Verschließt sich eines oder mehrere Gefäße der Lunge, kann das zu fehlender Durchblutung bestimmter Lungenabschnitte führen. Im schlimmsten Fall führt dies zum Absterben von Lungengewebe, auch als Lungeninfarkt bezeichnet. „Dieser beginnt meist in den Beinen. Dort bildet sich ein Blutgerinnsel, ein sogenannter Thrombus, und wandert nach oben in den Lungenkreislauf, wo er stecken bleiben und zu einer Lungenembolie führen kann“, erklärt Prim. Univ.-Prof. Dr. Michael Studnicka, Vorstand der Universitätsklinik für Pneumologie der Paracelsus Medizinischen Privatuniversität Salzburg. Die Lungenembolie stellt in gewisser Weise die Vorstufe des Lungeninfarktes dar. „Im Jahr 2011 wurden in Österreich knapp 9.000 Personen mit dieser Diagnose im Krankenhaus aufgenommen“, so der Mediziner.
Blutgerinnsel verstopft Arterie
In den überwiegenden Fällen stammen die Blutgerinnsel also aus dem tiefen Venensystem der unteren Gliedmaßen. Doch wie entsteht ein Thrombus überhaupt? Blutgerinnsel können etwa nach Verletzungen oder Operationen auftreten. Auch einige Krebspatienten haben ein erhöhtes Thromboserisiko. Zudem können – wenn auch selten – Fruchtwasser, Gewebeteile, Luftblasen oder Fettpartikel die Lungenarterie „verstopfen“. Neben Schäden an den Gefäßwänden, wie sie bei Krampfadern auftreten können, gilt auch eine längere Bettlägerigkeit als Risikofaktor. „Jede Form der Immobilität führt dazu, dass das Blut langsamer fließt und die Wahrscheinlichkeit für ein Blutgerinnsel erhöht“, erklärt der Primarius.
Mehraufwand fürs Herz
Der Verschluss eines Lungengefäßes – vor allem bei der zentralen Lungenembolie, wo der Thrombus in den Gefäßen nahe beim Herzen sitzt – hat weitreichende Folgen: So kann es zur „Rechtsherzbelastung“ kommen. „Aufgabe der rechten Herzhälfte ist es, das Blut durch die Lunge zu pumpen. Wenn jetzt aber das ‚Rohr‘ verstopft ist, erhöht sich der Arbeitsaufwand. Das kann zu einem Herzkreislaufversagen und zum plötzlichen Herztod führen“, sagt Studnicka.
Bei Erstsymptomen rasch zum Arzt
Zu den Erstsymptomen, die auf eine Lungenembolie oder einen Lungeninfarkt deuten, zählen neben einer plötzlichen Atemnot und Ohnmacht auch Schmerzen im Brustbereich. Husten mit Blutauswurf, Beklemmungs- oder Angstgefühle, Herzrasen sowie eine schnelle Atmung sind ebenfalls möglich. Da die Symptome unspezifisch sind, wurde die Erkrankung früher schwer erkannt und in manchen Fällen erst bei der Obduktion festgestellt. „Dank der Computertomographie ist die Diagnose wesentlich besser geworden, aber auch die Vorbeugung hat sich durch die Gabe von gerinnungshemmenden Medikamenten, etwa nach Operationen und einer längeren Phase der Bettlägerigkeit, verbessert“, weiß der Mediziner. Bei der Diagnosestellung kommen mittlerweile auch Bewertungsskalen zum Einsatz, die die Wahrscheinlichkeit einer Lungenembolie aufzeigen.
Wiederkehrende Lungenembolien
Leider aber tritt eine Lungenembolie selten einmalig auf: „Wir wissen, wenn ein Patient eine Lungenembolie gehabt und diese überlebt hat, dass die Wahrscheinlichkeit, erneut eine zu bekommen, in den Minuten und Stunden nach Auftreten der ersten Lungenembolie am höchsten ist. Die Wahrscheinlichkeit des Wiederauftretens nimmt also vom Zeitpunkt des Erstereignisses ab. Bei einem hochgradigen Verdacht wird daher eine Spritze zur Blutverdünnung gegeben, bevor man weitere Untersuchungen durchführt“, sagt der Primarius.
Medikamente zur Gerinnungshemmung
Unbehandelt kann die Sterblichkeit nach einer Lungenembolie bis zu zehn Prozent betragen, weshalb eine Therapie so schnell wie möglich erfolgen sollte. Zum Einsatz kommen Medikamente, die die Blutgerinnung hemmen. Diese Therapie wird auch als Antikoagulation bezeichnet. „Im Blut herrscht ein ständiges Gleichgewicht zwischen Blutgerinnung und Gerinnselauflösung. So können sich im Körper Gerinnsel bilden, die aber wieder aufgelöst werden. Es kann also durchaus sein, dass man eine Lungenembolie gehabt und der Körper diese selbst aufgelöst hat. Verschiebt sich allerdings dieses Gleichgewicht, hat man eine erhöhte Neigung, Thrombosen zu entwickeln“, erklärt der Lungenfacharzt. Bei einer zentralen Lungenembolie mit Rechtsherzversagen kann auch eine Lysetherapie zur Auflösung des Blutgerinnsels notwendig sein. Studnicka: „Seit kurzem gibt es zudem neue gerinnungshemmende Substanzen, sogenannte DOAKs [Direkte Orale Antikoagulantien], die man oral einnimmt.“
Venenthrombosen vermeiden
Da Lungeninfarkte besonders häufig durch Venenthrombosen – typische Beschwerden sind eine Schwellung, Schmerzen oder ein Spannungsgefühl im betroffenen Bein – hervorgerufen werden, besteht in der Vorbeugung dieser eine wichtige Maßnahme zur Verringerung der Infarkte. „Man sollte daher langes Sitzen vermeiden und etwa im Flugzeug viel trinken und die Beine in Bewegung halten“, rät Studnicka.
MMag. Birgit Koxeder-Hessenberger
Februar 2014
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