Volkskrankheit Karpaltunnelsyndrom: 16.000 Operationen pro Jahr. Der Karpaltunnel, durch den Sehnen der Fingerbeugemuskeln und der Medianus-Nerv geführt werden, liegt in der Handwurzel.Wenn es für den Nerv in diesem Tunnel zu eng wird, spricht man vom Karpaltunnelsyndrom.
Der Karpaltunnel liegt an der Innenseite der Hand am Übergang zwischen Unterarm und Hand. Von den Mittelhandknochen wird dort eine Rinne gebildet, die durch eine darüber liegende Bindegewebsplatte, das Retinaculum flexorum, zu einem Tunnel gemacht wird.
Für Feingefühl verantwortlich
Eine Reihe von Gründen kann dazu führen, dass der Medianus-Nerv, der für das Feingefühl an Daumen, Zeige- und Mittelfinger verantwortlich ist, eingeengt, irritiert und in seiner Funktion gestört wird. Zu dieser Einengung können chronische Schwellungen in diesem Bereich genauso führen wie Entzündungen oder eine Verrenkung der Handwurzelknochen. Die Folgen dieser Nervenkompression sind für die Patienten sehr unangenehm: Vom Kribbeln und Brennen in den Fingern über heftige Schmerzen besonders in der Nacht bis zu einen Taubheitsgefühl und dem Verlust der Griffstärke. In den meisten Fällen kommt den Patienten in Daumen, Zeige- und Mittelfinger das Feingefühl abhanden. Das Karpaltunnelsyndrom kommt meist in mittlerem und höherem Lebensalter vor. Frauen sind häufiger betroffen als Männer.
Drei Prozent der Operationen
Unter dem Karpaltunnelsyndrom leiden deutlich mehr Menschen als man annehmen würde. Das hat eine Untersuchung an der Unfallchirurgischen Abteilung des Krankenhauses Amstetten deutlich aufgezeigt. Der dortige Leiter Primarius Dr. Andreas Pachucki: "In den rund 250 chirurgisch tätigen Krankenhausabteilungen Österreichs werden pro Jahr etwa 16.000 Patienten mit Karpaltunnelsydrom operiert. Das sind drei Prozent aller Operationen. Man übertreibt daher nicht, wenn man von einer Volkskrankheit spricht." Im Anfangsstadium und wenn noch keine neurologischen Ausfälle bestehen, kann die Nervenkompression mit konservativen Maßnahmen behandelt werden. Mit einer Unterarmschiene wird das Handgelenk ruhig gestellt, akute Schmerzen werden mit einem Lokalanästhetikum bekämpft, Schwellungen mit Cortison. Bei schwereren Irritationen des Medianus-Nervs sowie bei chronischem Karpaltunnelsyndrom kommt man allerdings um einen operativen Eingriff nicht umhin.
Tunnelarbeit
Unter lokaler Betäubung wird dabei das Retinaculum flexorum durchtrennt, um so dem Nerv wieder mehr Freiraum zu lassen. Der so befreite Nerv braucht je nach Schwere des Falls einige Zeit, um wieder vollständig zu regenerieren und die Engstelle aufzulösen. Primarius Pachucki: "Der Medianus-Nerv ist in manchen Fällen richtig eingeschnürt und schaut an dieser Stelle wie eine Sanduhr aus. Je länger man mit dem Eingriff zuwartet, desto länger braucht der Nerv nachher zur Regeneration." Im Normalfall normalisiert sich die Lage innerhalb weniger Wochen – die Schmerzen hören auf und das Feingefühl der Finger kommt wieder ganz zurück. Zu lange sollte man sich mit dem Eingriff allerdings nicht Zeit lassen. Dann drohen nämlich Dauerschäden. Andreas Pachucki: "Wir müssen leider beobachten, dass in vielen Fällen zu lange mit der Operation gewartet wird. Wenn der Nerv zu lange und zu intensiv geschädigt wird, sind dauerhafte Ausfälle möglich."
Heinz Macher
April 2006
Foto: deSign of Life, privat
Kommentar
Prim. Dr. Andreas Pachuck
Leiter der Unfallchirurgischen Abteilung, KH Amstetten