Schwindelerkrankungen sind meist gut behandelbar. Sie stehen in der Früh auf und alles dreht sich. Und es wird auch in den nächsten Tagen nicht besser. Keine Angst – das ist wahrscheinlich ein Lagerungsschwindel, den Sie ganz leicht wieder loswerden können.
Schwindel ist eine gut zu diagnostizierende und gut zu behandelnde Erkrankung“, sagt Dr. Franz Schautzer, Leiter der Schwindelambulanz am LKH Villach. „Es gibt zwei Formen, den Drehschwindel und den Schwankschwindel. Gleichgewichtsprobleme, die vor allem im Alter auftreten können, haben mit einer Schwindelerkrankung wenig zu tun.“
Für eine Diagnose muss man wissen, wann der Schwindel das erste Mal aufgetreten ist, wie lang er angehalten hat und ob es Auslöser dafür gegeben hat. Der benigne periphere paroxysmale Lagerungsschwindel (gutartiger Lagerungsschwindel) ist die mit Abstand häufigste Variante. „Bettschwindel“ nennt ihn Dr. Schautzer, „weil er meist dann auftritt, wenn Sie sich im Bett von der einen auf die andere Seite drehen“. Schuld daran sind Steinchen, die Otolithen, die im Gleichgewichtsorgan im Ohr sitzen. Sie können durch die Drehung in einen Bogengang des Ohres rutschen und so den Gleichgewichtssinn irritieren.
„Das ist nichts Tragisches. Es kann jedem passieren, mit zunehmendem Alter häufiger“, sagt der Experte. Rund ein Drittel der Patienten der Villacher Schwindelambulanz kommt wegen des Lagerungsschwindels. Sie können durch ein einfaches Befreiungsmanöver geheilt werden. Der Arzt bringt mit einer raschen Bewegung die Otolithen wieder an die richtige Stelle. Die Symptome, die den Patienten möglicherweise schon längere Zeit geplagt haben, sind sofort weg. Wer Glück hat, bei dem rollen die Steinchen ganz von selbst wieder dorthin, wo sie hingehören. Der Schwindel hört wieder auf, kann aber Ausgangspunkt für eine andere Schwindelerkrankung sein, den „phobischen Schwankschwindel“. Dabei lösen Angstgefühle den Schwindel aus. Dr. Franz Schautzer: „Diese Patienten beobachten gebannt ihr Gleichgewichtssystem, das verstärkt nur die Symptome. Das Gleichgewichtssystem funktioniert automatisch. Wenn wir versuchen, es zu kontrollieren, wird uns schwindelig.“ Diese Form sollte mit Verhaltens- und Psychotherapie behandelt werden.
Immun-Angriff
Eine weitere Schwindelerkrankung ist der Morbus Menière. Sie entsteht wahrscheinlich durch einen autoimmunologischen Prozess – das Immunsystem greift körpereigene Substanzen im Innenohr an – und kommt aus heiterem Himmel, häufig auch in Verbindung mit einem Tinnitus. Wird der Morbus Menière nicht behandelt, kann er langfristig zur Taubheit führen. Hoch dosierte Betahistin-Präparate haben sich als Therapie bewährt.
Bei der Neuritis vestibularis, dem akuten Ausfall des Gleichgewichtsorgans, ist meist eine stationäre Aufnahme erforderlich. Die Schwindel-Attacken sind so heftig, dass der Patient oft nicht weiß, wo oben und unten ist, häufig begleitet von Übelkeit und Erbrechen. Ursache ist die Entzündung des Gleichgewichtsnervs. Die Patienten bekommen kurzfristig Cortison verabreicht. Dazu sollte so rasch wie möglich mit dem Training des Gleichgewichts begonnen werden. Dr. Schautzer: „Wir geben den Patienten eine CD mit, damit sie zu Hause jeden Tag üben können.“
Monika Unegg
Juli 2010
Foto: Bilderbox, privat
Kommentar:
OA Dr. Franz Schautzer
Leiter der Schwindelambulanz, Abteilung für Neurologie und Psychosomatik, LKH Villach