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Fußfehlstellung: Es steht schlecht

Es steht schlechtFußfehlstellungen und orthopädische Krankheiten sind häufig. Der Fuß (lateinisch: pes) besteht aus 26 Knochen, 31 Gelenken, 29 Muskeln, 50 Bändern und Hunderten von Blutgefäßen und Nerven. Zehen, Ballen, Sohle, Ferse, Fußrücken und Rist bilden die Fußarchitektur. Die komplexe Konstruktion garantiert Stabilität, Beweglichkeit, Spannkraft und Empfindungsvermögen. Erworbene oder angeborene Fußfehlstellungen können diese Funktionen schwer stören – tatsächlich ist der „Bilderbuchfuß“ eine Rarität


Ungünstiges Schuhwerk, Übergewicht, berufliche oder sportliche Überlastung sind nicht allein für Fußfehlstellungen verantwortlich. Bei genetischer Neigung sind sie aber ein begünstigender Faktor.

Spreizfuß, Senkfuß

Ein gesunder Fuß hat nur an wenigen Punkten Bodenkontakt. Die Ferse trägt etwa ein Drittel des Körpergewichts, auf dem Ballen ruhen rund 40 Prozent, der Fußaußenrand übernimmt rund 15 Prozent, den Rest tragen die Zehen. Dazwischen spannt sich das Längs- und das Quergewölbe. Der Spreizfuß ist Folge eines abgesackten Quergewölbes, beim Senkfuß ist das Längsgewölbe abgeflacht. Beide Fehlformen treten meist gemeinsam auf. Im Laufe des Lebens erwirbt fast jeder Mensch eine solche Fehlstellung mehr oder weniger ausgeprägt. Bei völligem Absinken beider Fußgewölbe spricht man vom Plattfuß. Der degenerativ-entzündliche Plattfuß kann auch durch Verletzungen, Rheuma, Arthroseprozesse oder neuromuskuläre Erkrankungen entstehen.


Hallux valgus

Als Frostballen ist der Hallux valgus im Volksmund gefürchtet. Eine im Laufe des Lebens auftretende Bindegewebsschwäche, die auch hormonell bedingt sein kann, dürfte schuld daran sein, dass Frauen im höheren Alter viel häufiger betroffen sind als Männer. Ursache ist ein Spreiz-Senkfuß. Die große Zehe drängt nach außen, das Köpfchen des Mittelfußknochens tritt vor und entzündet sich unter heftigen Schmerzen. Der zunehmende Platzmangel für die übrigen Zehen führt auch zur Bildung einer Hammeroder Krallenzehenstellung. Die Hammerzehe ist hochgradig gekrümmt und angewinkelt. An der Zehenkuppe oder auch am Mittelgelenk entstehen durch Reibung quälende Hühneraugen. Hammerzehen müssen oft operiert werden, indem beispielsweise ein Teil des Mittelgelenks entfernt wird. In der Anfangsphase wird durch kleine Zügelbandagen eine Ausrichtung der Zehe versucht. Bei der klassischen Hallux-valgus-Operation wird das Mittelfußköpfchen wieder in seine ursprüngliche Lage gerückt und der erste Zehenstrahl begradigt. Bei sämtlichen Fußfehlstellungen, ob angeboren oder erworben, stehen aber heilgymnastische Methoden zur Kräftigung der Fußmuskulatur im Vordergrund – neben physikalischen Techniken wie etwa Elektrotherapien, einer perfekten Einlagenversorgung und, wenn nötig, orthopädischen Spezialschuhen. Eine Operation ist erst dann sinnvoll, wenn alle konservativen Maßnahmen ausgeschöpft sind, betont Primarius Dr. Josef Hochreiter, der Leiter der Orthopädie am Krankenhaus der Barmherzigen Schwestern in Linz.


Knöcherner Dorn

Beim sogenannten Fersensporn drückt eine Senkung des Längsgewölbes auf die Sehnenplatte der Fußsohle. Am Sehnenansatz des Fersenbeins entstehen Entzündungen bis zur Ausbildung eines knöchernen Dorns – des Fersensporns. Absatzerhöhung zur Minderung der Sehnenspannung, Entzündungshemmer und die Stoßwellentherapie zählen zu den gängigsten Therapiemaßnahmen. Der kindliche Plattfuß hingegen, bei dem das Sprungbein nach vorne innen abrutscht, ist keine degenerative Entwicklung, sondern angeboren. Viele Fußdeformitäten sind in die Wiege gelegt. Beim Knick- oder Knicksenkfuß, den fast jedes Kind hat, besteht ein Nach-innen-Knicken des oberen Sprunggelenks mit Absenkung des innenseitigen Längsgewölbes.


Ursache ist die noch nicht ausreichend kräftige Muskulatur. Eine ausgeprägte, behandlungsbedürftige Pes-planus-valgus-Stellung kann mit Einlagen korrigiert werden. Der Sichelfuß, bei dem Mittelfuß und Zehen einwärts gedreht sind, kann angeboren, aber auch erworben sein und ist, wenn er sich nicht von allein zurückbildet, unter anderem mit so genannten redressierenden Verbänden gut behandelbar. Das gilt auch für den Hackenfuß, bei dem der Vorfuß stark aufgerollt ist. Er ist unmittelbar nach der Geburt zu beobachten, bildet sich aber in den ersten Lebensmonaten meist von selbst zurück, weiß Prim. Dr. Josef Hochreiter. Beim Hohlfuß ist das Längsgewölbe extrem gebogen, nur Ferse und Zehen tragen das Gewicht. Die Beweglichkeit des Fußes ist stark eingeschränkt. Beim Spitzfuß, der häufig gemeinsam mit einer neurologischen Erkrankung vorkommt, übt die hintere Fußmuskulatur mehr Zug aus als die vordere, der Vorfuß wird abgesenkt. Diese Spitzfußfehlstellungen fixieren sich und müssen häufig chirurgisch beseitigt werden. Der Klumpfuß als bedeutendste angeborene Fußfehlform besteht aus mehreren Faktoren wie Spitzfuß, Knickfuß sowie einer Abwinkelung des Vorfußes nach innen. Die Behandlung erfolgt in einfachen Fällen durch redressierende Verbände, in schweren Fällen muss operiert werden.

Klaus Stecher
Jänner 2008

Kommentar

Fußfehlstellung: Es steht schlecht„Fußfehlstellungen ziehen den gesamten Bewegungsapparat in Mitleidenschaft. Sie müssen frühzeitig diagnostiziert und behandelt werden, bevor sie fixiert und schwer korrigierbar sind. Jeder Schmerz im Bewegungsapparat ist Grund für einen Besuch beim Orthopäden. Viele Patienten kommen viel zu spät.“
Prim. Dr. Josef Hochreiter
Leiter der Abteilung für Orthopädie, KH Barmherzige Schwestern, Linz


Bilder: Bilderbox; privat

Zuletzt aktualisiert am 13. November 2020