. Mittels Blut-, Harn- und Ultraschalluntersuchung können Entzündungen oder andere organische Hintergründe für Bauchschmerzen festgestellt werden. Die Tatsache, dass es bei Kindern so viele verschiedene Ursachen für dasselbe Symptom gibt, macht eine sorgfältige Untersuchung unumgänglich. „Zusammenfassend ist es wichtig, akute Bauchschmerzen nie zu unterschätzen“, sagt Prim. Univ. Prof. Dr. Günther Schimpl, Vorstand der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendchirurgie, Landeskrankenhaus Salzburg. „Vor allem wenn zusätzliche Symptome wie Erbrechen, Durchfall oder Verstopfung auftreten. Die Diagnostik und Therapie muss umso schneller eingeleitet werden, je jünger das Kind ist.“

Auch an psychische Ursachen denken

Wird trotz eingehender körperlicher Untersuchungen keine organische Ursache gefunden, sollte auch an eine psychische Komponente der Beschwerden gedacht werden. Oft reagieren Kinder auch auf eine angespannte Familiensituation mit Bauchschmerzen. „Bei Bauchschmerzen spielen oft psychische Probleme eine wesentliche Ursache und daher spricht das schwerkranke Kind häufig nicht“, so Deutsch. Dabei können Probleme in der Partnerschaft der Eltern ebenso eine Rolle spielen wie zuviel Stress in der Schule. Wenn es nicht gelingt, die Situation in der Familie selbst zu klären, sollte man professionelle Hilfe durch Kinderpsychologen oder Familientherapeuten in Anspruch nehmen.


Dr. Ulli Stegbuchner
Oktober 2007

Foto: Bilderbox

Zuletzt aktualisiert am 13. November 2020