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Hodentorsion: Schmerzhafte Verdrehung

Hodentorsion: Schmerzhafte VerdrehungWenn sich der Hoden um die eigene Achse dreht, kann dies schwerwiegende Folgen haben. Die auch als Hodentorsion bezeichnete Erkrankung führt nämlich zur Minderdurchblutung des Gewebes. Wird die Verdrehung nicht innerhalb von wenigen Stunden behoben, kann der Hoden absterben. Dr. Marcus Riccabona kennt die Ursachen einer Hodentorsion und erklärt, durch welche Symptome sie sich äußert.

Unter einer Hodentorsion versteht man die Drehung von Hoden und Samenstrang innerhalb des Hodensacks um die Längsachse. Ursache ist eine abnormale Beweglichkeit, die allerdings schwerwiegende Folgen haben kann: „Wird die Hodentorsion nicht sofort behandelt, kommt es zum sogenannten hämorrhagischen Infarkt“, erklärt Prim. Univ.-Doz. Dr. Marcus Riccabona, ärztlicher Leiter der Abteilung für Kinderurologie des Krankenhauses der Barmherzigen Schwestern in Linz. Die Drehung des Hodens führt zur Unterbrechung der arteriellen Blutzufuhr. Bereits nach wenigen Stunden kann dadurch das Gewebe absterben (Nekrose). Im schlimmsten Fall ist dann eine Entfernung des betroffenen Hodens notwendig. „Eine Hodentorsion kann grundsätzlich in jedem Alter auftreten. Es gibt jedoch zwei Altersgipfel: Zum einen um die Geburt und die ersten zwei Lebensjahre, und zum anderen bei Jugendlichen zwischen dem zwölften und 20. Lebensjahr“, so der Urologe. Die Ursachen sind nicht immer eindeutig: So kann die Hodentorsion nach einer plötzlich drehenden Bewegung etwa beim Fußballspielen oder Radfahren auftreten. Auch eine spontane Torsion ohne erkennbare Ursache, beispielsweise im Schlaf, ist möglich.

Bei akuten Hodenschmerzen sofort zum Arzt

Hodentorsion: Schmerzhafte VerdrehungBesonders typisch für eine Hodentorsion ist ein plötzlich auftretender Schmerz der betroffenen Hodensackhälfte. „Der Schmerz kann auch in die Leiste oder in den Unterbauch ausstrahlen, was eine Verwechslung mit einer Blinddarmentzündung möglich macht“, ergänzt der Mediziner. Später können eine Rötung und Schwellung auftreten. In einigen Fällen leiden die Betroffenen auch unter Übelkeit oder Erbrechen. Darüber hinaus ist der betroffene Hoden sehr druckempfindlich. Zusätzlich verstärkt sich der Schmerz, wenn er angehoben wird. In der Fachsprache wird dieser Umstand als negatives Prehn-Zeichen bezeichnet. Wie Eltern die Verdrehung bei Säuglingen erkennen können, erklärt der Mediziner: „Wird beim Wickeln der Kinder eine Rötung des Hodens festgestellt und sind die Kleinen unruhig oder schreien sehr viel, kann dies auf eine Hodentorsion deuten.“


 

Verwechslung mit Entzündung

All diese Symptome liefern dem Arzt wichtige Hinweise zur Diagnosestellung. Neben einer Tastuntersuchung führt der Spezialist – ein Urologie, Kinderchirurg oder Kinderurologe – auch eine Ultraschalluntersuchung des Hodens durch. Mit Hilfe der Doppler-Sonographie kann der gestörte oder unterbrochene Blutfluss dargestellt werden. Eine Hodentorsion lässt sich aber nicht immer eindeutig diagnostizieren. Oft auch deswegen, weil einige Betroffen aus Scham nicht sofort einen Arzt aufsuchen: „Am häufigsten wird eine Hodentorsion mit einer Entzündung verwechselt. Es werden Antibiotika verabreicht, die jedoch keine Besserung der Schmerzen bewirken. Wird die richtige Diagnose dann gestellt, ist es in einigen Fällen aber schon zu spät und der Hoden ist bereits abgestorben“, erklärt Riccabona.

Therapie kurzfristig notwendig

Die Hodentorsion stellt damit einen urologischen Notfall dar: Eine Therapie muss so rasch wie möglich eingeleitet werden, um den Hoden zu erhalten. Ist eine sogenannte Detorsion innerhalb von sechs bis acht Stunden möglich, bleiben meist keine Schäden zurück und der Hoden erholt sich wieder. Wird die Hodentorsion erst später behandelt, kann das Gewebe aufgrund der eingeschränkten Durchblutung Schaden nehmen. Im schlimmsten Fall führt dies sogar zum Verlust des Hodens. Die Detorsion erfolgt mittels eines einfachen operativen Eingriffs. „Dabei werden über einen kleinen Schnitt am Hodensack die Hodenhüllen eröffnet und der Hoden wird wieder in seine normale Position gebracht.“ Zwei Nähte halten ihn dann an der Innenseite des Hodensackes. Diese operative Fixierung wird in der Medizin als Orchidopexie bezeichnet und soll eine erneute Verdrehung verhindern. Als vorbeugende Maßnahme wird der Eingriff häufig auch am anderen Hoden vorgenommen.

Silikonprothesen in unterschiedlichen Größen

Ist das Gewebe bereits geschädigt und eine Hodenentfernung unumgänglich, kann eine Hodenprothese eingesetzt werden. „Besonders für Jugendliche stellt der Verlust des Hodens in einigen Fällen eine Belastung dar. Es gibt jedoch sehr gute Silikonprothesen in unterschiedlicher Größe, die sich optisch kaum von einem echten Hoden unterscheiden. Mit dem Einsatz wartet man bei Kindern allerdings solange, bis sie selbst darüber entscheiden können“, sagt Riccabona. Wurde ein Hoden entnommen, übernimmt der andere, gesunde die Produktion von Testosteron und Samen in ausreichender Menge und Qualität. Die Zeugungsfähigkeit bleibt damit erhalten.

MMag. Birgt Koxeder
März 2012


Foto: Bilderbox, Kinderurologie Linz

Zuletzt aktualisiert am 11. Mai 2020