Nach Herzinfarkt und Schlaganfall ist die Lungenembolie die dritthäufigste zum Tode führende Herz-Kreislaufer-krankung. In der Öffentlichkeit ist sie besser bekannt als Lungeninfarkt oder Sekundenherztod. Etwa 4000 Menschen sterben jährlich in Österreich daran, EU-weit schätzt man die Zahl der Todesfälle auf 500.000. „Der Sekundenherztod ist auch von der Häufigkeit her ein unterschätztes Problem“, erklärt Oberarzt Dr. Franz Wimberger vom Krankenhaus der Elisabethinen in Linz.
Eine akute Lungenembolie ist lebensbedrohlich und muss sofort behandelt werden. Die Sterblichkeit bei einer unbehandelten Lungenembolie liegt bei etwa 25 bis 30 Prozent und tritt oft als Akutereignis in Form des Sekundenherztodes auf. Durch geeignete Therapie (Blutverdünnung) kann die Sterblichkeit unter zehn Prozent gesenkt werden. Viele der Patienten versterben an einer wiederholt auftretenden Embolie, wenn das erste Ereignis nicht diagnostiziert wurde und somit unbehandelt blieb.
Ursachen
Der überwiegende Anteil (über 90 Prozent) an Lungenembolien wird von Thrombosen im Becken-Bein-Bereich, seltener der oberen Extremitäten bzw. aus dem rechten Herzen (rechte Herzkammer) selbst verursacht. Dabei verstopft ein Blutgerinnsel (Thrombus) ein Gefäß. Auslöser für eine Verstopfung des tiefen Venensystems können längeres Sitzen oder auch postoperative, länger andauernde Liegezeiten sein. Wenn ein Blutgerinnsel oder auch nur ein Teil davon sich löst, gelangt es über den Blutstrom in die rechte Herzkammer und von dort in die Lungenarterie.
Klassische Auslöser sind abrupte Bewegungen beim Aufstehen nach längerem Sitzen. Bis es von einer Thrombose zu einer Embolie kommt, kann es mehrere Tage oder Wochen dauern. Durch das herauf geschwemmte Blutgerinnsel kommt es zu einem Verschluss der Gefäße der Lungenstrombahn. Die Lungenarterien erweitern sich, da sie den gestauten Blutfluss des verschlossenen Lungengefäßes kompensieren müssen. Der Blutdruck im Lungenkreislauf steigt an und kann als Folge zu einer lebensbedrohlichen Herzüberlastung führen. Todesursache ist immer ein Versagen des rechten Herzens.
Risikofaktoren
Neben einem höheren Lebensalter sind Operationen – verbunden mit erhöhter postoperativer Liegedauer – Risikofaktoren für eine Thrombose. Schwere internistische Erkrankungen, wie z.B. chronische Lungen-, Herz- oder Nierenerkrankungen, gehören ebenso dazu, vor allem wenn diese mit vermehrter Bettlägerigkeit verbunden sind. Zu den Hauptrisikofaktoren zählen auch vererbbare Blutgerinnungsstörungen.
Ungesunder und unregelmäßiger Lebensstil, Übergewicht und Rauchen sowie lange Reisen begünstigen die Entstehung von Thrombosen. Bei jungen Frauen erhöht die Kombination von Pille und Rauchen das Thromboserisiko, bei älteren Frauen zählt eine Hormonersatztherapie als Risikofaktor. „Etwa 50 Prozent der Thrombosen sind tumorbedingt“, sagt Wimberger. Der Grund ist, dass die Blutgerinnungsfaktoren durch einen Tumor gestört sind. Diese Patienten müssen lebenslänglich einen so genannten Blutgerinnungshemmer einnehmen. Hat man trotz allem keine Ursache gefunden, erhöht sich das Risiko einer neuerlichen Embolie zu erleiden signifikant.
Symptome und Diagnostik
Akute Symptome einer Lungenembolie sind plötzlich auftretende Atemnot, atemabhängige, stechende Brustschmerzen, Blutdruckabfall sowie ein instabiler Kreislauf. Der Betroffene ist meistens schweißgebadet und steht oftmals unter massivem Schock.
Um eine Lungenembolie diagnostizieren zu können, bedarf es bildgebender Verfahren (nuklearmedizinsche Untersuchungen). Die derzeit beste Methode zum Nachweis der Krankheit ist die so genannte Pulmonalis-CT, mittels der man durch eine Kontrastmitteldarstellung der Lungengefäße die genaue Lage des Thrombus ermitteln kann. „Die Schwierigkeit in der Diagnostik ist, dass beim Verdacht einer Lungenembolie das Lungenröntgen zu wenig aussagekräftig ist. Allerdings ist sie zum Ausschluss anderer Ursachen des Brustschmerzes oder der Luftnot, wie zum Beispiel Lungenkollaps, Lungenerguss oder Rippenfraktur notwendig“, erklärt Wimberger. Es können auch mehrere kleine Thromben vorliegen, die in zeitlichen Abständen auftreten, was die Diagnostik noch komplizierter macht.
Therapie
Die akute Erstversorgung erfolgt immer durch Sauerstoffgabe und der Verordnung von strikter Bettruhe. Es besteht die Gefahr, dass sich durch Bewegung weitere Thrombosen lösen. Zusätzlich muss in jedem Fall eine Hemmung der Blutgerinnung mit geeigneten Medikamenten durchgeführt werden.
Bei Rechtsherzbelastung im Herzultraschall mit Schocksymptomen sind kreislaufstabilisierende und gerinnungsauflösende Maßnahmen notwendig. Mit der Lysetherapie versucht man durch geeignete Medikamente die Thromben aufzulösen. Zur Anwendung kommen unter anderem auch moderne, gentechnologisch hergestellte Thrombolytika. Je früher lysiert wird, desto größer die Erfolgschancen. Bei kreislaufinstabilen Patienten mit Lungenembolie sollte bereits der Notarzt mit der Lysetherapie beginnen.
Die Kontraindikationen (Gegenanzeigen) zur Lysetherapie müssen im Rahmen einer Nutzen-Risiko-Abwägung betrachtet werden. Erhöhtes Risiko besteht bei größeren Verletzungen oder Operationen in den letzten drei Monaten, Tumore oder Aortenerweiterungen. Frühere Hirnblutungen oder der Verdacht auf akute Hirnblutungen oder Schlaganfälle schließen eine solche Therapie aufgrund des zu hohen Risikos gänzlich aus. Neben einer Lysetherapie kann eine akut lebensrettende Maßnahme auch eine operative Entfernung des Blutpfropfens sein.
Komplikationen
Die wichtigste Komplikation einer ausgedehnten Lungenembolie ist die Beeinträchtigung des rechten Herzens (rechte Herzkammer). Es kommt zu einer verminderten Pumpleistung und als Folge zur Herzinsuffizienz. Außerdem besteht die Gefahr, dass sich Thrombosen nicht vollständig auflösen und zu neuerlichen Embolien führen. In etwa bei einem Drittel der Patienten kommt es innerhalb von fünf Jahren zu weiteren von Thrombosen ausgelösten Embolien.
In manchen Fällen, wie bei angeborenen Störungen des Gerinnungssystems, bei einem erneuten Auftreten einer Thrombose oder auch als Begleitsymptome im Rahmen von Tumorerkrankungen müssen diese Medikamente lebenslang eingenommen werden. Durch molekularbiologische Tests muss abgeklärt werden, ob eine familiäre Veranlagung zu bestimmten vererbbaren Gerinnungsstörungen besteht. Bei mehrfach aufgetretenen Embolien verschlechtert sich die Prognose für das Herz-Kreislaufsystem. Die Rate der Spätkomplikationen erhöht sich dann auf ungefähr 50 Prozent.
Vorbeugung
Körperlich aktive Menschen haben generell ein geringeres Risiko, eine Verstopfung des Venensystem zu erleiden“, sagt Wimberger. Vor allem bei längerem Sitzen im Auto oder Flugzeug sollten zur Verhinderung einer Reisethrombose des öfteren Pausen eingelegt werden. Austrocknung begünstigt ebenfalls eine Thrombose. Man sollte sich so oft wie möglich bewegen und ausreichend Flüssigkeit (alkoholfrei, am besten Wasser oder isotonische Getränke) zu sich nehmen. Vor einer längeren Reise sollten Risikopatienten sich vorbeugend Blutverdünner spritzen. Diese so genannte Thromboseprophylaxe mittels einem gerinnungshemmenden Medikaments stellt generell die beste Schutzmaßnahme für Risikopatienten dar. Aber auch das Tragen von Anti-Thrombose-Strümpfen hat sich bewährt.
Dr. Thomas Hartl
Juni 2011
Foto: Bilderbox