Auch wenn Wintersport in Österreich äußerst beliebt ist, birgt er auch so manche Gefahren. Eine davon ist die Unterkühlung – von Medizinern als Hypothermie bezeichnet. Machen sich Symptome wie Teilnahmslosigkeit und Müdigkeit oder ein eingeschränktes Reaktionsvermögen bemerkbar, ist dringender Handlungsbedarf geboten, bestätigen Notfallmediziner Dr. Bernhard Ziegler und Bergführer Dr. Peter Schatzl.
Hypothermie ist eine unterschätzte Gefahr, denn Unterkühlung hat nichts mit ein wenig Frieren gemein. Tatsächlich handelt es sich um eine lebensgefährliche Bedrohung. Eine Unterkühlung kann nicht nur nach Lawinen- oder Ertrinkungsunfällen auftreten, auch simple Unfälle mit Schi oder Rodeln sowie lange Aufenthalte in der Kälte kombiniert mit Erschöpfung oder Alkoholkonsum können die Körpertemperatur auf ein gefährliches Maß sinken lassen.
Weniger als 35 Grad Körpertemperatur
Was ist eine Unterkühlung? „Von einer Unterkühlung spricht man, wenn die Körpertemperatur weniger als 35 Grad Celsius beträgt – normal sind 37 Grad“, sagt Oberarzt Dr. Bernhard Ziegler vom Landeskrankenhaus Salzburg. Häufig ist nicht nur die Kälte alleine für das Auskühlen des Körpers ausschlaggebend, sondern die gefährliche Kombination aus Kälte und Wind. Der staatlich geprüfte Bergführer und Bergretter Dr. Peter Schatzl fügt hinzu: „Wind entfernt die schützende Warmlufthülle um den Körper. Auch Feuchtigkeit, die an der Kleidung und Haut kondensiert, entzieht dem Körper nach dem Kühlungsprinzip zusätzlich Wärme.“ Der Grad der Unterkühlung ist von persönlichen Faktoren wie Alter, Kleidung, Kondition, aber auch Alkohol- oder Drogenkonsum abhängig.
Zeichen einer Unterkühlung
Die Hypothermie verläuft in mehreren Stadien:
- Stadium 1 (Abwehrstadium): Anfänglich empfinden Betroffene Schmerzen, die Muskeln zittern, das Herz rast und die Atmung ist beschleunigt. Zudem ist die Haut blass und kalt. Die Körpertemperatur liegt zwischen 34 und 37 Grad. Die Durchblutung der Extremitäten verringert sich – es bildet sich sozusagen eine Schale, in der das kalte Blut bleibt. Die Betroffenen sind jedoch noch ansprechbar.
- Stadium 2 (Erschöpfungsstadium): Je weiter die Körpertemperatur sinkt, umso teilnahmsloser wird man. Das Reaktionsvermögen und das Bewusstsein sind eingeschränkt. Betroffene verspüren keine Schmerzen mehr; auch das Muskelzittern hat aufgehört. Die Atmung ist flach und unregelmäßig.
- Stadium 3 (Lähmungsstadium): Es macht sich eine extreme Müdigkeit bemerkbar. Schließlich verspüren unterkühlte Menschen keine Beschwerden mehr und schlafen ein. Im weiteren Verlauf atmen Betroffene nur noch minimal, der Puls ist sehr schwach. Es folgt eine Bewusstlosigkeit, die früher oder später zu einem Atem- und Kreislaufstillstand führt.
Besonders gefährlich ist es, wenn die Körpertemperatur unter 28 Grad sinkt. Betroffene sind in diesem Stadium „scheintot“: Sie sind in einer tiefen Bewusstlosigkeit, die Atmung ist ganz flach und die Pupillen sind weit und annähernd lichtstarr, während die Haut blass und kalt ist. „Das Leben reduziert sich auf den innersten Körperkern, was auch als Zentralisation bezeichnet wird“, so Schatzl.
Erste Hilfemaßnahmen
Befindet man sich im Gebirge, sollte man so rasch wie möglich professionelle Hilfe suchen und den alpinen Notruf unter 140 verständigen. Die unterkühlte Person soll – wenn Sie noch bei Bewusstsein ist – unbedingt wach gehalten und an einen windstillen, warmen Ort gebracht werden. Wenn möglich, wickeln Sie die Person mit weiteren Kleidungsstücken oder eine Decke ein und befreien Sie sie – vorausgesetzt Sie befinden sich in warmer Umgebung – von nasser, kalter Kleidung. „Ist der Unterkühlte bereits bewusstlos, muss er behutsam in die stabile Seitenlage gebracht werden und vor weiterer Auskühlung geschützt werden“, sagt Schatzl. Die regelmäßige Kontrolle der Atmung ist wichtig – setzt sie aus ist eine Beatmung und Herzdruckmassage notwendig. Befindet sich die Person in Stadium 2 oder 3 der Unterkühlung, so soll sie auf keinen Fall herumgehen oder rasch bewegt werden. „Es kann dadurch zu einer Vermischung zwischen dem kalten Blut der Hände und Füße mit dem warmen Blut, das sich im Zentrum des Körpers befindet, kommen“, so Bernhard Ziegler. Die Körpertemperatur sinkt dadurch weiter ab, was zu einem Herz-Kreislaufstillstand und schließlich zum „Bergungstod“ oder „After Drop“ führen kann. Es drohen Schock, Organversagen und Kammerflimmern.
Ist der Rettungsdienst eingetroffen, wird meist mit einer Intubation und Sauerstoffbehandlung begonnen. Im Krankenhaus selbst schließt man die unterkühlte Person an eine Herz-Lungen-Maschine, um den Körper zu erwärmen.
Tipps zur Vorbeugung
Eine wichtige Maßnahme, um einer Unterkühlung vorzubeugen, ist die richtige Kleidung: Sie sollte atmungsaktiv sein – Jacke und Hose außerdem winddicht – und im Zwiebelschalenprinzip angezogen werden. Wichtig ist zudem, Ersatzkleidung sowie Proviant mitzuführen. Pflichtgepäck am Berg sind noch eine Rettungsfolie oder besser ein Biwaksack. Zudem rät der Bergführer: „Es empfiehlt sich, regelmäßig eine Pause einzulegen, heiße gezuckerte Getränke zu sich zu nehmen und sich gegenseitig zu beobachten. Sind Zehen oder Finger bereits gefühllos, helfen eine sanfte Massage und das Öffnen der Schuhe. Kalten Händen kann man Wärme spenden, indem man sie möglichst nahe an der Haut hält und sie zum Beispiel in die eigenen Achselhöhlen steckt.“ Besonders gefährlich ist die Kombination von Alkohol und Kälte: Alkohohl erweitert die Blutgefäße, wodurch der Körper mehr Wärme abgibt und schneller auskühlt.
MMag. Birgit Koxeder
Februar 2010
Foto: Bilderbox