Osteoporose spürt man lange nicht, denn die Krankheit beginnt schleichend. Wenn es zum ersten Knochenbruch kommt, ist sie schon ziemlich fortgeschritten. Eine frühzeitige Erkennung ist richtungweisend für die Erhaltung der Knochengesundheit und somit der Verbesserung der Lebensqualität.
Laut Österreichischem Osteoporosebericht sind hierzulande etwa 740.000 der über 50-Jährigen von Osteoporose betroffen. Der Großteil davon - etwa 617.000 - sind Frauen. Gesundheitsökonomen schätzen, dass sich die osteoporosebedingten Kosten bis 2050 verdoppeln werden.
Osteoporose wird im Volksmund als Knochenschwund bezeichnet. Die Erkrankung der Knochen ist durch eine fortschreitende Abnahme der Knochendichte gekennzeichnet. Die Knochen verlieren an Stabilität und Elastizität und können deshalb schon bei geringer Belastung brechen.
„Früher sah man es als mehr oder weniger normal an, dass Knochen im Alter brechen. Heute ist Osteoporose als eigenständige Erkrankung anerkannt“, sagt Prof. Dr. Franz Kainberger, Radiologieprofessor an der MedUni Wien und Präsident der Gesellschaft der Ärzte in Wien. Es handelt sich um ein vielschichtiges Krankheitsbild mit verschiedenen Untergruppen. Das immer präzisere Wissen ermöglicht es auch, die verschiedenen Ausformungen der Osteoporose immer besser zu behandeln.
Symptome
In den Anfangsjahren zeichnet sich eine Erkrankung durch eine weitgehende Symptomfreiheit aus. Im späteren Verlauf können folgende Warnsignale auftreten:
- Rückenschmerzen (da Rückenschmerzen sehr unspezifisch sind, denkt kaum jemand an Osteoporose)
- Rundrücken (man steht und geht „buckelig“)
- Das so genannte Tannenbaumphänomen: die Hautfalten am Rücken sehen aus wie Äste eines Tannenbaumes.
An Osteoporose sollte man auch denken bei:
- Schenkelhalsfrakturen oder Rundrücken in der Familie
- Verlust von mehreren Zentimeter Körpergröße
- Sturzneigung; Eingeschränkte körperliche Aktivität und Beweglichkeit.
Bei einer fortgeschrittenen Osteoporose kommt es nicht selten zu Spontanbrüchen. Dabei brechen Knochen ohne gravierende äußere Einflüsse. „Etwa bei intensiverer Haus- oder Gartenarbeit oder bei eine Unachtsamkeit mit nachfolgendem Sturz“, weiß Dr. Kainberger.
Bruchstellen finden sich vor allem in der Wirbelsäule, am Schenkelhals, dem Oberarmknochen oder der Speiche. Es kommt aber auch zu Einbrüchen der Wirbelkörper, die oft chronische Schmerzen verursachen. Eine Folge kann auch eine Krümmung an der Brustwirbelsäule sein, die zu einer Verminderung der Körpergröße führt.
Eine lange Zeit unbehandelte Osteoporose kann zu Schmerzen und erheblichen Problemen im täglichen Leben führen. Unter Umständen macht sie eine permanente Betreuung der Betroffenen notwendig, es besteht sogar die Gefahr, an den Folgen eines osteoporosebedingten Knochenbruchs zu sterben.
Zusammenhang mit anderen Erkrankungen
Auch Diabetes mellitus Typ I, Rheumatoide Arthritis, bestimmte Bluterkrankungen oder eine Überfunktion von Schilddrüse oder der Nebennierenrinde können den Abbau der Knochensubstanz verursachen. Osteoporose kann auch im Zusammenhang mit anderen Erkrankungen auftreten. Nach überstandenen Krebserkrankungen, nach Organtransplantationen oder bei rheumatischen Erkrankungen können die Beschwerden der Osteoporose sogar in den Vordergrund treten.
Risikofaktoren
- Hohes Alter
- Sturzneigung: Manche Menschen neigen zu vermehrten Stürzen. Sei es durch Schwindel oder auch ohne offensichtlichen Grund
- Bestimmte Grundkrankheiten (wie etwa Diabetes, Rheuma, aber auch Schilddrüsenüberfunktion)
- Ungesunde Lebensweise (Rauchen, Alkohol)
- Frauen mit einem frühen Wechsel und/oder später erste Regelblutung
- Einnahme bestimmter Medikamente wie Kortison
- Mutter oder Vater hatten einen Wirbelbruch oder Oberschenkelhalsbruch
- Kalziumarme Ernährung
- Kaum Sonnenlicht.
Knochendichte messen
Eine frühe Diagnose ermöglicht eine rechtzeitige Behandlung. Eine Knochendichtemessung zeigt den aktuellen Zustand, Ausmaß und Schweregrad der Osteoporose und hilft bei der Risikoeinschätzung.
Die moderne Radiologie hat sehr gute Möglichkeiten, Osteoporose frühzeitig fest zu stellen. Die Knochendichte wird mittels DXA-Scan gemessen. Zum Scannen des gesamten Körpers werden dabei lediglich drei Minuten benötigt. „Die Messung bietet bei extrem niedriger Strahlung eine risikolose Möglichkeit, Dichte und Zusammensetzung der Knochen zu messen. Wichtig ist vor allem die Messung des Kalkgehalts in der Lendenwirbelsäule und im Oberschenkelknochen. Je niedriger der Kalkgehalt, desto höher das Risiko, dass Knochen brechen“, sagt der Radiologieprofessor.
Das Verfahren beruht darauf, dass die Schwächung der Röntgenstrahlen beim Durchtritt durch Knochengewebe exakt gemessen und berechnet wird. Das Ausmaß der Schwächung wird dann mit Werten von gesunden 30-Jährigen verglichen. Nach den Richtlinien der Weltgesundheitsorganisation WHO sollten Osteoporosepatienten zumindest 75 Prozent der Knochenmasse aufweisen, über die jüngere Erwachsene verfügen. Liegt der gemessene Wert unterhalb dieser Grenze besteht ein erhöhtes Frakturrisiko. Mit diesem Verfahren kann auch der Verlauf einer bereits diagnostizierten Osteoporose kontrolliert werden.
Teil der Diagnose ist auch eine ausführliche Anamnese (Gespräch) und eine körperliche Untersuchung. Im Bedarfsfall stehen Röntgenaufnahmen, Ultraschall und Labormessungen zur Verfügung, um ein noch besseres Bild der Erkrankung zu bekommen.
Knochenabbau beginnt früh
Eine Früherkennung eines Risikos ist deshalb so wichtig, um rechtzeitig gegensteuern zu können. Umso früher die Krankheit erkannt wird, desto erfolgreicher kann der Knochenabbau gebremst werden. Der Mensch baut bis zum 30. Lebensjahr Knochen auf, danach verliert der Knochen jährlich ein bis zwei Prozent des Kalziumsgehalts. Es erfolgt demnach ein permanenter, leichter Knochenschwund. „Wenn ein junger Mensch ständig zu wenig Vitamin D und Kalzium bekommt, hat er mit 50 Jahren bereits ein deutliches Defizit und mit 80 hat er dann eine deutlich zu geringe Knochenmasse“, weiß Kainberger.
Vorbeugung
Osteoporoseprävention verlangt ein gewisses Maß an Eigenverantwortlichkeit. Ein gesunder Lebensstil ist die beste Vorbeugung. Dr. Kainberger: „Gegen Knochenschwund kann man etwas tun, das ebenso simpel wie effektiv ist. Man muss Kalzium durch Ernährung und Vitamin D durch Sonnenlicht zuführen.“
Kalziumreiche Ernährung, Sonnenlicht und viel Bewegung sind die einfachsten und natürlichsten Vorbeugemaßnahmen. „Man kann nicht früh genug beginnen, auf die Knochen zu achten. Auch für Kinder ist es wichtig, viel Bewegung an der frischen Luft zu machen. Auch Schulmilch wäre sehr wichtig“, sagt Kainberger.
Vitamin D und Kalzium
Vitamin D wird im Körper mit Hilfe des Sonnenlichts gebildet. „Heute herrscht vor allem in den Städten ein großer Mangel an Vitamin D, weil viele Menschen vor allem in der kalten Jahreszeit zu wenig in der Sonne sind. Viele sitzen bei künstlichem Licht Tag für Tag im Büro und bekommen oft wochenlang nur wenig Sonnenlicht.“ Kainberger rät daher zu regelmäßigem Aufenthalt im Freien.
Starke Knochen benötigen Kalzium. Starker Konsum von Alkohol und colahaltigen Getränken führt zu einer vermehrten Ausscheidung von Kalzium und trägt damit zum Knochenabbau bei. Kalzium ist vor allem in Milch und Milchprodukten enthalten. Der Expertentipp: Man sollte pro Tag wenigstens ¼ bis ½ Liter Milch am Tag trinken oder Milchprodukte konsumieren.
Bewegung wirkt
Bewegung ist enorm wichtig für den Knochenstoffwechsel. Sie beeinflusst diesen indirekt auf dreifache Weise:
- Sie wirkt als Sturzprophylaxe. Sportler bewegen sich sicherer und stürzen im Alltag seltener
- Kräftige Muskeln verursachen Zugwirkung am Knochen. Dadurch baut der Knochen mehr Kalzium ein und wird gekräftigt
- Sport im Freien produziert Vitamin D.
Dr. Thomas Hartl
Juli 2012
Foto: Bilderbox