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Kniegelenks-Arthroskopie: Kein Nutzen bei Arthrose

Frau hält sich das KnieDer Nutzen der therapeutischen Arthroskopie mit Spülung (Lavage) und gegebenenfalls Entfernung von abgestorbenem Material (Debridement) zur Behandlung einer Arthrose des Kniegelenks (Gonarthrose) ist nicht belegt. Zu diesem Ergebnis kommt ein aktueller Befund des bundesdeutschen Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG). Dazu wurden mehrere Studien untereinander verglichen und bewertet.

 

Für die Patienten ergab sich kein Hinweis für einen Nutzen der therapeutischen Arthroskopie im Vergleich zu beispielsweise Scheinoperationen. Lediglich die Injektion von Glukokortikoiden (Hormone der Nebennierenrinde) in das Kniegelenk schnitt bei der „globalen Bewertung der Symptomatik der Gonarthrose“ schlechter ab als die Arthroskopie.

Zu diesem Ergebnis kommt der im Mai 2014 veröffentlichte Abschlussbericht des IQWiG. Auch eine neue Studie, in der Trainingstherapie unter physiotherapeutischer Aufsicht als Vergleichstherapie eingesetzt wurde, ändert nichts an dieser Bewertung.

Bei einer therapeutischen Kniegelenk-Arthroskopie wird das Kniegelenk gespiegelt und mit Kochsalzlösung gespült; gegebenenfalls werden auch krankhaft veränderte Meniskus- oder Knorpelanteile abgetragen oder geglättet (Debridement). Das soll Beschwerden wie Schmerzen lindern und die Beweglichkeit verbessern.

 

Arthroskopie soll Beschwerden lindern

 

Die Kniegelenk-Arthrose oder Gonarthrose ist eine chronisch fortschreitende Erkrankung, die häufig in beiden Knien zugleich auftritt. Das zunehmende Gelenkversagen ist verbunden mit Veränderungen an der Gelenkstruktur, Schmerzen und verminderter Beweglichkeit. Es erschwert tägliche Aktivitäten wie das Treppensteigen und kann die Lebensqualität mindern. In Deutschland erkranken rund 17 Prozent aller Männer und 27 Prozent aller Frauen im Lauf ihres Lebens an Arthrose, vorwiegend in den Hüftgelenken und Kniegelenken. Zu den Risikofaktoren für die Gonarthrose gehören Alter, Geschlecht, genetische Faktoren und Übergewicht.

 

Große Behandlungsvielfalt

 

Das IQWiG verglich die Arthroskopie mit mehreren anderen Interventionen, darunter Nichtbehandlung, Scheinbehandlung und aktive Behandlungen ohne Arthroskopie, zum Beispiel Injektionen von Glukokortikoiden ins Kniegelenk. Von besonderem Interesse war dabei, wie sich diese Behandlungen auf die täglichen Aktivitäten und die Lebensqualität der Betroffenen auswirken. Aber auch Veränderungen der Symptome und mögliche Nebenwirkungen der Therapien wurden verglichen, zum Beispiel Infektionen nach Operationen.

 

Studien mit Unsicherheiten behaftet

 

Zu dieser Fragestellung konnten elf wissenschaftlich einwandfreie Studien mit zusammen über 1.000 Patienten ermittelt werden; allerdings waren etliche davon mit Unsicherheiten behaftet. Bei manchen Studien wussten die Behandelten, ob an ihnen eine Arthroskopie vorgenommen wurde oder nicht. Die Wissenschaftler sprechen dann davon, dass die Interventionen nicht verblindet sind. Dabei lassen sich durchaus Scheinarthroskopien durchführen, bei denen ein kleiner Einschnitt am Knie erfolgt, anschließend aber nicht weiter operiert wird. Gerade solche „Placebo-Operationen“ sind für die Bewertung aussagekräftig, wenn auch nicht unumstritten.

 

Kein Vorteil gegenüber Scheineingriffen

 

Ein Nutzen der therapeutischen Arthroskopie im Vergleich zur Scheinoperation und zur Nichtbehandlung ließ sich aus den meisten Studienergebnissen nicht ableiten, und zu möglichen Schäden durch unerwünschte Therapiewirkungen war keine eindeutige Aussage möglich. Zwar war bereits bekannt, dass invasive Behandlungsmethoden oft einen besonders großen Placeboeffekt haben. Dennoch war es erstaunlich, wie groß in diesen Studien die gefühlte Verbesserung nach einer Placeboarthroskopie ausfiel.

Der Vergleich mit aktiven Maßnahmen fiel ähnlich ernüchternd aus. Nur gegenüber der Injektion von Glukokortikoiden ins Kniegelenk hatte die Arthroskopie einen leichten Vorteil: Die Beschwerden fielen etwas schwächer aus. Ob sich auch die Lebensqualität der Betroffenen besser entwickelte als bei der Injektion, ergab sich aus dieser Studie aber nicht.

 

Auch im Vergleich zur Trainingstherapie kein Nutzen

 

Für den Vergleich von arthroskopischen Eingriffen mit einer Trainingstherapie unter physiotherapeutischer Aufsicht wurden Daten von Patienten herangezogen, deren Gonarthrose mit einem Schaden des Innenmeniskus einherging. Zu keinem Studienzeitpunkt ergab sich bei den beiden Befunden „Schmerz“ und „globale Bewertung der Symptomatik“ ein signifikanter Effekt. Somit lautet das Gesamtergebnis: Der Nutzen einer Arthroskopie des Kniegelenks zur Behandlung von Gonarthrose ist nicht belegt.

 

Mag. Christian Boukal

Mai 2014


Foto: shutterstock

Zuletzt aktualisiert am 11. März 2015