Unsere vielseitige Körperhülle ist eine unnachahmliche Erfindung. Die Haut schützt die Körperoberfläche vor schädlichen Umwelteinflüssen und vermittelt Sinneseindrücke. Mit rund zwei Quadratmeter Oberfläche und bis zu zwanzig Kilo Gewicht ist sie das größte Organ des Menschen.
Ohne Haut können wir nicht leben. Bakterien, Viren und Pilze würden ungehindert unseren Organismus überfallen. Hitze, Kälte, Stößen, Reibung, Licht und Chemikalien wären wir hilflos ausgeliefert. Die Natur hat uns deshalb mit einem dreifachen Schutzschild aus Oberhaut, Lederhaut und Unterhaut ausgerüstet und somit mit nicht weniger als 110 Milliarden Hautzellen. Die Oberhaut (Epidermis) besteht aus fünf Schichten, deren unterste, die Basal- oder Keimschicht, ständig neue Zellen produziert, die in einem ständigen Strom in Richtung Hautoberfläche wandern. Im Laufe von drei bis vier Wochen durchlaufen sie dabei mehrere Entwicklungsstadien. Aus den sogenannten Basalzellen entstehen zunächst Stachelzellen, aus diesen die Körnerzellen und schließlich die Hornzellen. Alle zusammen gehören zu den Keratinozyten. Die Hornzellen bilden ein festes, undurchlässiges Häutchen, das ähnlich einer Plastikfolie die Oberfläche nach außen abdichtet. Von den 100 Millionen Hornzellen, die diese Schicht aufbauen, werden täglich 10 Millionen abgestoßen, nachdem sich die Klebesubstanz zwischen diesen aufgelöst hat. Diese normale Abschuppung ist ein natürlicher Selbstreinigungs- und Erneuerungsvorgang der Haut. Ein Mix aus mehreren Fettkomponenten wie Cholesterin, Ceramiden und Fettsäuren füllt die Zwischenräume zwischen den einzelnen Hornzellen aus. Diese klebstoffartige Fettsubstanz hält die Zellen zusammen, bildet eine Hautbarriere gegen Mikroorganismen und Fremdstoffe und schützt vor Wasser- und Elektrolytverlust. Ohne diese Fettversiegelung würden wir stündlich bis zu einen Liter Wasser über die Haut verlieren. Die Oberhaut enthält außerdem noch Pigmentzellen (Melanozyten) zur Bildung des Hautfarbstoffs Melanin, Sinneszellen wie etwa die Merkelzellen für den Tastsinn und die Langerhans-Zellen zur Immunabwehr.
Reißfest bis 90 kg/cm2
Die Haut weist eine erstaunliche Reißfestigkeit auf – bis zu 90 kg pro cm2. Die Oberhaut ist 0,1 bis 4 mm dick. An den Augenlidern ist sie nur papierdünn, ziemlich dünn auch an der Stirn, jedoch deutlich dicker am Rücken. Besonders robust ist sie an Handflächen und Fußsohlen, um der mechanischen Belastung zu widerstehen. Die Lederhaut (Dermis) ist ein bis fünf Millimeter dick und das Fundament für die Oberhaut. In ihr sind Blutgefäße sowie die so genannten Hautanhangsgebilde, wie Talg-, Schweiß- und Duftdrüsen, Haar- und Nagelanlagen sowie Nerven und Hautsinnesorgane eingebettet. Ein dicht verfilztes Bindegewebsgeflecht aus Kollagenfasern und elastischen Fasern bildet die Verankerung zur Oberhaut und garantiert Reißfestigkeit und Dehnbarkeit. Sinnvollerweise ist die Haut an bestimmten Körperstellen besonders stark dehnbar, wie z.B. in Gelenknähe. Eine Überdehnung der Kollagenfasern kann jedoch bleibende und sichtbare Folgen haben, wie z.B. die Schwangerschaftsstreifen (Striae). Die Papillarschicht aus lockerem Bindegewebe im oberen Bereich der Lederhaut verbessert durch ihre zapfenförmigen Ausstülpungen (Papillen) die Ernährung der darüber liegenden gefäßlosen Oberhaut. Lebenswichtiges Wasser- und Elektrolytdepot der Haut ist die so genannte Grundsubstanz. Aus dem Blut stammendes Wasser wird durch sie im Bindegewebe gespeichert.
Selbstreperatur
Die Haut verfügt über komplizierte Reparaturmechanismen gegen mechanische, biologische oder chemische Einflüsse, denen sie ständig ausgesetzt ist. Die Unterhaut (Subcutis) aus lockerem Bindegewebe und Fettgewebe ist mit Knochenhaut und Muskulatur verschiebbar verbunden. Das Fettgewebe ist Stoßdämpfer, Kälteschutz und Energiespeicher für aus der Nahrung aufgenommene Kohlenhydrate, die in Form von Fett eingelagert werden. Bei einem normalgewichtigen Menschen betragen diese Fettpolster 10 Prozent des Körpergewichts – ein Energievorrat für 40 Tage. Geschlecht, Vererbung, Hormone, Alter, Körperregion und Ernährung bestimmen die Ausbildung des Fettgewebes. Bindegewebe aus Kollagenfaserbündeln unterteilt das Fettgewebe kissenförmig. In der Unterhaut verlaufen auch große Blut- und Lymphgefäße und Nervenbahnen.
240 km feinste Blutgefäße
Von den 1.440 km Blutgefäßen im gesamten Organismus verlaufen allein in der Haut 240 km als sogenannte Kapillaren, das sind feinste, hauchdünne Blutgefäße. Zwei untereinander verbundene Blutgefäßsysteme, ein tiefes und ein oberflächlich angelegtes, versorgen die Haut. Für die Gewebsfunktion ist der dauernde Austausch von Stoffwechselprodukten, Nährstoffen und regulierenden Substanzen durch die halbdurchlässigen Kapillarwände notwendig. Im Gegenzug werden Kohlendioxid und Stoffwechselprodukte herausgefiltert und über die Venen abtransportiert. 160 Liter Blut durchpumpen täglich die Haut, einen Liter kann sie in ihrem Gewebe speichern. Die feinen Lymphgefäße der Haut leiten pro Tag ca. zwei Liter Gewebsflüssigkeit ab und spielen als Teil des Lymphsystems auch bei der Immunabwehr eine Rolle.
Wärmehaushalt
Das Blutgefäßsystem unterstützt die Blutdruckregulation und den Wärmehaushalt, der ein kompliziertes Zusammenspiel von Haut, Hirn, Blutkreislauf und Schweißdrüsen ist. Gerötete Haut ist ein Hinweis darauf, dass durch verstärkte Durchblutung mehr Wärme nach außen geleitet und dadurch einer Überwärmung gegengesteuert wird. Drei Viertel der überschüssigen Körperwärme werden über das Blutgefäßsystem der Haut nach außen abgegeben. Den Rest der Temperaturregelung erledigt die Wasserverdunstung bei der Schweißproduktion. Der Gasaustausch über die Hautatmung ist sehr gering und betrifft nur zwei Prozent des Sauerstoff- und Kohlendioxidverbrauchs im Stoffwechsel.
Schweißdrüsen fast überall
Die rund vier Millimeter dicken, knäuelartigen Schweißdrüsenendstücke sind an der Grenze zwischen Leder- und Unterhaut eingebaut. Der Ausführungsgang verläuft bis in die Oberhaut. Schweißdrüsen sind mit Ausnahme vom Lippenrot und der Peniseichel in der gesamten Haut zu finden. Auf Stirn, Handtellern und Fußsohle sind rund 400 pro Quadratzentimeter angesiedelt. Insgesamt sind rund zwei Millionen Schweißdrüsen über die gesamte Haut verteilt. Schweiß ist ein Filtrat des Blutes und besteht zu 99 Prozent aus Wasser. Der pH-Wert, also der Säuregrad des Schweißes, liegt zwischen 4 und 6,8. Über den Schweiß werden auch Natriumchlorid (Kochsalz), Kalium- und Magnesiumchlorid, Aminosäuren, Ammoniak, Harnsäure, Harnstoff, Vitamine, zum Teil auch Medikamente und Nahrungsmittel (z.B. Knoblauch) ausgeschieden. Bei starker Wärmeeinwirkung bzw. Anstrengung beginnt der Schweiß erst im Gesicht zu laufen und breitet sich dann über den gesamten Körper aus.
Stressbedingter Schweiß bricht zuerst an Handflächen und Fußsohlen aus. Auch bei nicht offensichtlichem Schwitzen wird ständig Schweiß produziert — etwa ein halber bis ein Liter pro Tag. In sehr trockener Umgebung wie etwa in klimatisierten Räumen oder Flugzeugkabinen fließen unbemerkt weitaus höhere Schweißmengen. Bei extremer körperlicher Aktivität — wie etwa bei Leistungssportlern — beträgt die Schweißmenge bis zu 18 Liter pro Tag. Bis zu 20.000 Liter Schweiß und bis zu 150 kg Kochsalz — das ist das "Lebenswerk" eines Durchschnittsmenschen.
Wenige aber effektive Duftdrüsen
Duftdrüsen sind ausschließlich in der Unterhaut der Achseln sowie im Brustwarzen-, After- und Schambereich vorhanden. Ihre Ausführungsgänge enden in den Haartrichtern. Ihr Sekret ist bis zur Ausscheidung an der Oberfläche geruchlos, erst dann sorgt die bakterielle Zersetzung für mehr oder weniger angenehmen Körpergeruch. Die Duftdrüsen beginnen in der Pubertät zu arbeiten und sind bei der Frau stark hormonell beeinflusst. Die Talgdrüsen mit einem Durchmesser von ca. einem Millimeter liegen in der Lederhaut. Sie produzieren ständig neue Drüsenzellen, die während der Reifung Glyzerin, Cholesterin und andere Fettbestandteile einlagern. Im Laufe von sieben bis acht Tagen reifen die Drüsenzellen, lösen sich auf und wandeln sich dadurch in den dickflüssigen bis cremigen Talg um. Gesicht, behaarter Kopfbereich, Rücken, After- und Genitalbereich weisen mit 400 bis 900 Talgdrüsen pro Quadratzentimeter die meisten Talgdrüsen auf, anderswo sind es weniger als 20. Gemeinsam mit den Schweißdrüsen bilden sie den Säurefettschutzmantel der Haut und halten diese geschmeidig. Sexualhormone und Nerven steuern ihre Tätigkeit, Wärme steigert und Kälte vermindert die Talgproduktion.
Lebenslange Merkfähigkeit
Die Haut ist der äußerste Wachposten des Immunsystems. Im Gegensatz zur nützlichen Immunreaktion etwa bei der Keimabwehr kann eine heftige Immunreaktion gegen an sich harmlose Stoffe – z.B. Milcheiweiß – Probleme schaffen. Auch bei der Haut kann sich jede Immunantwort – ob erwünscht oder abnormal – in das Gedächtnis des Immunsystems einprägen, manchmal lebenslang. Die Immunreaktion aktiviert Antikörper bzw. spezifische T-Lymphozyten, die gegen den vermeintlichen oder echten Eindringling ausrücken.
Manchmal überempfindlich
Die Vielzahl immunologisch bedingter Überempfindlichkeitsreaktionen wird grob vereinfacht in vier Typen unterteilt, von denen zwei bei der Haut besonders verbreitet sind. Typ 1 wird als Soforttyp oder humorale Allergie bezeichnet und tritt innerhalb von Sekunden bis Minuten auf, manchmal auch erneut nach mehreren Stunden. Auslöser sind z.B. Pollen, Insektenstiche, Nahrungsmittel – wie z.B. Erdnüsse oder Erdbeeren – oder Medikamente. Nesselfieber, Heuschnupfen und Asthma sind die typischen Symptome dieses Allergietyps.
Bei Typ 4, dem Spättyp, treten Reaktionen erst mit einer 12- bis 72-stündigen Verzögerung nach Einwirkung des krank machenden Stoffes auf, nachdem der Betroffene eine Sensibilisierungsphase von mehreren Tagen oder Wochen durchgemacht hat. Kontaktallergien wie z.B. gegen nickelhältigen Modeschmuck und manche Arzneimittelallergien gehören zu dieser Allergieform. Autoimmunkrankheiten, also Krankheiten, bei denen das Immunsystem gegen körpereigene Strukturen mobilisiert, können auch bei der Haut schwere Krankheitsbilder erzeugen.
Die Haut in Zahlen
Gewicht: Fläche: Zellenanzahl: Schweißdrüsen: Kältesinnesorgane (Hand): Wärmesinnesorgane (Gesicht): Tastsinnesorgane (Hand innen): Talgdrüsen: Schmerzpunkte: Nerven: Blutgefäße: Fettschicht-Dicke: | ca. 16 Prozent des Körpergewichts ca. 1,8 m2 3 Millionen pro cm2 100 pro cm2 5 pro cm2 25 pro cm2 25 pro cm2 15 pro cm2 (keine auf Handinnenseite) 50 - 200 pro cm2 4 pro cm2 1 m pro cm2 zwischen 1 und 10 cm |
Hauterkrankung durch Bakterien
Bösartige Tumoren der Haut
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Farbton der Haut
Klaus Stecher
April 2006
Bilder: deSign of Life; privat
Kommentar
"Die Haut besitzt etwa das Zwanzigfache an Blutgefäßen und Durchblutungsvolumen als sie zu ihrer Ernährung brauchen würde. Dieser Gefäßreichtum ist Voraussetzung für die Funktion der Haut als Klimaanlage des Körpers zur inneren Regulation von Kälte und Wärme. Durch vermehrte oder verminderte Durchblutung reagiert die Haut auch sichtbar auf seelische Regungen, z.B. durch Erblassen oder Erröten."
O. Univ.-Prof. Dr. Peter Fritsch
Vorstand der Universitätsklinik für Dermatologie und Venerologie, Innsbruck