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Nierenleiden und Bluthochdruck

Nierenleiden und BluthochdruckNierengesundheit und Bluthochdruck bedingen sich gegenseitig: Einerseits ist Bluthochdruck die häufigste Ursache für Nierenversagen, andererseits kann eine Nierenerkrankung die Ursache für Bluthochdruck sein.

Etwa jeder zehnte Österreicher lebt mit eingeschränkter Nierenfunktion. Das bedeutet, die Ausscheidungsfunktion der Niere ist reduziert oder die Nierenfilter sind beschädigt und in ihrer Funktion gestört. Im Spätstadium einer Nierenerkrankung, wenn die Organfunktion unter zehn Prozent liegt, sind die Patienten auf eine Transplantation oder auf die Dialyse („Blutwäsche” oder „Bauchfelldialyse“) angewiesen. Derzeit werden in Österreich mehr als 4.000 Patienten dialysiert, mehr als 4.000 Personen leben mit einer transplantierten Niere. Bei 40 Prozent der über 70-Jährigen liegt eine chronische Unterfunktion der Nieren vor.

Noch drastischer sind die Zahlen bei Bluthochdruck. „38 Prozent, also mehr als jeder dritte Österreicher hat Bluthochdruck. Bei den über 60-Jährigen sind es über 60 Prozent. Nur etwa die Hälfte der Betroffenen weiß von ihrem Bluthochdruck und davon wiederum wird nur die Hälfte ärztlich behandelt. Von diesen wiederum werden viele nicht ausreichend therapiert. Das führt dazu, dass nur ein kleiner Teil der Hypertoniker ausreichend behandelt wird“, sagt Univ. Prof. Dr. Bruno Watschinger, Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Hypertensiologie.

Durch unzureichende Behandlung von Bluthochdruck steigt die Gefahr von Herzinfarkt, Schlaganfall, Herzschwäche und Nierenkrankheiten. „Schafft man es, den Blutdruck unter 140/90 zu senken, wird das Risiko für die oft tödlichen Folgeerkrankungen dramatisch gesenkt“, sagt Prof. Watschinger.

Nierengesundheit und Bluthochdruck im Verbund

Die Gesundheit von Nieren und die Höhe des Blutdrucks stehen in wechselseitiger Beziehung. Die Niere ist nicht nur Entgiftungsorgan (Reinigung von Stoffwechsel-Abfall-Produkten), sie regelt unter anderem auch die Höhe des Blutdrucks. Gefäßveränderungen in den Nieren sind oft die Ursache für Bluthochdruck und Bluthochdruck kann auch zu Gefäßveränderungen in den Nieren führen. Hoher Blutdruck ist vor allem für die kleinsten Äderchen in den Nieren, die einen Teil des Filtersystems darstellen, schädlich.

Bluthochdruck ist der häufigste Grund für ein chronisches Nierenversagen, andererseits kann eine Nierenerkrankung die Ursache für Bluthochdruck sein. Fast alle Erkrankungen der Nieren sind von erhöhtem Blutdruck begleitet.

Problem erkennen

Im Gegensatz zur Niere sei die Problematik von Bluthochdruck in der Bevölkerung zwar gut bekannt, werde aber gerne verdrängt. „Man muss das Problem der Nierenerkrankung ernster nehmen, als das bisher geschehen ist. Man muss sich der Gefahren für kardiovaskuläre Erkrankungen bewusst sein“, mahnt Prof. Watschinger. Denn: „Ein bisserl zu hohen Blutdruck gibt es nicht. Die Gefahr für einen Herzinfarkt, Schlaganfall und vor allem auch für die Niere wird massiv unterschätzt.“ Es sei zwar richtig, dass ein geringfügig erhöhter Blutdruck nicht nur in der Bevölkerung, sondern auch von manchen Ärzten bagatellisiert werde, dennoch ändere dies nichts an Tatsachen.

Das Pochen auf einen Wert unter 140/90 mmHg sei keine Panikmache. Eine gute Blutdruckeinstellung sei wichtig und nötig, sie sei ein aktiver Nierenschutz. „Eine effektive Blutdrucksenkung ist die entscheidende Vorraussetzung für die Verlangsamung des Krankheitsprozesses und kann die Dialyse weit hinausschieben oder gar verhindern“, so der Nephrologe. Bei Nierenpatienten, bei denen eine erhöhte Eiweißausscheidung im Harn vorliegt, sei ein Wert von 130/80 mmHg anzustreben.

Hohe Kosten durch Früherkennung reduzieren

Bluthochdruck und Nierenleiden verursachen enorme Kosten für das Gesundheitssystem. Durch die fortschreitende Zunahme an Lebensjahren in der Bevölkerung steigen auch die Anzahl der Erkrankten und damit die Kosten. Eine Früherkennung der beiden Krankheiten kann dem entgegen wirken, da die Krankheitsfolgen bei frühzeitiger Behandlung in vielen Fällen vermindert werden können.

Früherkennung

„Bluthochdruck kann jeden betreffen. Jeder sollte also seinen Blutdruck kennen“, betont Prof. Watschinger. Dazu bedarf es einer regelmäßigen Kontrolle. Mindestens einmal im Jahr sollte man sich den Blutdruck selbst messen und zwar mehrmals hintereinander. „Da der Blutdruck sehr schwanken kann, zeigen erst mehrere Beobachtungen den wahren Bereich in dem sich der Blutdruck befindet. „Wenn man den Blutdruck dreißig Mal selbst misst und die Werte sind sieben Mal höher als 135/85, dann braucht es eine ärztliche Behandlung“, so der Nephrologe.

Bevor eine medikamentöse Behandlung einsetzt, sollte der Patient mit Lebensstilmaßnahmen wie Rauchverzicht, gesunde Ernährung und regelmäßige Bewegung versuchen, seinen Blutdruck zu senken. „Sollte dieser dadurch nicht unter 140/90 sinken, sollte man unbedingt auch medikamentös behandeln“, empfiehlt Watschinger.

Weder Bluthochdruck noch eine Nierenerkrankung verursachen Schmerzen oder sind durch andere Symptome zu erkennen. „Genau hier liegt das Problem. Beide können sich gegenseitig bedingen und liegen oft auch gleichzeitig vor, aber beide werden häufig nicht wahrgenommen. Man denkt einfach nicht an die Möglichkeit dieser Erkrankungen“, so der Nephrologe

Je früher man eine Nierenerkrankung erkennt, desto besser kann man die Nierenfunktion erhalten und den Patienten vor einer Dialyse bewahren. „Die Vermeidung einer Dialyse ist das vorrangige Ziel“, so Watschinger.

Vom Hausarzt zum Nierenexperten

Findet der Hausarzt Anzeichen einer Nierenerkrankung oder stellt sich der Blutdruck als zu hoch heraus und lässt er sich durch einen gesunden Lebensstil und Medikaments nicht unter 140/90 senken, sollte eine Überweisung zu einem Experten für Nieren- und Hochdruckerkrankungen (Nephrologen) erfolgen. „Viele finden den Weg zum Experten leider erst sehr spät und der Nierenfunktionsverlust ist dann oft schon weit fortgeschritten“, bedauert Watschinger.

Personen mit Bluthochdruck und Diabetiker sollten jährlich einen Nierenfunktionstest machen lassen. Die Untersuchung der Funktionsfähigkeit der Nieren erfolgt mit Hilfe eines einfachen Blut- und Urintests. Denn Blutbild (Bestimmung des Nierenwertes Kreatinin bzw. der daraus errechneten golmerulären Filtrationsrate) und Harn (z.B. übermäßige Eiweißausscheidung oder Nachweis von Erytrhozyten) lassen Rückschlüsse auf die Nierenfunktion zu. Mitunter ist zur Diagnose auch eine Ultraschalluntersuchung nötig, nur selten eine Gewebsprobe.

Lebensstil als Nierenschutz

„Da Bluthochdruck die größte Gefahr für die Niere darstellt, ist die Vermeidung zu hohen Blutdrucks auch der beste Nierenschutz“, so Watschinger. Ähnliches gilt für Diabetes. „Bluthochdruck und Diabetes verursachen mehr als 50 Prozent aller Dialysen.“

Ein gesunder Lebensstil trägt zum präventiven Schutz der Nieren bei. Verzicht auf Rauchen, ausgewogene Ernährung, Vermeidung von Übergewicht und regelmäßige Bewegung senkt in der Regel den Blutdruck, beugt häufig Diabetes vor und schützt damit auch die Nieren.

Dr. Thomas Hartl
Dezember 2012

Foto: Bilderbox

Zuletzt aktualisiert am 11. Mai 2020