Medizinische Untersuchungen dienen meist dazu, die Ursachen für bestimmte Beschwerden zu finden. Eine Früherkennungs-untersuchung richtet sich hingegen an Menschen, die sich nicht krank fühlen. Das Ziel ist, eine Krankheit in einem frühen Stadium zu entdecken, bevor sie Beschwerden verursacht.
Die Früherkennung von Krankheiten ist sinnvoll, wenn diese dann auch besser behandelt werden können und dementsprechend bessere gesundheitliche Ergebnisse erreicht werden. Früherkennungsuntersuchungen können aber auch nutzlos sein oder sogar schaden, hält das deutsche Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) fest. Daher sind nicht alle Früherkennungsuntersuchungen sinnvoll, sondern einige umstritten.
Kriterien zur Beurteilung von Früherkennungsuntersuchungen
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat Kriterien zur Beurteilung von Früherkennungsuntersuchung festgelegt, die als Entscheidungshilfe dienen können, ob eine Untersuchung in Anspruch genommen wird oder nicht.
Diese Kriterien sind unter anderem:
- Es soll nur auf Krankheiten mit ernsthaften Folgen gescreent (durchsiebt) werden, damit die Teilnehmer auch einen klaren gesundheitlichen Vorteil davon haben.
- Die Untersuchungsmethode muss ausreichend zuverlässig und selbst unschädlich sein.
- Es muss eine Behandlung geben, die erfolgreicher ist, wenn man sie frühzeitig erhält – also bevor Symptome auftreten.
- Über die Früherkennung sollte neutral informiert werden, damit die Betroffenen Vor- und Nachteile selbst abwägen können.
Allgemeines zu Früherkennungsuntersuchungen
Im Folgenden hat das IQWiG einige wichtige Punkte zusammengefasst, die den Betroffen manchmal nicht ins Bewusstsein dringen:
- Früherkennung kann keine Krankheiten verhindern:
Früherkennung will Krankheiten entdecken, bevor sie Beschwerden auslösen. Manche Screenings suchen auch nach Vorstufen von Erkrankungen. Die Untersuchung hat aber keinen Einfluss, ob sich eine Krankheit oder Vorstufe entwickelt.
- Vorstufen werden nicht immer zu Krankheiten:
Aufgrund von Früherkennungsuntersuchungen erfolgen oft Behandlungen, obwohl sich keine Krankheit entwickelt hätte. Viele Erkrankungsvorstufen entwickeln sich nicht unbedingt zu einer Krankheit oder können sich sogar von selbst wieder zurückbilden – ohne je Probleme zu verursachen. - Kein medizinischer Test ist perfekt:
Medizinischen Tests, die bei der Früherkennung zum Einsatz kommen, liefern nicht immer eine sichere Diagnose. Zunächst wird oft nur nach Auffälligkeiten gesucht, die dann weiter abgeklärt werden müssen. Erweist sich der auffällige Befund dann als falscher Alarm, hat er bereit Anlass zu unnötiger Sorge gegeben – und manchmal unnötige Folgeuntersuchungen nach sich gezogen. Hingegen kann aber ein Test auch trotz einer existierenden Erkrankung keine Auffälligkeiten zeigen. Oder das Testergebnis ist nicht eindeutig und liegt im Grenzbereich zwischen normalen und auffälligen Befunden. - Früherkennung bietet keine endgültige Sicherheit:
Beschwerden, die Sorgen bereiten, sollten jedenfalls ernst genommen und ärztlich abgeklärt werden – auch wenn bei der letzten Früherkennungsuntersuchung keine Anzeichen für eine Erkrankung gefunden wurden, hält das Institut fest.
Fragen, die von Interesse sind
Wenn die Entscheidung hinsichtlich einer Früherkennungsuntersuchung schwer fällt, kann ein ärztliches Beratungsgespräch hilfreich sein. Von Interesse wären folgende Fragen:
- Ist in meinem Alter die Wahrscheinlichkeit, dass ich diese Erkrankung unbemerkt habe, so hoch, dass ein Screening sinnvoll erscheint?
- Hätte ich langfristig gesundheitliche Vorteile davon, dass die Krankheit frühzeitig bei mir entdeckt wird? Gibt es beispielsweise Belege, dass ich länger leben könnte?
- Welche unerwünschten Wirkungen können mit der Untersuchung, möglichen Folgeuntersuchungen und der Behandlung verbunden sein und wie oft treten diese auf?
- Wie oft und in welchen Abständen muss ich zur Früherkennung gehen, um davon profitieren zu können?
- Wie häufig schlägt der Test falschen Alarm und wie oft übersieht er eine Erkrankung?
Nicht mit Dingen belasten, die noch nicht passiert sind
Von der Vielzahl an existierenden Früherkennungsangeboten gelten manche als sehr sinnvoll, andere sind wissenschaftlich entweder noch nicht gut untersucht oder nicht sinnvoll. Trotzdem werden sie angeboten und zum Teil sogar lautstark beworben. Das kann den Eindruck erwecken, dass an jeder Ecke eine Krankheit lauert, vor der man sich schützen kann. Das Risiko für die meisten Erkrankungen, für die es Früherkennungsprogramme gibt, ist hingegen nicht besonders hoch. Zudem garantiert auch die beste Früherkennung keine Gesundheit. Der Mensch muss damit leben, krank werden zu können, stellt das Institut fest. Es sei daher besser, nicht überängstlich zu sein und sich nicht unnötig über Krankheiten den Kopf zu zerbrechen, die man noch gar nicht hat und wahrscheinlich nie bekommen wird, so das IQWiG.
Mehr Informationen zum Thema finden Sie unter www.gesundheitsinformation.de (> suchen: Früherkennung) und nächste Woche an dieser Stelle.
Mag. Christian Boukal
Dezember 2019
Foto: shutterstock