Strahlende Sonnentage sind gut für’s Gemüt, bringen den Stoffwechsel auf Trab und stärken das Immunsystem. Doch auch beim Sonnenbaden macht’s die Dosis. Ein Zuviel des Guten hat schnell eine lebensgefährliche Schattenseite. Der dramatische Anstieg von Hautkrebserkrankungen ist der Preis für den unvernünftigen Umgang mit der Sonne.
Hautkrebs ist die bei weitem häufigste Krebsart. Rund 80 Prozent aller Hautkrebsfälle werden als Basaliom diagnostiziert. Diese knotige Geschwulst mit glatter Oberfläche bildet nur selten Metastasen und gilt deshalb als so genannter semimaligner Tumor. Das aggressivere Plattenepithelkarzinom macht zehn Prozent der Hautkrebsfälle aus, ist hautfarben mit rauer Oberfläche und bildet Tochtergeschwülste. Am gefürchtetsten jedoch ist das Melanom. Es wächst rasant in tiefe Gewebsschichten und schleust schon im frühen Krankheitsstadium Metastasen in den Organismus. Drastisch ist der Anstieg der Neuerkrankungen. Alle zehn Jahre verdoppelt sich die Zahl der Melanom-Fälle. Sämtliche Hauttumoren werden vor allem durch eine übermäßige Sonnenbelastung der Haut provoziert.
Zeitzünder UVA und UVB
Die energiereichen UVB-Strahlen erzeugen den Sonnenbrand. Die UVA-Strahlen dringen sogar in noch tiefere Hautschichten ein und verursachen dauernde Schäden an Zellstruktur und Erbinformation. Macht sich der Sonnenbrand erst einmal bemerkbar, ist das Malheur im Hautgewebe schon längst passiert. Zu starke Sonneneinwirkung hindert die körpereigenen Reparaturenzyme am Abbau schadhafter DNS-Bestandteile. Wenn der genetische Fehler auf gesunde Zellen übertragen wird, gerät das Zellwachstum außer Kontrolle. Von der ersten Schädigung bis zum Melanom können Jahrzehnte vergehen. Der Keim für die Melanomentwicklung wird jedoch oft schon sehr früh gelegt, nämlich mit jedem in Kindheit und Jugend erlittenen Sonnenbrand. Personen mit ungewöhnlich vielen Muttermalen beziehungsweise Melanomerkrankungen in der Familie tragen ein zusätzlich erhöhtes Melanom-Risiko. Bestimmte Medikamente wie zum Beispiel Antibiotika, Herzmittel oder Pilzmittel verstärken die Lichtempfindlichkeit der Haut. Wiese, Sand und Wasseroberflächen reflektieren bis zu 85 Prozent der UV-Strahlen. Regungsloses Liegen in der Sonne leistet nicht nur dem Hitzeschlag, sondern auch dem Sonnenbrand Vorschub. Selbst bei bedecktem Himmel ist man übrigens vor Sonnenbrand nicht gefeit. Und beim Sport, sei es Radeln, Tennis oder Laufen, wird die drohende Sonnenbrandgefahr völlig unterschätzt. Nicht zufällig erkranken bereits überdurchschnittlich viele Marathonläufer an einem Melanom.
Vom Scheitel bis zur Sohle
Die regelmäßige Selbstuntersuchung der gesamten Hautoberfläche mittels Ganzkörperspiegel und Handspiegel ist eine wesentliche Maßnahme zur Melanom-Früherkennung. Kopfhaut, Ohrläppchen, Handinnenflächen und sogar der Bereich unter den Fingernägeln sollten sorgfältig inspiziert werden. Mindestens einmal pro Jahr ist eine Begutachtung durch den Hautarzt ratsam. Die spezielle Optik der Auflichtmikroskopie lässt erste Schlüsse auf die Eigenschaft der Hautveränderungen zu. Bei melanomverdächtigem Befund muss ohne weiteren Zeitverlust radikal operiert werden. Eine Melanomdicke von weniger als einem Millimeter bietet eine mindestens neunzigprozentige Heilungschance. Bei einem Tiefenwachstum von 1,5 mm ist die Prognose bereits weit weniger günstig. Vorbeugen ist jedenfalls besser als Heilen.
Lieber lichtscheu als krank
Gute Sonnenbrillen verfügen über einen wirkungsvollen UV-Schutz und sind groß genug, um auch seitlich einfallendes Licht abzuschirmen. Sonnenschutzmittel mit entsprechendem Lichtschutzfaktor werden mindestens eine halbe Stunde vor dem Freiluftaufenthalt aufgetragen. Frisch eincremen nach dem Schwimmen ist auch bei wasserfesten Sonnenschutzmitteln wichtig. Extrem empfindliche Stellen wie etwa Nase und Fußrücken brauchen einen höheren Lichtschutzfaktor. Pralle Sonne ist aber sowieso tabu, erst recht für Kleinkinder.
Die HHH-Regel
Sie steht für Hut, Hemd und Hose, denn die richtige Kleidung ist ebenfalls ein unentbehrlicher Sonnenschutzfaktor für Groß und Klein. Sie soll aus sonnendichtem, hellem Material und möglichst bequem geschnitten sein. Schuhe sollten den Fußrücken schützen, Sandalen sind dazu ungeeignet. Und wem seine Haut kostbarer ist als scheinbar coole Bräune, der hält seine Siesta gemäß dem Leitspruch der Australier: between eleven and three under the tree – auf deutsch: Zwischen 11 und 15 Uhr bleibt man besser unterm Baum oder Sonnenschirm – damit das Melanom kein Leiberl hat.
ABC der typischen Melanom-Warnzeichen
A wie Asymmetrie = krankhaft einseitiger Wuchs im Gegensatz zum gleichmäßig runden, harmlosen Muttermal.
B wie Begrenzung = unregelmäßiger, zackiger Übergang statt klarer Abgrenzung zur gesunden Haut.
C wie Colorit = die meisten Melanome sind pigmentiert. Die uneinheitliche Färbung reicht von hell- bis dunkelbraun, rötlich, schwarz und sogar grau.
D wie Durchmesser = gutartige Muttermale bleiben über viele Jahre gleich groß, Melanome nehmen stets an Größe zu.
Bei Juckreiz, Nässen, Entzündung und Blutung ist ein sofortiger Hautarztbesuch dringend notwendig.
Klaus Stecher
April 2014
Foto: Bilderbox, illumed.com, privat
Kommentar
„Beim geringsten Krebsverdacht muss die Hautveränderung radikal chirurgisch entfernt werden. Die verbreitete laienhafte Meinung, ein Muttermal solle man am besten gar nicht anrühren, ist falsch. Ein gutartiges Muttermal kann niemals durch Herausschneiden entarten.
Univ. - Prof. Dr. Hubert Pehamberger
Universitätsklinik für Dermatologie, Wien