Rot verfärbter Harn als Symptom für Blasenkrebs. Man(n) redet nicht gerne über Harninkontinenz, Probleme mit der Prostata oder mit der Blase. Doch wer zu lange wegschaut und die Zeichen nicht wahrnimmt, wird vielleicht plötzlich mit der Diagnose Blasenkrebs konfrontiert.
Walter B. hat seine Leidensgeschichte im Internet veröffentlicht. Eine von vielen Erfahrungsberichten zum Thema Blasenkrebs. Im urologischen Bereich ist Blasenkrebs nach Prostatakrebs die zweithäufigste Erkrankung. Seitenweise und bis ins kleinste Detail berichtet der 65-Jährige vom Beginn seiner Erkrankung, seinen Schmerzen, der Therapie. Walter B. ist vor sechs Jahren erkrankt. Eigentlich hätte er es gar nicht bemerkt, wäre da nicht der brennende Schmerz beim Urinieren gewesen. Der sich ständig wiederholende und von Tag zu Tag größer werdende Schmerz. Bis er eines Tages Blut im Urin hatte. "Das ist das häufigste Symptom für ein Harnblasenkarzinom", sagt Prof. Dr. Johannes Meran von der 1. Medizinischen Abteilung für Onkologie im Wilhelminenspital in Wien. Sollte es erste Anzeichen in diese Richtung geben, heißt es sofort zum Arzt.
Verschiedene Formen
Wenn der Harn rot verfärbt ist, spricht man von einer Makrohämaturie. Und dabei gilt: Bis zum Beweis des Gegenteils ist diese tumorverdächtig. Blasenkrebs geht in den meisten Fällen von der Schleimhaut, dem Übergangsepithel, aus. Betroffen sind vor allem Männer. Die meisten Neuerkrankungen treten zwischen dem 60. und 70. Lebensjahr auf. "Bei 70 Prozent der betroffenen Patienten wird ein oberflächliches Karzinom diagnostiziert, in 30 Prozent der Fälle ein muskelinvasives oder bereits metastasierendes. Es ist jedoch leider so, dass sich jedes fünfte oberflächliche Karzinom zu einem muskelinvasiven entwickelt", so Prof. Meran. "Je besser aber der Tumor differenziert ist, desto besser die Heilungsrate." Die Therapie des Harnblasenkarzinoms hängt natürlich maßgeblich vom Stadium ab, in dem es erkannt worden ist. Die meisten werden in einem sehr frühen Stadium entdeckt. Das bedeutet, dass sich der Tumor auf die innersten Schichten der Blasenwand beschränkt und die muskuläre Wand der Blase nicht betrifft. Prof. Meran: "Dieses oberflächliche Karzinom wird durch eine Entfernung des krankhaften Gewebes behandelt."
Mehrmalige Therapie nötig
Diese Behandlungsmethode, so der Onkologe, sei relativ ungefährlich, habe aber einen großen Nachteil: Die Rückfallquote beträgt 30 bis 80 Prozent in den ersten Monaten. Häufig seien deshalb mehrere Therapien nötig. Bei höherem Risiko werde eine sogenannte BCG-Therapie empfohlen. BCG ist eigentlich ein bekannter Impfstoff gegen Tuberkulose. BCG vernichtet die Krebszellen nicht direkt, sondern macht sie für die körpereigene Abwehr anfällig, vor der sich die Zellen eigentlich verstecken möchten. Diagnostiziert der Arzt bereits ein muskelinivasives Harnblasenkarzinom, ist dieses aber noch ohne Metastasen, wird der Patient an einer Entfernung der Harnblase inklusive Chemotherapie nicht vorbeikommen. "In einigen Fällen wird auch vor der Operation eine Chemotherapie begonnen, um den Eingriff überhaupt zu ermöglichen beziehungsweise zu erleichtern", so Meran. Eine alleinige hochdosierte Chemotherapie müssen auch Patienten über sich ergehen lassen, bei denen sich bereits Metastasen gebildet haben. "Wenn der Krebs bereits metastasiert ist, ist die Prognose leider äußerst schlecht. Umso wichtiger ist eine frühzeitige Entdeckung des Karzinoms."
Risikofaktor Rauchen
Warum sich ein Blasenkarzinom entwickelt, ist bis heute ungeklärt. Ein beträchtlicher Anteil wird jedoch auf Umwelteinflüsse zurückgeführt. Insgesamt sind über 50 verschiedene chemische Substanzen bekannt, die eine Entstehung begünstigen können. Darunter auch Chemikalien, die in der Färbe-, Gummi- und Lederindustrie verwendet werden, wie Anilin oder Naphthalin. Auch Walter B. hat in dieser Branche gearbeitet und ist ständig mit den Chemikalien in Kontakt gewesen. Neben den berufsbedingten Risikofaktoren kennt die Medizin aber auch vermeidbare. Und dazu zählt das Rauchen. 30 Prozent der Erkrankungen seien auf den Missbrauch von Nikotin zurückzuführen, sagt Prof. Johannes Meran.
Leben mit der Krankheit
Auch nach erfolgreicher Behandlung von Blasenkrebs bleibt der Patient in einer schwierigen Situation. Das Leben muss nun einen anderen als den bisher gewohnten Gang nehmen. Wichtig ist vor allem, die Angst der Patienten vor einem neuerlichen Auftreten des Krebses in eine positive Richtung zu lenken. Bei Männern können durch die Entfernung der Blase und der Prostata Erektionsstörungen auftreten. Gegen die Tumor-Schmerzen, die auftreten, wenn der Krebs nicht besiegt werden kann, bedarf es einer Krebs- Schmerztherapie. Prof. Johannes Meran: "Wichtig ist auch, dass die Patienten regelmäßig zur Nachuntersuchung kommen, um sofort feststellen zu können, ob sich erneut ein Tumor gebildet hat."
Mag. Lisa Ahammer
April 2006
Foto: deSign of Life, privat
Kommentar
"Beim ersten Anzeichen – in den meisten Fällen ist das Blut im Harn – sollten Sie sofort einen Arzt aufsuchen. Betroffen sind vor allem Männer. Je früher ein Blasenkrebs erkannt wird, desto besser die Heilungschancen."
Prof. Dr. Johannes Meran
1. Medizinische Abteilung für Onkologie, Wilhelminenspital Wien