Ein behutsamer Umgang mit der „Pille“ ist in jedem Fall notwendig. Seit rund 50 Jahren wird weltweit die „Pille“ zur Empfängsnisverhütung eingesetzt. Immer wieder haben Meldungen über eine eventuelle Krebsgefahr für Aufsehen und Besorgnis gesorgt. Eine Meta-Studie gibt Entwarnung, der sich auch Österreichs „Hormonpapst“ Professor DDr. Johann Huber von der Wiener Universitäts-Frauenklinik anschließt: „Das Krebsrisiko der Pille ist vom Tisch.“ Vorsicht im Umgang mit der Pille sei trotzdem angeraten.
Die Entwicklung und Markteinführung der „Pille“ im Jahr 1961 war nicht nur ein pharmazeutischer Durchbruch. Erstmals stand den Frauen vor allem in den westlichen Industrienationen ein sicheres Mittel zur Empfängnisverhütung zur Verfügung – mit weitreichenden gesellschaftlichen Folgen. Die „Pille“ läutete die sexuelle Befreiung und nicht zuletzt die Emanzipationsbewegung ein. Doch davon ist längst keine Rede mehr. Mittlerweile gehört die „Pille“ für Millionen Frauen zum Alltag. In Diskussion kommt das klassischen hormonelle Verhütungsmittel meist dann, wenn über schädliche Neben- und Langzeitwirkungen berichtet wird. So tauchten immer wieder Untersuchungen auf, die einen Zusammenhang zwischen einigen Krebsarten und der Einnahme der „Pille“ hergestellt haben. Dem widerspricht eine groß angelegte Untersuchung, die im Auftrag des amerikanischen Nationalen Gesundheitsinstituts (NIH) durchgeführt wurde. Bei insgesamt mehr als 9000 Frauen im Alter zwischen 35 und 64 Jahren, die in den vergangenen Jahren bis Jahrzehnten mit der „Pille“ verhütet hatten, konnte kein erhöhtes Brustkrebs-Risiko festgestellt werden.
Univ.-Prof. DDr. Johann Huber, Leiter der Abteilung für Endokrinologie und Sterilitätsbehandlung an der Wiener Universitätsklinik für Frauenheilkunde sieht keinen Grund, an der Seriosität dieser Studie zu zweifeln: „Für mich ist damit das Krebsrisiko durch die Pille endgültig vom Tisch.“ Trotzdem will Professor Huber das nicht als generelle Entwarnung in Sachen „Pille“ verstanden wissen: „Die Pille ist und bleibt ein Fremdkörper und kann wie jedes Medikament Probleme bereiten – etwa mit dem Blutdruck, dem Stoffwechsel oder dem Bindegewebe. Deshalb ist ein behutsamer Umgang mit dem hormonellen Verhütungsmittel unbedingt notwendig.“ Zwar wurde die „Pille“ im Laufe der Jahrzehnte weiterentwickelt und erheblich verbessert. Statt anfangs 100 Mikrogramm enthalten moderne „Pillen“ nur noch 15 bis 20 Mikrogramm der wirksamen Gelbkörperhormone, die in ihrer chemischen Struktur immer wieder verbessert wurden. Nebenwirkungen und Risiken lassen sich
aber noch immer nicht ausschließen.
Rauchen nach wie vor Risikofaktor
Professor Huber: „Bei der Verschreibung der Pille muss sehr behutsam vorgegangen werden. Eventuelle Risikofaktoren müssen unbedingt mit dem verschreibenden Frauenarzt besprochen werden. Den wesentlichsten Risikofaktor können Frauen selbst beeinflussen, indem sie auf das Rauchen verzichten.“ Neben dem Rauchen zählt das zunehmende Alter zu den Risikofaktoren. Huber: „Ab dem 40. Lebensjahr würde ich bei der Verschreibung der Pille schon sehr aufpassen und eine genaue Anamnese sowie nach einiger Zeit ein Monitoring durchführen.“ Ein weiterer Risikofaktor kann eine erbliche Vorbelastung sein, etwa wenn bei Geschwistern oder den Eltern in jüngeren Jahren Thrombosen aufgetreten sind. Die erhöhte Thrombosegefahr durch die „Pille“ ist auch im Zusammenhang mit Spitalsaufenthalten von Bedeutung. Denn auch bei längerer Bettlägrigkeit erhöht sich die Gefahr von Thrombosen. Bei der Spitals-Aufnahme sollte daher unbedingt auf die „Pille“ hingewiesen werden. Erhebliches Übergewicht, Störungen des Fettstoffwechsels, Bluthochdruck und Herzerkrankungen zählen ebenfalls zu den Risikofaktoren, die der Gynäkologe bei der Verschreibung „Pille“ beachten wird.
Obwohl die moderne „Pille“ viel verträglicher ist, kann es zu Problemen kommen. Huber: „Bei heftigen Kopfschmerzen oder anhaltenden Blutungen, bei starker Gewichtszunahme, bei Brustschmerzen oder dem Auftreten von Sehstörungen sollte unbedingt ein Arzt aufgesucht werden.“ Ab welchem Alter kann die „Pille“ genommen werden? – Huber: „Wenn die Monatsblutung regelmäßig geworden ist. Denn auch wenn die Pille für ein junges Mädchen nicht ideal ist. Besser als eine Abtreibung ist sie allemal.“
Heinz Macher
Forum Gesundheit 4/2002
Foto: Bilderbox, privat
Kommentar
„Die Pille ist und bleibt ein Fremdkörper und kann wie jedes Medikament Probleme bereiten – etwa mit dem Blutdruck, dem Stoffwechsel oder dem Bindegewebe. Deshalb ist ein behutsamer Umgang mit dem hormonellen Verhütungsmittel unbedingt notwendig. Das gilt vor allem für Frauen mit zunehmendem Alter oder anderen Risikofaktoren.“
Uni.-Prof. DDr. Johann Huber,
Leiter der Abteilung für Endokrinologie und Sterilitätsbehandlung,
Uniklinik für Frauenheilkunde Wien