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Alzheimer: Bluttest als Diagnoseinstrument

Blätter fliegen vom BaumUS-amerikanischen Forschern ist es gelungen, mithilfe eines neuartigen Bluttests herauszufinden, ob ein noch gesunder Mensch in den nächsten drei Jahren an Alzheimer oder einer leichteren Form der kognitiven Beeinträchtigung erkranken wird, berichtet der ORF auf seiner Wissenschaftsseite.


Über 35,6 Millionen Menschen weltweit leiden an Alzheimer, so der ORF. Bis zum Jahr 2050 werden bereits 115,4 Menschen von der Krankheit betroffen sein, prognostiziert die Weltgesundheitsorganisation (WHO). Sie geht davon aus, dass sich die Zahl der Alzheimer-Patienten alle zwanzig Jahre verdoppelt. Der Umgang mit der rasant steigenden Zahl von Demenzkranken in einer alternden Gesellschaft ist eine der zentralen Herausforderungen für das Gesundheits- und Pflegewesen, stellt der ORF fest. Noch gibt es kein Medikament, das Alzheimer heilt.


Neues Diagnoseisnstrument

US-amerikanische Forscher haben nun ein Diagnoseinstrument entwickeln können, das einen Durchbruch in der Diagnose und in weiterer Folge auch in der Behandlung von Alzheimer bringen könnte. Der neu entwickelte Bluttest kann mit 90-prozentiger Wahrscheinlichkeit erkennen, ob ein gesunder Mensch innerhalb der nächsten drei Jahre an Alzheimer oder einer leichten Form einer kognitiven Beeinträchtigung erkranken wird. Das wird durch zehn Lipide im Blut diagnostiziert, die den Beginn der Krankheit anzeigen.

In den meisten Fällen wird die Diagnose – etwa durch aufwendige und teure Magnetresonanzbilder – erst gestellt, wenn die Krankheit schon ausgebrochen ist. Durch den Nachweis von Spuren im Blut, die auf einen möglichen Ausbruch der Krankheit hinweisen – sogenannte Biomarker – kann unkompliziert und frühzeitig das Risiko erkannt werden und mit einer Therapie begonnen werden.


Therapie im Frühstadium

Die Forscher unter der Leitung von Dr. Howard J. Federoff, Professor für Neurologie am Georgetown University Medical Center, erwarten sich von dem neuen Bluttest vor allem die Möglichkeit von Behandlungs-Strategien, die in einem sehr frühen Stadium der Erkrankung ansetzen. Je früher mit einer Therapie begonnen wird, desto wahrscheinlicher ist es, dass ein Auftreten der Symptome verlangsamt oder gar verhindert werden kann, so die Forscher in einer Aussendung. Bereits in zwei Jahren könnte man mit dem neuen Bluttest so weit sein, dass er in klinischen Studien angewandt werden kann, erwartet das Forscherteam, so der ORF.


Medikamente späte evaluiert

Bisher ist es trotz großer Anstrengung und umfassender Forschung nicht gelungen, Medikamente zu entwickeln, die Alzheimer heilen können. Einen Grund dafür vermutet Federoff darin, dass Alzheimer-Medikamente meist erst in einem zu weit fortgeschrittenen Stadium der Krankheit evaluiert werden.


Bluttests

Von 525 gesunden Patienten im Alter ab 70 Jahren wurden während der fünfjährigen Studie Blutproben genommen. Im Verlauf der Studie wurden 74 Patienten identifiziert, die Kriterien für Alzheimer oder eine leichte kognitive Beeinträchtigung, die eine Schmälerung der Merkleistung mit sich bringt, aufwiesen. Bei 46 dieser 74 Personen wurde bereits am Beginn der Untersuchung eine Diagnose gestellt, 28 Personen entwickelten noch während der Studie eine leichte kognitive Beeinträchtigung oder eine leichte Form von Alzheimer.


Lipide in der Studie identifiziert

Im dritten Jahr der Studie wurden 53 Testpersonen, die eine leichte kognitive Beeinträchtigung oder Alzheimer entwickelten und 53 „kognitiv normale“ Testpersonen, für jene Phase der Studie, in der die „Alzheimer-anzeigenden“ Lipide identifiziert werden sollten, ausgewählt. Dass bestimmte Lipide den Ausbruch von Alzheimer begünstigen, war schon bekannt. Denn zu viele Lipide in der Zellmembran von Neuronen können die Bildung von so genannten Alzheimer-Peptiden begünstigen. Aus diesen Beta-Amyloid Peptiden bestehen wiederum jene Proteinablagerungen im Gehirn, die als zentrale Veränderung im Gehirn von Alzheimer Patienten nachgewiesen werden konnten und somit als Verursacher von Alzheimer gelten, so der ORF.

Durch den Vergleich der Daten der Testpersonen, konnten die Forscher dann ein Set von zehn Lipiden bestimmen, das für den Zusammenbruch der neuralen Zellmembran verantwortlich ist. Diese Fette zeigen somit an, wer später von Alzheimer betroffen sein wird. Im Anschluss wurden die Daten dadurch bestätigt, dass die verbliebenen 21 Testpersonen mit Alzheimer-Symptomen und 20 Kontroll-Personen ebenfalls überprüft wurden. Die anonymisierten Daten zeigten, dass die Personen einzig mithilfe des Auftretens der zehn identifizierten Lipide den richtigen Diagnose-Kategorien zugeordnet werden konnten.


Risiko-Personen durch Screening finden

„Diese Lipide ließen uns mit 90-prozentiger Sicherheit in zwei Gruppen unterscheiden. Jene, die noch über normale, kognitive Fähigkeiten verfügen, aber innerhalb von zwei bis drei Jahren an Alzheimer oder einer leichten kognitiven Beeinträchtigung leiden werden. Und auf der anderen Seite jene, die in naher Zukunft gesund bleiben werden“, so Studienautor Federoff.

Von den Ergebnissen ihrer Studie erhoffen sich die Forscher „einen großen Schritt in der Kommerzialisierung des vorklinischen Bluttests, der hilfreich für ein großflächiges Screening, zur Identifikation von Risiko-Personen sein kann“, so Federoff. In weiterer Folge soll der Bluttest dann dazu beitragen, Therapien zu finden, die ein Ausbrechen von Alzheimer verzögern oder sogar verhindern können, so Federoff.

Die Studie „Plasma phospholipids identify antecedent memory impairment in older adults“ von Howard J. Federoff (Georgetown University Medical Center) und Kollegen erschien (kostenpflichtig) am 09. März 2014 im Journal „Nature Medicine“, berichtet der ORF.


Mag. Christian Boukal

März 2014


Foto: shutterstock

Zuletzt aktualisiert am 11. Mai 2020