Wenn wir abends müde nach Hause kommen und die Katze zum Streicheln auf den Schoß nehmen, tut das nicht nur der Katze gut. Das Schnurren der Katze hat auf uns nämlich eine unglaublich entspannende Wirkung.
Der Herzschlag verlangsamt sich, der Blutdruck sinkt und der Atem geht gleichmäßiger. Auch den Knochen der Katzenbesitzer geht es gut. Beim Schnurren entstehen Vibrationen zwischen 20 und 30 Hertz, genau die richtige Frequenz, um Knochen wachsen oder heilen zu lassen. Aus diesen und noch vielen weiteren Gründen werden nicht nur Katzen gerne in der Therapie eingesetzt.
Tiere haben keine Vorurteile
Menschen fällt es oft leichter auf Tiere zuzugehen als auf andere Menschen. Es ist nicht nötig, einem Tier zu erklären, warum man traurig ist, warum man im Rollstuhl sitzt oder dass man blind ist. Das Tier geht auf den Menschen zu, ohne ihn zu beurteilen. Die einfache Überwindung der unsichtbaren Mauern, die Menschen um sich herum aufbauen, schaffen so nur Tiere. Ihr Umgang ist immer natürlich. Das erkannte auch schon Leonardo da Vinci vor 500 Jahren: „Die Mitteilungsmöglichkeit des Menschen ist gewaltig, doch das meiste, was er sagt, ist hohl und falsch. Die Sprache der Tiere ist begrenzt, aber was sie damit zum Ausdruck bringen, ist wichtig und nützlich. Jede kleine Ehrlichkeit ist besser als eine große Lüge.“
Kyra und Bea
Weil man Hunde entsprechend trainieren kann, werden sie besonders gern in Therapien eingesetzt. Vor allem alte und kranke Menschen und körperlich und/oder geistig behinderte Menschen haben große Freude an den Vierbeinern. Der Verein „Tiere als Therapie“ (TAT) der Veterinärmedizinischen Universität Wien erzählt von der erfolgreichen Therapie mit Hündin Kyra. Kyra arbeitet seit einem Jahr mit Bea, einem zehnjährigen spastischen Mädchen, das von Geburt an blind ist und gelegentlich unter epileptischen Anfällen leidet. Mit Kyra als Stütze schafft sie es ein paar Schritte zu gehen, ansonsten sitzt sie im Rollstuhl.
Um die Armmuskeln zu trainieren wirft sie der Hündin Bälle zu. Das stärkt auch ihr Selbstbewusstsein. Manchmal spielen das Mädchen und der Hund sogar im Pool. Die Therapie ist für Bea zu einem Fixpunkt geworden, auf den sie sich immer sehr freut. Auch für ihre Mutter ist es eine Entlastung, weil sie sich während der Therapiestunden erholen darf.
Hunde in der Psychiatrie
In der Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie am Landeskrankenhaus Vöcklabruck haben die Ärzte seit einiger Zeit drei tierische Helfer. Durch die Anwesenheit der Hunde ist bei den Patienten eine deutliche Motivationssteigerung und Verbesserung der Stimmung zu beobachten. Depressive Menschen zeigen ein Antriebssteigerung und schizophrene Patienten konnten ihre Körperwahrnehmung verbessern. Die Hunde schaffen es, einen Zugang zu sehr verschlossen Menschen zu finden und deren Vertrauen zu gewinnen. Dadurch entsteht auf der ganzen Station eine sehr entspannte Atmosphäre. Die drei Hunde wurden beim Verein TAT ausgebildet, es wird darauf geachtet, dass auch sie sich wohlfühlen.
Studien beweisen Erfolg
1982 untersuchte Erika Friedmann aus den USA die Wirkung von Tieren bei Herzerkrankungen. Sie wollte herausfinden, wie und ob sich der Besitz von Tieren auf den Gesundheitszustand auswirkt. Es stellte sich heraus, dass Hundebesitzer eine bis zu fünffach erhöhte Überlebensrate aufweisen. Mittlerweile zeigen neue fundierte wissenschaftliche Studien, dass mit Hilfe von Tieren Personen besser auf Medikamente ansprechen, der Blutdruck und die Pulsfrequenz gesenkt werden und dass die Tiere allgemein sehr beruhigend wirken. Weil auch Erfolge nach Schlaganfällen, Demenz, Sprach- und Bewegungsstörungen und Depressionen sichtbar sind, werden Hunde dementsprechend oft im geriatrischen Bereich eingesetzt.
TAT
Der Verein „Tiere als Therapie“ beschäftigt sich nun schon seit 25 Jahren mit dem Thema und bildet Therapietiere aus. Die Geschäftsführerin Helga Widder ist überzeugt von der alternativen Methode: „Mein Resümee aus vielen Jahren Erfahrung in der tiergestützten Arbeit ist: Besonders für Menschen in schwierigen Lebenssituationen können Tiere eine große Bereicherung und Förderung darstellen. Die zunehmenden wissenschaftlich bestätigten Erkenntnisse sollten in der Praxis Beachtung finden und tiergestützte Therapie mit gut ausgebildeten Teams sollte nicht nur selbstverständlich sein, sondern standardmäßig eingesetzt werden und öffentlich anerkannt werden.“
Der Verein betreut auch den Universitätslehrgang „Ausbildung zur akademisch geprüften Fachkraft für tiergestützte Therapie und tiergestützte Fördermaßnahmen“. Damit ist bietet die Veterinärmedizinische Universität Wien als einzige Universität in Europa diese Ausbildung an.
Keine Nebenwirkungen
Nicht nur Haustiere helfen bei der Behandlung von Patienten, auch die Therapie mit Pferden (Hippotherapie) ist sehr beliebt. Auch exotischere Tiere wie etwa Delfine zeigen sich einzigartig im Umgang mit Menschen.
„Und jetzt noch der Hinweis auf den Beipackzettel – Tiergestützte Therapie hat keine unerwünschten Nebenwirkungen“, so Helga Widder abschließend.
Katharina Bittmann
August 2012
Foto: Bilderbox