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Frau mit Ärztin im Gespräch

Früherkennungsuntersuchung: Testgenauigkeit

Bevor eine Früherkennungsunter-suchung als aussagekräftig eingestuft werden kann, muss erst ihre Testgenauigkeit bestimmt werden. Das deutsche Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) erklärt das „Forschungsdesign“.

Früherkennung besteht zumeist aus zwei Untersuchungsschritten, so das IQWiG.
Im ersten Schritt wird festgestellt, ob ein Hinweis auf eine Krankheit vorliegt. Gibt es keine Hinweise, ist der Fall vorerst abgeschlossen. Ergibt die Untersuchung einen Hinweis, kann der Betroffene entscheiden, ob er weitere Untersuchungen machen will. Erst nach den weiteren Untersuchungen kann eine Diagnose gestellt oder ausgeschlossen werden. Das Ergebnis einer Früherkennungsuntersuchung wird als „positiv“ bezeichnet, wenn ein Hinweis auf die Erkrankung vorliegt, als „negativ“, wenn kein Hinweis auf die Erkrankung vorliegt.

Positiv vs. negativ

Wenn es ein perfektes Screening-Programm gäbe, würden alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer bereits bei der ersten Untersuchung ein zutreffendes und sicheres Testergebnis erhalten. Das bedeutet:

  • Alle, die ein „positives“ Testergebnis haben, sind tatsächlich erkrankt (man spricht auch von einem „richtig positiven“ Ergebnis).
  • Es würde keine „positiven“ Testergebnisse bei Menschen geben, die nicht erkrankt sind (es gäbe keine „falsch positiven“ Ergebnisse).
  • Alle, die ein „negatives“ Testergebnis haben, sind definitiv nicht erkrankt (sie haben ein „richtig negatives“ Ergebnis).
  • Bei keinem Erkrankten würde ein „negatives“ Testergebnis auftreten (alle Erkrankten würden durch das Screening-Programm erkannt, das heißt es gäbe keine „falsch negativen“ Ergebnisse).


Kein Testverfahren ist jedoch so perfekt. In der wissenschaftlichen Fachsprache hat ein Test, der erkrankte Personen sehr zuverlässig „richtig positiv“ (95 von 100 Erkrankten) erkennt, eine hohe Sensivität.

Ein Test, der nicht erkrankte Personen eindeutig als „richtig negativ“ (95 von 100 Erkrankten) einstuft, hat eine hohe Spezifität.

Ein Beispiel

Das Institut veranschaulicht an folgendem (erfundenen) Beispiel, was dies bedeutet:
Stellen Sie sich 10 Personen vor, die keine Beschwerden haben. Die beiden dunkel hervorgehobenen Personen haben Krebs:

Früherkennung_grafik_3








Wenn es einen perfekten Screening-Test gäbe und man diese 10 Personen damit untersuchen würde, hätten alle hell gezeichneten Personen ein „negatives“ Testergebnis (-) = „kein Krebs“. Die beiden dunkel hervorgehobenen Personen hätten ein „positives“ Testergebnis (+) = „Krebs entdeckt“. Die Ergebnisse des Screening-Tests sähen folgendermaßen aus:


Früherkennung_grafik_4









Bei einem unzuverlässigen Test sähe das Ergebnis anders aus. Nehmen wir an, dass der Screening-Test nur bei 50 Prozent der Erkrankten „positiv“ ausfällt und bei 50 Prozent der Personen ohne Krebs falschen Alarm auslöst. Das würde in unserem Beispiel bedeuten, dass ein Krebsfall übersehen wird und vier Menschen ohne Krebs fälschlicherweise ein „positives“ Testergebnis bekommen:



Früherkennung_grafik_5









Ein solch ungenauer Test würde für die vier „falsch positiv“ diagnostizierten Personen unnötige Sorgen bedeuten. Die Ungewissheit während der Wartezeit, bis der Befund abgeklärt ist, kann sehr belastend sein. Außerdem können für eine sichere Diagnose weitere Untersuchungen erforderlich sein, wie eine Gewebeentnahme. Dies kann mit zusätzlichen Belastungen oder Komplikationen verbunden sein. Eine andere mögliche Folge von „falsch positiven“ Testergebnissen sind unnötige Behandlungen.
Die Person, bei der der Test kein Anzeichen für Krebs gezeigt hat, obwohl sie an Krebs erkrankt ist, wird nun nicht frühzeitig behandelt und wiegt sich wahrscheinlich in falscher Sicherheit. Es ist außerdem möglich, dass sie oder ihr Arzt nicht auf Symptome reagieren, da sie Krebs als mögliche Ursache ausschließen. Sie könnte dann schlechter versorgt werden, als es ohne Screening der Fall gewesen wäre.
 

Großer Aufwand

Man benötigt sehr gute Studien, um zu beurteilen, ob ein Test genau genug für den Einsatz im Rahmen einer Früherkennungsuntersuchung ist. Allerdings können manchmal auch Untersuchungsmethoden nützlich sein, die häufig zu „falsch positiven“ Testergebnissen führen. Sie helfen dabei, in einem ersten Schritt den Personenkreis einzugrenzen, bei dem weitere Untersuchungen erforderlich sind. Es ist wichtig, dass Sie sich dessen bewusst sind: Ein erstes „positives“ Testergebnis bedeutet nicht, dass Sie tatsächlich erkrankt sind. Beim Hautkrebs-Screening stellen sich beispielsweise die weitaus meisten verdächtigen Hautstellen bei nachfolgenden Untersuchungen als harmlos heraus.

Unabhängig davon, ob eine Früherkennung in Anspruch genommen wird oder nicht: Wenn Sie Beschwerden haben, die Ihnen Sorgen machen, ist es wichtig, diese ernst zu nehmen. Ein Screening kann nicht verhindern, dass eine Erkrankung auftritt. Auch die beste Früherkennungsuntersuchung garantiert keine Gesundheit. Wir alle müssen damit leben, dass wir krank werden können: Wir sollten nicht überängstlich sein oder uns wegen Krankheiten den Kopf zerbrechen, die wir noch gar nicht haben und wahrscheinlich auch nie bekommen werden, so das IQWiG.

Mehr Informationen zum Thema finden Sie nächste Woche an dieser Stelle und hier

Mag. Christian Boukal
Dezember 2019


Foto: shutterstock
Grafik: Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG)


Zuletzt aktualisiert am 13. November 2020