Kinderzähne und Zahngesundheit von kleinen Patienten standen im Mittelpunkt einer Tagung im September, im Monat der Zahngesundheit, zu der Oberösterreichische Gebietskrankenkasse (OÖGKK) und Österreichische Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferzahnheilkunde (ÖGZMK) gemeinsam einluden. „Gesunde Kinderzähne sind aller Anfang“, betonte OÖGKK-Obmann-Stellvertreter Albert Maringer bei seiner Begrüßung.
Mit über 5.000 kleinen Patienten im Jahr hat die OÖGKK in ihrem KIDZ-Dentalzentrum für Kinder und Jugendliche Kompetenz aufgebaut. Nach dem großen Erfolg im Vorjahr wurde heuer zum zweiten Mal eine zahnmedizinische Tagung veranstaltet. Zahnärzte, zahnärztliche Assistenten und erstmals auch Kinderärzte kamen zum fachübergreifenden Symposium „Standards in der Kinderzahnheilkunde“ in das Ausbildungszentrum der Landesfrauen- und Kinderklinik Linz. Über 200 Teilnehmer reisten dafür aus ganz Österreich an.
Die Gastredner v.l.n.r.: Prim. MR Dr. Josef Bukal, Obmann-Stv. Albert Maringer, Dir. Mag. Dr. Andrea Wesenauer, Dr. Christa Schacht und Dr. Walter Aichinger.
Gesundheitsziel „Kariesfreie Zähne“
Mit der Veranstaltung hat die OÖGKK einen weiteren Schritt gesetzt, um die oberösterreichischen Gesundheitsziele zu erreichen. Im Rahmen der WHO-Ziele, an denen sich auch die Gesundheitsziele Oberösterreichs orientieren, wurde für die Zahngesundheit formuliert, das bis zum Jahr 2010 mindestens 80 Prozent der 6-jährigen Kinder kariesfrei sein, und 12-Jährige höchstens 1,5 kariöse, extrahierte oder gefüllte Zähne aufweisen sollten. Unter der Leitung und Moderation des Chefzahnarztes der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse, Prim. MR Dr. Josef Bukal, standen einen Tag lang verschiedenste Themen der Zahnheilkunde speziell für Kinder im Mittelpunkt.
Themen
Folgende Themen wurden bei der Tagung behandelt:
- Ernährung – zahngesundes Essen,
- Kariesprävention,
- Kinderzahnbehandlung, Praxisorganisation – Schmerzpatient,
- Kieferorthopädie – Frühbehandlung,
- Mundschleimhautveränderungen – Tumore bei Kindern und Jugendlichen,
- Psychologie – Zahnarztangst und Therapiemöglichkeiten.
Die Referenten v.l.n.r: Univ.Lekt. Prim. DDr. Elmar Favero, Dr. Herbert Gusenleitner, Prim. MR Dr. Josef Bukal, Dr. Nicola Meißner, Prim. Dr. Werner Gerstl, Univ. Doz. Dr. Johann Beck-Mannagetta und Prim. Univ. Prof. Dr. Karl Zwiauer.
Kleine Patienten als Herausforderung
Gesunde Kinderzähne und die Prophylaxe müssen immer Vorrang haben. In der Vorsorge liegt noch viel Potenzial, darin waren sich Gastredner und Referenten bei der Tagung einig. Sehr praxisnah hat Dr. Nicola Meißner, Vorstandsmitglied der Österreichischen Gesellschaft für Kinderzahnheilkunde, die besondere Herausforderung bei der Behandlung von Kindern dargestellt. Für Kinder ist der erste Eindruck – der Kennenlerntermin – oft entscheidend. Zu einer kindgerechten Atmosphäre in der Ordination können neben einem geschulten, einfühlsamen und immer freundlichen Team auch viele Kleinigkeiten beitragen. Das Therapiekonzept muss Schritt für Schritt die Kinder auf die Zahnbehandlung vorbereiten. Ein Kind kommt mit negativen Erlebnissen besser zu recht, wenn es vorher schon positive Erlebnisse hatte. Der erste Zahnarzttermin darf kein Schmerztermin sein, auch dann nicht wenn das Kind Schmerzen hat.
Angst vorm Zahnarzt
Der Zahnarztbesuch darf nicht zum abnormen Erlebnis werden, denn Kinder kennen die Angst vorm Zahnarzt eigentlich nicht. Die Zahnbehandlung auf erlebnisorientierten Programmen aufzubauen, begrüßt daher auch der Kinder- und Jugendpsychiater Prim. Dr. Werner Gerstl, Leiter der Abteilung für Kinder- und Neuropsychiatrie in der Landesfrauen- und Kinderklinik Linz. Die Angst vorm Zahnarzt ist bei Kindern oft ein hausgemachtes Problem: Sie hören die Erwachsenen über ihre Angst und Erlebnisse beim Zahnarzt reden. Viele Erwachsene warten bis die Schmerzen zu Hause unerträglich werden und gehen erst dann zum Zahnarzt.
Zwischen Pizza und Donuts
Wie sehr gesunde Zähne mit dem Essen zusammenhängen, hat Prim. DDr. Elmar Favero, Chefzahnarzt der Ambulatorien für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde der Tiroler Gebietskrankenkasse, in seinem Vortrag anschaulich dargestellt. Oft ist es der Dschungel der Ernährungsempfehlungen, der die Menschen überfordert. Die Werbung empfiehlt vermeintlich „gesunde“ Produkte, die sich bei genauerem Hinschauen als wahre Zuckerbomben herausstellen. Zu wenig Bewegung vor Computer und Fernseher, dazu die vielen süßen und fetten Snacks, machen die Kinder übergewichtig und ihre Zähne karieskrank. Der süße Geschmack ist für die Kinder auch eine Art „Sicherheitsgeschmack“: Bereits die Muttermilch schmeckt süß. Die präventive Strategie heißt daher: Sport und Spiel und richtiger Umgang mit Süßigkeiten in clevere Information verpackt.
Neue Aspekte der Kariesprävention
Die drei Eckpfeiler der Kariesprophylaxe bei Kindern und Jugendlichen wie auch bei Erwachsenen sind ausgewogene Ernährung, regelmäßige, zweckmäßige Zahn- und Mundhygiene und die Anwendung von Fluoriden. Neue Möglichkeiten der Kariesprävention hat Prim. Univ. Prof. Dr. Karl Zwiauer, Leiter der Abteilung für Kinder- und Jugendheilkunde des Landesklinikum St. Pölten, in seinem Referat diskutiert. Kariesprophylaxe durch Antibiotika und Probiotika, die Impfung gegen Karies und ein schon fast weltweit zugelassener, nur in Europa noch nicht verfügbarer Zuckerersatz wurden auf ihre Wirksamkeit hin durchleuchtet. So wurden beispielsweise die positiven Effekte vom Zuckeraustauschstoff Xylit hervorgehoben: Im Kaugummi wirkt Xylit Karies sogar entgegen. Die Übertragung von Karies von Müttern auf ihre Kinder könnte so verhindert werden.
Kieferorthopädische Frühbehandlung
Um das rechtzeitige Erkennen und Behandeln von verschiedeen kieferorthopädischen Funktionsstörungen, Zahn- und Kieferfehlstellungen ging es im Vortrag von Dr. Herbert J. Gusenleitner, Gründungsmitglied der Vereinigung Österreichischer Kieferorthopäden (VÖK) und Gründungsmitglied der (Austrian Lingual Orthodontic Society (ALOS). Diese können massive Fehlentwicklungen zur Folge haben. Mit der Frühbehandlung besteht die Möglichkeit mit zum Teil sehr einfachen Mitteln eine normale Gebissentwicklung zu fördern. Kieferorthopädische Untersuchungen sollten mit vier Jahren (Milchgebiss), acht Jahren (frühes Wechselgebiss) und mit zwölf Jahren (spätes Wechselgebiss) erfolgen. Nicht wegzudenken ist der psychosoziale Aspekt einer kieferorthopädischen Frühbehandlung: Die Gesichtsästhetik kann positiv beeinflusst werden, selbst wenn eine später Operation unumgänglich ist. Wesentlich ist auch hier, die Eltern müssen – nicht zuletzt für bestmögliche Kooperation - über das Prozedere im Detail aufgeklärt werden.
Früherkennung von krankhaften Veränderungen
Bereits frühzeitig können Veränderungen im Bereich der Mundhöhle auftreten. Über angeborene Fehlbildungen, Syndrome, Infekte, aber auch Zysten und Tumore hat Univ. Doz. Dr. Johann Beck-Mannagetta Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde – Zweigverein Salzburg, bei der Tagung referiert. Zahnarzt, Allgemeinmediziner und Kinderarzt spielen bei der Früherkennung von krankhaften Veränderungen im Mundbereich von Kindern und Jugendlichen eine große Rolle. Häufig ist hier eine fachübergreifende Zusammenarbeit sowohl bei Diagnose also auch bei Therapie erforderlich. Das Eingehen auf die Ängste der Kinder, aber auch der Eltern, verlangt mitunter ein hohes Maß an Geduld und Einfühlungsvermögen.
Erstmals Dentalausstellung
In den Pausen hatten die Tagungsteilnehmer die Gelegenheit sich bei der Dentalausstellung über neueste Produkte und Entwicklungen am Dentalmarkt zu informieren. Auch im kommenden Jahr soll wieder eine wissenschaftliche Tagung zu „Standards in der Kinderzahnheilkunde“ stattfinden.
Mag. Ulrike Bauer
September 2009
Fotos: Oberösterreichische Gebietskrankenkasse