Der Ausdruck „Hart wie ein Knochen“ ist leider nicht immer zutreffend. Es gibt eine Erkrankung, bei der die Festigkeit und Qualität des Knochengewebes abnimmt – die Osteoporose.
Ständiger Knochenumbau
Das Skelett des Menschen besteht aus etwa 206 Knochen – sie geben unserem Körper die notwendige Stabilität und sind ein Schutz für die Organe. Knochengewebe ist – so wie jedes andere Gewebe in unserem Körper – lebendig und ständig Umbau und Erneuerung unterworfen. Dabei gibt es Zellen, die den Knochen abbauen und solche, die ihn wieder aufbauen. Von der Geburt bis etwa zum 20. Lebensjahr überwiegt der Knochenaufbau. Ab dem 40. Lebensjahr kommt es zu einem geringen aber stetigen Verlust von Knochenmasse. Im Falle der Osteoporose geht der Knochenabbau jedoch über das normale Maß hinaus.
Osteoporose ist eine Volkskrankheit
Osteoporose zählt zu den zehn häufigsten Erkrankungen in der westlichen Welt. In Österreich sind 500 bis 600.000 Patienten betroffen, wobei Frauen dreimal so häufig erkranken wie Männer. Die Wahrscheinlichkeit einmal im Leben einen osteoporosebedingten Knochenbruch zu erleiden, liegt für Männer bei 15 bis 30 Prozent und für Frauen sogar bei 30 bis 50 Prozent.
Typische Symptome erst spät
Die Osteoporose an sich ist nicht schmerzhaft. Der Verlust an Knochendichte wird von den Patienten nicht bemerkt, die Schmerzen treten erst dann auf, wenn ein Knochen bricht. Danach sind die Folgen jedoch oft dramatisch: lange Krankenhausaufenthalte, eingeschränkte Selbstständigkeit bei den Tätigkeiten des Alltags, soziale Isolierung und eventuell sogar ein vorzeitiger Tod.
Im Frühstadium gibt es kein typisches Beschwerdebild: Gelegentlich können chronische Rückenschmerzen und Muskelverspannungen auftreten. Kommt es schließlich zu Einbrüchen der Wirbelkörper, können schon bei geringer Belastung – wie zum Beispiel das Heben einer Einkaufstasche – akute Schmerzattacken auftreten.
Im Spätstadium der Erkrankung entwickelt sich ein Rundrücken, die Körpergröße nimmt um mehrere Zentimeter ab und am Rücken bilden sich vermehrt Hautfalten. Im höheren Alter wird die Osteoporose nicht selten deshalb diagnostiziert, weil bereits bei geringen körperlichen Fehlbelastungen oder Bagatelltraumen Knochenbrüche aufgetreten sind.
Diagnose rechtzeitig stellen
Umso wichtiger ist es, die Erkrankung frühzeitig zu erkennen. An erster Stelle steht ein umfassendes Informationsgespräch mit dem Arzt, um das individuelle Risiko einen Knochenbruch zu erleiden, einschätzen zu können.
Zu den wichtigsten Risikofaktoren zählen jahre- oder jahrzehntelange geringe körperliche Aktivität, sehr niedriges Körpergewicht, Rauchen und übermäßiger Alkoholkonsum sowie eine kalziumarme oder phosphatreiche Ernährung. Besonders wichtig ist auch das Erkennen einer erblichen Veranlagung. Die dauernde Einnahme bestimmter Medikamente wie zum Beispiel Cortison oder Blutgerinnungshemmer sowie der Östrogenmangel (bei früh einsetzendem Wechsel oder operativer Entfernung der Eierstöcke) können die Entstehung der Osteoporose ebenfalls begünstigen. Osteoporose kann aber auch die Folge einer anderen Erkrankung sein, wie zum Beispiel von Essstörungen, Tumor-, chronische Darm-, Leber-, Nieren- oder Schilddrüsenerkrankungen.
Knochendichtemessung
Die wichtigste Untersuchungsmethode ist die so genannte DXA-Messung (Dual-X-Ray-Absorptiometrie) der Wirbelsäule und des oberen Teils des Oberschenkenkelknochens. Die gemessene Knochendichte wird als T-Wert angegeben. Man vergleicht dabei das Ergebnis mit der Knochendichte von jungen gesunden Erwachsenen. Je größer die Abweichung, desto fortgeschrittener ist der Knochenabbau. Die Knochendichtebestimmung ist auch mittels einer speziellen Computertomographie möglich. Da jedoch sowohl Strahlenbelastung als auch Kosten höher sind, wird dieses Verfahren nur bei bestimmten Fragestellungen verwendet.
Herkömmliche Röntgenaufnahmen sind ebenfalls ein wichtiger Bestandteil der Untersuchung. Sie eignen sich zwar nicht zur Früherkennung einer Osteoporose, sind jedoch wichtig um Wirbelkörpereinbrüche zu erfassen. Dabei ist vor allem der Vergleich mit früheren Röntgenaufnahmen aufschlussreich, um Vorstufen der Wirbelkörperbrüche, den Therapieerfolg oder ein eventuelles Fortschreiten der Erkrankung zu beurteilen.
Eine einmalige Messung der Knochendichte sollte bei Frauen ab dem 65. und bei Männern ab dem 70. Lebensjahr durchgeführt werden. Liegen Risikofaktoren vor, sollte die Untersuchung entsprechend früher gemacht werden.
Nicht nur Medikamente
Die nicht-medikamentöse Therapie steht im Vordergrund, wie zum Beispiel körperliches Training mit Kräftigung der Bein-, Arm-, Rücken- und Bauchmuskulatur. Durch die Muskelbewegungen wird das Knochengewebe aktiviert und vermehrt Knochenmasse aufgebaut.
Sehr wichtig ist auch eine effektive Sturzprophylaxe: Übungen zur Steigerung von Koordination und Reaktionsfähigkeit helfen Stürze zu vermeiden und senken somit das Risiko für Knochenbrüche.
Die Basis jeder medikamentösen Behandlung ist eine gesteigerte Calcium- und Vitamin D-Zufuhr. Bei bekannter Osteoporose sind Biphosphonate in den meisten Fällen die vorrangig eingesetzten Medikamente. Sie hemmen jene Zellen, die den Knochen abbauen. Dabei gibt es schon Präparate, die nur mehr einmal pro Woche eingenommen werden müssen. Wichtig ist vor allem die konsequente Behandlung über mehrere Jahre.
Vorbeugen ist besser als therapieren
Eine gesunde Ernährung mit ausreichender Calciumzufuhr und regelmäßige körperliche Aktivität helfen gesunde und kräftige Knochen aufzubauen und zu erhalten. Studien haben gezeigt, dass die Bewegung einer der wichtigsten Faktoren für die Knochenbildung und Festigkeit ist.„Ein wichtiger Bestandteil zur Vorbeugung von Osteoporose ist ausreichende Bewegung. Ideal für die Knochenbildung sind Sportarten wie etwa Krafttraining, Turnen und dynamische Sportarten. Dabei zählt, die Bewegung häufig auszuführen, also wenigstens zwei bis drei mal pro Woche und jeweils mindestens 30 Minuten“, sagt Prim. Univ. Prof. Dr. Christian Pirich, Leiter der Nuklearmedizin und Endokrinologie der Paracelsus Medizinischen Privatuniversität Salzburg.
Zur Vorbeugung von Osteoporose ist eine ausgewogene Ernährung für die Aufnahme von Calcium besser geeignet als Ergänzungsprodukte. Damit unser Körper das Calcium verwerten kann, benötigt er Vitamin D. Das wird einerseits mit der Nahrung aufgenommen, aber bei Sonneneinstrahlung auf die Haut auch vom Körper selbst gebildet. Der tägliche Calciumbedarf eines Erwachsenen beträgt ungefähr 1.200 mg. Besonders calciumreiche Nahrungsmittel sind Milchprodukte, grünes Gemüse aber auch Mineralwasser.
Dr. Ulli Stegbuchner
September 2007
Foto: Bilderbox