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Pflege mit der Roboter-Robbe

Pflege mit der Roboter-RobbeEs klingt mitunter eigenartig: Ein Computer, der dem Aussehen nach einer Robbe gleicht, findet Einsatz in der Pflege. Er reagiert auf Berührungen mit Geräuschen oder Augenzwinkern und kann sogar Stimmen unterscheiden. Wie die Pflege der Zukunft aussieht und ob es sinnvoll ist, Roboter bei der Betreuung von Pflegenden einzusetzen, erklärt Ursula Frohner, Präsidentin des Österreichischen Gesundheits- und Krankenpflegeverbandes.

Sie haben große dunkle Augen und ein weiches, helles Fell. Die Rede ist von Robben, künstlichen Robben. Sogenannte therapeutische Roboter wie „Paro“ werden vor allem in Japan und Deutschland bei der Pflege eingesetzt, hier insbesondere bei der Betreuung von Demenz-Erkrankten. Doch wie funktionieren diese Pflege-Roboter eigentlich? „Paro“ wurde vom Japaner Takanori Shibata, ein leitender Forscher am National Institute of Advanced Industrial Science and Technology (AIST) für therapeutische Zwecke entwickelt. Er soll die Patienten anregen und gleichzeitig beruhigen.

Was Paro alles kann

Der Pflege-Roboter öffnet die Augen und hebt den Kopf, sobald man sich ihm nähert. Möglich machen dies die Sensoren und die Prozessoren, die darin versteckt sind. Der knapp 60 Zentimeter lange Roboter kann aber noch viel mehr: Er reagiert lebensecht auf äußere Reize wie Berührungen, Licht, Akustik oder Temperatur. So kann Paro beispielsweise erkennen, wie intensiv ihn jemand streichelt und reagiert darauf mit Bewegungen oder Lauten. Weil der therapeutische Roboter Stimm-Muster speichert, kann er Menschen daran wiedererkennen. Die Robbe kann zudem zwischen hell und dunkel unterscheiden und weiß daher auch, wann es Zeit zum Schlafen ist, und wann sie wieder aktiv sein „darf“. Paro erkennt aber auch die Art von Berührungen. Bei zu starken „Streicheleinheiten“, wenn also die Robbe geschlagen wird, reagiert sie wütend.

Kein Ersatz für menschliche Begegnung

Befürworter erklären, dass derartige Roboter eine nützliche Ergänzung bei der Betreuung sind. Sie würden die Interaktion der Patienten mit dem Umfeld verbessern. Das sieht die Präsidentin des Österreichischen Gesundheits- und Krankenpflegeverbandes (ÖGKV), Ursula Frohner, anders. Auf die Frage, wie sie zum Thema Roboter in der Pflege steht, antwortet sie: „Ich sehe den Einsatz von Robotern kritisch, weil die Pflege viel mit Motivation, Beratung und Beziehungsarbeit zu tun hat. Ein Roboter kann nur mechanische Tätigkeiten durchführen. In der Pflege bedarf es jedoch individuell abgestimmter Konzepte. Ein Roboter hingegen verfügt nur über standardisierte Abläufe. Eine individuelle Herangehensweise ist nicht möglich.“ Roboter seien daher kein Ersatz für echte Zuwendung. Denn: In der Pflege gibt es eine große Patientennähe: „Pflegefachkräfte verbringen von allen Gesundheitsberufen die meiste Zeit mit den Patienten“, so Frohner.

Die Pflege der Zukunft

Tatsache jedoch ist, dass die Zahl der Pflegebedürftigen durch den demographischen Wandel steigt. Ausreichend qualifiziertes Betreuungspersonal ist notwendig. Wie sich diese Herausforderungen in Zukunft bewältigen lassen, erklärt die Präsidentin des ÖGKV folgendermaßen: „Pflege-Roboter sind auf jeden Fall kein probates Mittel, um dem Pflegemangel entgegenzuwirken. Die wichtige Frage ist, wo investiere ich Ressourcen? In eine technische Spielerei oder in eine gute Ausbildung? Zukünftig geht es um den Einsatz sämtlicher Pflegekompetenzen. Die Ausbildungen in allen Pflegeberufen sind bundesweit einheitlich anzubieten. Derzeit gibt es in Österreich noch sehr unterschiedliche Ausbildungsangebote. Zudem sollte sich die Ausbildung an europäischen Bildungssystemen orientieren und die derzeit bestehenden Bildungssackgassen in diesen Berufen müssen überwunden werden.“ Die vergleichbaren Inhalte sollten laut Frohner durch ein modulares Ausbildungssystem genützt werden können. Denn die künftigen Versorgungssysteme brauchen das gesamte Spektrum der Pflegefachberufe – angefangen von Heimhilfen bis hin zu Pflegewissenschaftern.

Konzentration auf Kernaufgaben der Pflege

„Man muss sich auf die Kernaufgaben der Pflege konzentrieren und die Kompetenz der Pflegefachkräfte mehr nutzen. Diese sollten keine Reinigungs- oder Verwaltungstätigkeiten übernehmen. Die Kernaufgabe der Pflege besteht darin, den Menschen das krankheitsbedingte Erleben ihrer Krankheit lebbar zu machen“, fordert Frohner.

MMag. Birgit Koxeder

März 2012

Foto: Bilderbox

Zuletzt aktualisiert am 11. Mai 2020