Ein einfacher Spaziergang ist mit Schmerzen verbunden und selbst das Stehen bereitet Betroffenen Probleme. Grund dafür kann eine erworbene oder angeborene Einengung des Wirbelkanals sein: Die Nervenfasern leiden unter dem „Platzmangel“, was Beschwerden hervorruft. Welche Ursachen diese als spinale Stenose bezeichnete Erkrankung hat, erklärt Dr. Michael Lehner, Neurochirurg an der Landes-Nervenklinik Wagner-Jauregg in Linz.
Bei der spinalen Stenose – auch als Spinalkanal- oder Wirbelkanalstenose bezeichnet – handelt es sich um eine Einengung des Wirbelkanals. „Das ist der von knöchernen und bindegewebigen Elementen der Wirbelsäule umschlossene Raum, in dem das Rückenmark beziehungsweise die Nervenfasern, sogenannte Nervenwurzeln, verlaufen“, erklärt Dr. Michael Lehner von der neurochirurgischen Abteilung der Landes-Nervenklinik Wagner-Jauregg in Linz. Im Normalfall ist dort genügend Platz. Bei einigen Menschen allerdings ist der Wirbelkanal nicht breit genug und die Nerven werden eingedrückt. Doch damit nicht genug: Es können sich auch Knochenneubildungen (Osteophyten) im Bereich der Wirbelgelenke bilden, die den Wirbelkanal noch enger werden lassen.
Verschleißerscheinungen an den Wirbeln
Warum der Wirbelkanal nicht mehr ausreichend Platz bietet, hat verschiedene Ursachen. „Meist handelt es sich um eine erworbene Erkrankung des höheren Lebensalters, die durch degenerative Veränderungen an den Wirbelgelenken, den Facettgelenken, hervorgerufen wird. Zusätzlich können Verdickungen von Bändern im Bereich der Wirbelsäule oder Bandscheibenvorwölbungen oder –vorfälle zu einer spinalen Stenose führen“, so Lehner. Aber auch Instabilitäten der Wirbelsäule, die verschiedene Ursachen haben wie Verletzungen oder Operationen sowie degenerative Veränderungen können mit einer Wirbelkanalstenose einhergehen. Selten besteht eine angeborene Enge des Spinalkanals. Am häufigsten betroffen ist übrigens die Lendenwirbelsäule.
Schmerzen beim Gehen und Stehen
Ist der Wirbelkanal zu eng, bleibt das nicht ohne Folgen: Rückenmark und Nervenfasern werden zusammengedrückt, was vielfältige Beschwerden verursachen kann. Sie treten meist aber nicht plötzlich auf, sondern entwickeln sich über einen längeren Zeitraum. „Typisch bei einer Stenose im Bereich der Lendenwirbelsäule ist eine sogenannte Claudicatio spinalis-Symptomatik. Darunter versteht man unter Belastung auftretende Schmerzen, die von der Wirbelsäule in die Beine ausstrahlen“, erklärt der Facharzt für Neurochirurgie. Die Beschwerden treten vor allem beim Gehen oder Stehen auf. Das kann dazu führen, dass Betroffene nur noch kurze Wegstrecken zurücklegen können. Die Schmerzen bessern sich nämlich beim Sitzen. Die Einengung der Nerven kann darüber hinaus Sensibilitätsstörungen, also ein Taubheitsgefühl oder Kribbeln begünstigen. Einige Betroffene leiden zudem unter einer Beinschwäche. In schweren Fällen kann es auch zu Blasenentleerungsstörungen kommen. Daneben bestehen häufig lage- und bewegungsabhängige Schmerzen im Bereich der Lendenwirbelsäule. Liegt eine Stenose im Halswirbelsäulenbereich vor, können Gangstörungen und in schweren Fällen sogar querschnittsartige Symptome wie etwa Lähmungen oder Gefühlsstörungen auftreten.
Operation bei anhaltenden Schmerzen
Wie lässt sich eine Wirbelkanalstenose behandeln? Lehner: „Die Behandlung reicht von konservativen Methoden wie einer medikamentösen Schmerztherapie oder physikalischen Maßnahmen bis hin zur Operation. Sie ist vor allem bei anhaltenden Schmerzen sowie beim Auftreten von neurologischen Ausfällen wie einer Lähmung oder Blasenstörung oder bei einer Rückenmarkskompression, also einem Druck auf das Rückenmark durch die bestehende Stenose, notwendig.“ Der Eingriff wird auch als selektive Dekompression bezeichnet. Dabei werden die Knochenwucherungen, die den Wirbelkanal einengen, abgetragen. In einigen Fällen ist auch ein stabilisierender Wirbelsäuleneingriff notwendig. Neben allgemeinen Operationsrisiken wie Nachblutung oder Infektion, besteht bei Eingriffen an der Wirbelsäule die Gefahr von Nerven- bzw. Rückenmarksverletzungen. „Das Risiko schwerer Komplikationen ist allerdings, abhängig vom Eingriff, Lebensalter und Allgemeinzustand, als gering einzustufen, so dass solche Operationen insgesamt als sicher zu bezeichnen sind“, sagt Lehner.
Vorbeugung: Abbau von Übergewicht
Auf die Frage, wie man die Einengung des Wirbelkanals verhindert, antwortet der Mediziner: „Eine absolut wirksame Vorbeugemaßnahme existiert leider nicht. Abbau von Übergewicht, regelmäßige Bewegung und Krankengymnastik zum Training der Rückenmuskulatur sind Maßnahmen, die zu einer Entlastung bzw. Unterstützung der Wirbelsäule führen.“
MMag. Birgit Koxeder
November 2011
FOTO: bilderbox, Landes-Nervenklinik Wagner-Jauregg