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Stuhlinkontinenz - Tabuthema

Stuhlinkontinenz - TabuthemaKeiner spricht aus Scham gerne darüber, laut der Medizinischen Kontinenz Gesellschaft Österreich (MKÖ) leidet ab dem 65. Lebensjahr jeder zehnte Mensch an Darmschwäche, auch Stuhlinkontinenz genannt.

Inkontinenz stellt laut MKÖ für ältere Menschen einen der Hauptgründe für eine Übersiedelung in ein Alten- oder Pflegeheim dar. Der Schweregrad reicht von geringer Verschmutzung der Unterwäsche bis zum massiven Verlust von flüssigem oder festem Stuhl. Wenn der Schließmuskel des Enddarmes nicht mehr in der Lage ist, Stuhl mit Sicherheit beziehungsweise vollständig zu halten, sollten die Gründe abgeklärt werden. Häufige Ursachen für unfreiwilligen Stuhlabgang können eine Verletzung oder Schwäche des Schließmuskels, etwa als Spätfolge nach einem Dammschnitt oder Dammriss bei einer Geburt, Durchfall auf Grund chronischer Darmerkrankungen, körperliche Abbauprozesse aber auch Veränderung der Darmschleimhaut, Hämorrhoiden, falsche Ernährung, Übergewicht oder eine Krebserkrankung sein.

Schweigen aus Scham

Die Sache an sich ist den Betroffenen meist oft so peinlich, dass sie sich aus Scham in die soziale Isolation zurückziehen. Nicht selten führt das zu Vereinsamung und Depression. Für Patienten mit Stuhlinkontinenz gibt es jedoch zahlreiche wirksame Hilfen und Therapien, vorausgesetzt, sie suchen ärztliche Hilfe auf. Die Behandlung hängt von der Ursache der Darmschwäche ab und wird individuell abgestimmt. Neben einer Stuhlgangregelung durch Diät, Medikamente und Toilettentraining war bislang oft ein chirurgischer Eingriff unumgänglich.

Injektionstherapie statt Operation

Bei intaktem, jedoch schwachem Schließmuskel bietet die Chirurgische Abteilung im Krankenhaus der Barmherzigen Schwestern in Wien derzeit als einziges Krankenhaus in Österreich eine neue Behandlungsmethode an. Wenn eine Operation aus gesundheitlichen Gründen nicht möglich ist oder bei intaktem jedoch schwachem Schließmuskel bietet sich die sogenannte „Injektionstherapie“ mit dem Wirkstoff Solesta als Alternative an. Solesta ist eine zähflüssige Substanz aus stabilisierter Hyaluronsäure und Polysacchariden. Der Stoff wird in und um den Schließmuskel injiziert. Dort verfestigt er sich und bildet kleine Polster, die den Schließmuskel abdichten helfen. Die Behandlung ist komplikationslos, schmerzarm und eine Narkose ist nicht notwendig. Solesta hält rund fünf Jahre und kann laut Experten mehrmals injiziert werden. Die Mediziner raten, eine Darmschwäche in jedem Fall ernst zu nehmen und sich aus falscher Scham nicht unnötig die Lebensqualität einschränken zu lassen, sondern Hilfe in Anspruch zu nehmen.


Isabella Minniberger, MAS
Mai 2010


Foto: Bilderbox

Zuletzt aktualisiert am 11. Mai 2020