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Lungenhochdruck: Unterschätzte Gefahr

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Lungenhochdruck wird oft zu spät erkannt. Der "Österreichische Selbsthilfeverein Lungenhochdruck" gibt an, dass 60 Prozent der Herz- und Bluthochdruckfälle sowie die Mehrzahl aller ungeklärten Herzinfarkte, aber auch 90 Prozent aller plötzlichen Kindstode auf Lungenhochdruck zurückzuführen sind.

Lungenhochdruck entsteht schleichend. In der Lunge wird unser Blut mit Sauerstoff angereichert. Den Transport dorthin erledigt die rechte Herzhälfte, die wie eine Pumpe ständig frisches Blut nachliefert. In der Lunge herrscht normalerweise fast kein Druck. So kann das Blut gut zwischen der rechten Herzhälfte und der Lunge fließen. Steigt der Lungendruck an, wird dieses sensible Gleichgewicht gestört. Die kleinen Ästchen der Lungengefäße ziehen sich zusammen. Das Blut kann nicht mehr in die blockierten Teile der Lunge gelangen. Die rechte Herzhälfte muss daher ständig gegen einen Widerstand pumpen, ist überfordert und vergrößert sich immer mehr. Das kann schließlich bis zum gefährlichen Infarkt der rechten Herzhälfte führen.

Ursachen im Dunkeln

Die Medizin unterscheidet zwischen einer primären und einer sekundären pulmonalen Hypertonie. Beim primären Lungenhochdruck ist die Ursache der Krankheit unbekannt. Hier tappt die Wissenschaft noch im Dunkeln. Möglicherweise könnten Viren den Lungenhochdruck auslösen; auch eine familiäre Disposition wird vermutet. Die primäre pulmonale Hypertonie ist selten und trifft nur einen Menschen unter einer Million. Vor allem Frauen im frühen oder mittleren Lebensalter erkranken daran. Die sekundäre pulmonale Hypertonie entsteht als Folge einer anderen Krankheit. Eine Herzinsuffizienz, eine Lungenerkrankung oder Lungenembolie oder andere Faktoren führen zum Lungenhochdruck. Man schätzt, dass bis zu einem Prozent der Bevölkerung – und hier gleichermaßen Männer wie Frauen – betroffen sind.

Wenig beachtetes Leiden

Trotz dieser hohen Zahlen ist der Lungenhochdruck in der Medizin ein wenig beachtetes Leiden. Das liegt zum einen daran, dass viele Lungenhochdruck-Patienten fälschlicherweise wegen einer reinen Herzschwäche behandelt werden. Viele Fälle von pulmonaler Hypertonie werden gar nicht als solche erkannt und daher auch nicht ausreichend behandelt. Die typischen Wucherungen in der Lunge findet der Arzt nur, wenn er gezielt danach sucht. Zum anderen sehen viele Ärzte diese Krankheit als unbehandelbar an, mit der Lungentransplantation als letztem Ausweg.


Neue Behandlungsform

Das stimmt so nicht mehr, denn seit kurzer Zeit gibt es neue Behandlungsmöglichkeiten. An der Klinischen Abteilung für Pulmologie am Wiener AKH wurde unter Univ.-Prof. Dr. Lutz-Hennig Block die möglicherweise wirksamste medikamentöse Therapie bei Lungenhochdruck entdeckt: Das entzündungshemmende Neuropeptid VIP ist ein körpereigenes Hormon, das die Krankheit erstmals stoppen könnte und möglicherweise sogar Rückbildungen zulässt. Das Medikament wird inhaliert, hat praktisch keine Nebenwirkungen und scheint auch vielversprechend bei der Behandlung der Lungenerkrankung COPD.

Dr. Regina Sailer 

April 2006


Foto: deSign of Life


Warnung vor 'Schlankheitspillen'

Lungenhochdruck kann eine Nebenwirkung der Einnahme von Appetitzüglern, Lösungsmitteln und Drogen sein. Diese Stoffe schädigen ebenso wie Autoimmunerkrankungen oder Infektionen die empfindlichen Lungengefäße.

Vor allem bestimmte Arten von Appetitzüglern scheinen eine Gefahrenquelle zu sein. Ende der 60er bis Anfang der 70er Jahre erlebten Österreich, Deutschland und die Schweiz durch das Schlankheitsmittel Aminorex eine regelrechte Lungenhochdruck-Epidemie. Jeder zweite Patient starb in Folge. Trotz dieser dramatischen Ereignisse gab es in Europa vor wenigen Jahren erneut einen Ausbruch von Lungenkrankheit. Wiederum waren Appetitzügler — diesmal der Marke Dexfenfluramin und Fenfluramin — die Ursache. Beide Medikamente wurden 1997 vom Markt genommen.

Der bedenkliche Wirkstoff Nitroso-Fenfluramin wird auch heute noch über das Internet angeboten und zwar in Form von angeblich Wunder wirkenden chinesischen "Schlankheitspillen"! Vor allem die als "rein pflanzlich" bezeichneten Kapseln "Shubao — Slimming Capsules" sollen nach einer aktuellen Warnung deutscher Verbraucherschützer den gesundheitsschädigenden Wirkstoff enthalten, obwohl er nicht angegeben werde. Aus Asien wurden bereits 160 Erkrankungen und fünf Todesfälle bekannt!



Kommentar

"Das Leitsymptom einer Lungenhochdruckerkrankung ist die Kurzatmigkeit, speziell unter körperlicher Belastung. Der Lungenhochdruck ist eine Lungenerkrankung und keine kardiale Krankheit. Die Diagnose wird letztlich durch sogenannte Rechtsherzkatheter-Untersuchungen gestellt, die sowohl vom Lungenfacharzt als auch vom Kardiologen vorgenommen werden."
Univ.-Prof. Dr. Lutz-Henning Block
Leiter der Klinischen Abteilung für Pulmologie, Universitätsklinik Wien

Zuletzt aktualisiert am 13. November 2020