Die menschliche Haut ist weit mehr als nur eine Hülle und ein Schutzmantel gegen schädliche Einflüsse von außen. Als Sinnesorgan bestimmt die Haut ganz wesentlich mit, wie wir unsere Umwelt wahrnehmen. Ein komplizierter Aufbau sorgt dafür, dass die Haut alle ihre Aufgaben erfüllen kann. Um dieses wichtige Organ gesund und funktionstüchtig zu erhalten, ist pflegliche Behandlung nötig.
Rund eineinhalb bis zwei Quadratmeter misst die menschliche Haut bei Erwachsenen und beansprucht etwa sieben bis zehn Prozent des Körpergewichts. Sie ist damit das größte Organ und für den Kontakt des menschlichen Organismus mit seiner Umwelt zuständig. Die naheliegendste Aufgabe der Haut ist ihre Barrierefunktion. Eine gesunde und unverletzte Haut schützt den Körper nahezu perfekt vor dem Eindringen von Fremdkörpern aller Art – seien das nun chemische Substanzen oder Krankheitserreger. Bis zu einem gewissen Grad schützt die Haut auch vor den schädlichen Auswirkungen des Sonnenlichtes. Als Barriere nach innen verhindert sie ein Austrocknen des Körpers.
Als Sinnesorgan ist die Haut für die Aufnahme von Schmerz-, Tast- und Temperaturreizen zuständig. „Die menschliche Haut ist viel mehr als nur eine Schutzhülle. Als sensorisches Organ ist sie beispielsweise ganz wesentlich dafür verantwortlich wie wir unsere Umwelt wahrnehmen. Im Gegensatz zu einer passiven Hülle ist die Haut hochaktiv und verfügt zum Beispiel über eine intelligente mikrobielle Abwehr“, fasst Univ.-Prof. Erwin Tschachler, Leiter der Forschungsabteilung für Biologie und Pathobiologie der Haut an der Medizinischen Universität Wien zusammen. Die Vielzahl an verschiedenen Aufgaben, die die Haut zu erledigen hat, spiegelt sich in ihrem mehrschichtigen Aufbau wider. An die eigentlich nicht mehr zur Haut gehörende Unterhaut (Subcutis) grenzt die Lederhaut (Dermis), den Abschluss bildet die Oberhaut (Epidermis). Die Lederhaut ist durch zapfenförmige Gebilde mit der Oberhaut verzahnt. Sie sorgt für die Elastizität der Haut und beherbergt neben den feinen Blut- und Lymphkapillaren auch die Haarwurzeln und die daran gebundenen Talgdrüsen. Die für die Temperatur- und Schmerzempfindung zuständigen Nervenendigungen sowie viele Rezeptoren des Tastsinns sind ebenfalls in dieser Schicht untergebracht. Auch die Schweißdrüsen – je nach Körperregion bis zu 600 pro Quadratzentimeter – und die Zellen der Immunabwehr liegen in der Lederhaut. Die an die Lederhaut anschließende Oberhaut ist in vier Schichten mit unterschiedlichem Aufgabenprofil unterteilt. Am tiefsten liegt die sogenannte Basalzellschicht, an die die Stachelzellschicht und die Körnerzellschicht anschließen. Den Abschluss bildet das Stratum corneum, die normalerweise nur ein Zehntel der Dicke eines menschlichen Haares aufweisende Hornschicht. Ziegelartig sind darin ganz speziell geformte Hautzellen angeordnet, die Zwischenräume werden von speziellen Lipiden, die nur in der Haut vorkommen, wie Mörtel aufgefüllt. Die Hautzellen der Hornschicht sind abgeflachte, verhornte und abgestorbene Keratozyten, die in der Oberhaut rund 90 Prozent der Hautzellen ausmachen.
28-Tage-Zyklus
Die Keratozyten entstehen durch Zellteilung in der Basalzellschicht und wandern – während sie eine Entwicklung durchmachen, zunehmend verhornen und ihre Form verändern – nach oben, um als Abschluss ihrer Karriere im Normalfall aus der Hornschicht als kleine Schüppchen abgeschilfert zu werden. Ein solcher Zyklus einer Epithelzelle dauert im Durchschnitt 28 Tage. Die gesamte Epidermis erneuert sich ständig. Auch dadurch wird die Ansiedlung von schädlichen Mikroorganismen erschwert. Die Haut stößt täglich etwa zwei Milliarden Hautzellen ab, als Einzelzellen oder in kleinen Grüppchen – ohne dass der Vorgang für das freie Auge sichtbar wird. Die gleiche Menge Hautzellen rückt wieder nach. Bei Psoriasis, der Schuppenflechte, läuft diese Erneuerung der Epidermis überstürzt in einem Viertel der Zeit ab. Die Epithelzellen verhornen zu früh und unvollständig. Die Folge ist das großflächige Abschuppen der Haut.
Antibakteriell
Die Hornschicht der Haut kann man sich als sehr feste, aber äußerst flexible, dünne Folie vorstellen. Obwohl auf der Haut des Menschen inklusive der natürlichen Hautflora stellenweise bis zu zehn Millionen Mikroorganismen pro Quadratzentimeter leben, gelingt es ihnen im Normalfall nicht, die Schutzhülle zu durchdringen. Univ.-Prof. Dr. Tschachler: „Die Haut enthält winzige Eiweißstoffe, die antimikrobiell wirken. Auch diese Peptide helfen mit, dass Infektionen verhindert werden.“ Wenn es doch einmal Keimen gelingt, die Barriere zu überwinden, wird bereits in der Haut die Immunabwehr des Körpers in Gang gesetzt. Die sogenannten Langerhans-Zellen fungieren als Vorposten des Immunsystems.
Eine weitere Abwehrstrategie der Haut ist das leicht saure Milieu, welches das Bakterienwachstum hemmt. Die verschiedenen waschaktiven Substanzen besitzen unterschiedliche Reinigungskraft und sind auch für die Haut unterschiedlich verträglich. Leider ist es oft so, dass mit höherer Reinigungskraft eine schlechtere Hautverträglichkeit einhergeht. Professor Tschachler: „Speziell Menschen mit trockener Haut sollten bei der Reinigung alkalische Seifen oder Alkohol nicht zu lange auf die Haut einwirken lassen, da diese einerseits das saure Milieu der Haut stören und andererseits die Fettkomponente der Hornschicht herauslösen. Besonders Menschen, die zu trockener Haut neigen, wie zum Beispiel Menschen mit Neurodermitis, sollten Seifen sparsam verwenden und rückfettende und feuchtigkeitgebende Pflegemittel verwenden.“
Sonnenschutz
Besonders wichtig sind die Pflege und der aktive Schutz der Haut, wenn es um Sonnenlicht geht. Denn die Haut selbst schafft das nur bis zu einem gewissen Grad. Den natürlichen Sonnenschutz besorgt das dunkelbraune Pigment Melanin. Es wird in Melanozyten genannten Zellen in der Basalzellschicht der Oberhaut gebildet. Über fingerförmige Fortsätze wird Melanin an die umgebenden Keratinozyten weitergegeben. Dort lagert sich Melanin so oberhalb des Zellkerns, dass dieser möglichst vor den schädlichen Einwirkungen der ultravioletten Strahlung geschützt wird. Sonneneinstrahlung beschleunigt die Bildung des Pigments und den Transfer in die Keratinozyten, was sich dann als Bräunung äußert. Das Melanin ist übrigens gemeinsam mit Carotinoiden und dem Blutfarbstoff Hämoglobin für die menschliche Hautfarbe verantwortlich. Je mehr Melanin gebildet wird, desto dunkler ist der Hauttyp.
Auch bei Menschen mit dunklem Hauttyp, die zu schneller Bräunung neigen, ist zusätzlicher Schutz absolut notwendig. Professor Tschachler: „Man muss das Thema wirklich ernst nehmen und die Haut gegen die direkte Einwirkung von Sonnenlicht schützen.“ Andernfalls droht Hautkrebs. Die UV-Strahlung schädigt die Erbinformation der Hautzellen und führt zu Mutationen der Zell-DNS. Die meisten Tumore der Haut – rund neun von zehn – entstehen in der Oberhaut und stehen mit Sonnenschäden in Zusammenhang. Aus den Epithelzellen der Haut entstehen das Basalzellkarzinom und das Plattenepithelkarzinom, die beide auch als „weißer“ Hautkrebs bezeichnet werden. Das Basalzellkarzinom ist der häufigste Tumor der Haut und neigt im Gegensatz zum Plattenepithelkarzinom nur selten zur Bildung von Metastasen. Mit einer Operation kann die Ausbreitung des Karzinoms gestoppt werden. Aber auch das aggressivere Plattenepithelkarzinom kann durch den Hautarzt bereits in seinen Vorstufen erkannt und durch rechtzeitige Entfernung ausgeheilt werden. Der aggressivste Tumor der Haut ist das maligne Melanom – auch „schwarzer“ Hautkrebs genannt. Er neigt zu invasivem Wachstum und zu Ausbildung von Metastasen, die sich über Lymph- und Blutgefäße in den gesamten Organismus absiedeln können. Das maligne Melanom macht rund ein bis drei Prozent aller bösartigen Hauttumoren aus. In der weißen Bevölkerung kommt es zu 12 bis 40 Fällen pro 100.000 Einwohner und Jahr. Aber auch Menschen mit dunkler Hautfarbe bleiben vor dem aggressiven Hautkrebs nicht gänzlich verschont. Professor Tschachler: „Da die frühen Formen eines Melanoms für den Laien nicht von einem Muttermal unterschieden werden können, ist es empfehlenswert, bestehende Muttermale von einem Facharzt kontrollieren zu lassen.“
Dass der Sonnenschutz noch immer von großen Bevölkerungsgruppen vernachlässigt wird, weiß Univ.-Prof. Erwin Tschachler aus der Praxis: „Manche Berufsgruppen sind da besonders gefährdet. Zum Beispiel die Landwirte. Dort ist beispielsweise der weiße Hautkrebs im vorgerückten Alter so häufig, dass man von einer Berufserkrankung sprechen muss.“ Sehr anfällig seien aber auch andere Berufsgruppen, die viel Zeit unter freiem Himmel verbringen müssen,
etwa Bauarbeiter oder Dachdecker. Sonnenschutz dient übrigens nicht nur der Krebsprävention, sondern auch dem Aussehen. Erwin Tschachler, der auch Generalsekretär der European Academy of Dermatology and Venerology (EADV) ist: „Die UV-Strahlung ist der wesentlichste Faktor bei der Alterung der Haut. Jeder Laie kann bei Gleichaltrigen auch im Winter an der Zahl und Art der Falten erkennen, wer ein Sonnenanbeter ist und wer nicht.“ Nicht nur deshalb findet die Bräune aus dem Studio bei ihm keine Gnade: „Das ist aus meiner Sicht ein absolutes No-go.“ Mit der nötigen Vorsicht und einem vernünftigen Schutz genossen bewirkt Sonnenlicht allerdings auch Positives: Mit Hilfe des UVLichts wird in der menschlichen Haut Vitamin D gebildet. Vitamin D spielt eine wesentliche Rolle im Kalziumhaushalt und somit für den Aufbau und die Festigkeit der Knochen, aber auch bei der Abwehr von Infektionskrankeiten. Begeisterung zeigt Professor Tschachler, wenn er über die Haut als Sinnesorgan spricht: „Es ist phantastisch, wie fein die Wahrnehmung funktioniert. Mit dem Tastsinn können Sie beispielsweise ein 50-Cent-Stück von einer 20-Cent-Münze unterscheiden, die Sie in einer Manteltasche eingesteckt haben.“ Gleichzeitig können geringste Temperaturunterschiede wahrgenommen werden. Rund vier Millionen Rezeptoren leiten jede Veränderung bei Druck, Wärme, Kälte und Schmerz an das Gehirn weiter. Bis zu 5.000 Nervenendungen pro Quadratzentimeter sind für diese Sinnesreize im Einsatz.
Allein für den Tastsinn ist eine Reihe von hochspezialisierten Rezeptoren nötig. So zum Beispiel die sogenannten Meissner-Tastkörperchen. Sie liegen in unbehaarter Haut – etwa an den Fingerkuppen oder an der Zungenspitze – und reagieren auf kleinste Druckunterschiede. Mit Hilfe der Meissner-Körperchen können wir die Beschaffenheit von Oberflächen und die Ausdehnung kleinster Gegenstände erkennen. Gleichbleibender Druck wird eher von den sogenannten Merkel-Zellen wahrgenommen. Diese Rezeptoren befinden sich in großer Anzahl in der Oberhaut. Im Gegensatz dazu sitzen die sogenannten Ruffini-Körperchen tiefer eingebettet in der Lederhaut. Sie reagieren auf Formveränderungen der Haut und können Spannungen innerhalb des Gewebes anzeigen. Auf das Registrieren von Vibrationen sind hingegen die Vater-Pacini-Körperchen spezialisiert, die unter anderem im Fettgewebe der Unterhaut vorkommen. An den Haarfollikeln sitzen ebenfalls Sensoren, die Berührungen registrieren. Die Temperatur- und Schmerzwahrnehmung wird von freien Nervenendigungen bewerkstelligt. Die Temperatursensoren messen Temperaturunterschiede zwischen 10 und 45 Grad Celsius. Außerhalb dieses Temperaturbereichs übernehmen die Arbeit sinnvollerweise die Schmerzrezeptoren. Kälte- und Wärmesensoren können – ausgehend von einer als normal empfundenen Temperatur von 34 Grad Celsius – kleinste Temperaturveränderungen wahrnehmen. Es gibt übrigens rund zehnmal mehr Kälte- als Wärmesensoren. Die für Kälte zuständigen Nervenendigungen liegen auch dichter an der Hautoberfläche. Beide Temperatursensoren sprechen übrigens auch auf chemische Reize an: Menthol erzeugt ein kühles Gefühl, während der Chili-Wirkstoff Capsaicin es heiß werden lässt – wobei die Grenze zum Schmerz fließend ist.
Je nach Hautregion gibt es bis zu 200 Schmerzrezeptoren, die im Wesentlichen auf mechanische, chemische und thermische Einflüsse von außen reagieren. Univ.-Prof. Dr. Erwin Tschachler: „Die Schmerzempfindung der Haut ist von großer Bedeutung für den gesamten menschlichen Organismus.“ Denn sie ist ein Warnsignal dafür, dass die Struktur und Funktion der Haut und damit die Integrität des Gesamtorganismus bedroht sind.
Biotop Haut
Die menschliche Haut ist von unvorstellbar vielen Lebewesen bewohnt. So tummeln sich pro Quadratzentimeter durchschnittlich drei Millionen Bakterien. Sie erfüllen eine wichtige Funktion, weil sie das Eindringen von „Fremdkeimen“ verhindern. Ein größerer Gast ist die bis zu 0,5 Millimeter große Haarbalgmilbe. Sie bewohnt Haarfollikel der menschlichen Gesichtshaut, vorzugsweise die der Augenbrauen. Demodex ernährt sich von Talg und übersiedelt durch Hautkontakt von Mensch zu Mensch. Im Laufe eines Lebens kommt fast jeder einmal mit dem kleinen Spinnentier in Kontakt. Was nichts macht, weil die Milbe völlig harmlos ist.
Heinz Macher
Juni 2012
Foto: shutterstock, privat
Kommentar
„Die menschliche Haut ist viel mehr als nur eine Schutzhülle. Als sensorisches Organ ist sie ganz wesentlich dafür verantwortlich, wie wir unsere Umwelt wahrnehmen.“
Univ.-Prof. Erwin Tschachler
Leiter der Forschungsabteilung für Biologie und Pathobiologie der Haut, Universität Wien