Normalerweise
ist eine gesunde Zunge glatt und feucht und von blassroter oder rosa Farbe. Sie
ist mit der Zungenschleimhaut (einem dünnen weißen Belag) überzogen, der aus alten
Zellen, Keimen und Nahrungsresten besteht. Beim Kauen von fester Nahrung wird
dieser Belag normalerweise abgerieben.
Bei einem starken Zungenbelag ist die Zunge pelzig, rau und farblich deutlich verändert. „Dabei handelt es sich um Ausscheidungen des Körpers, die sich auf der Zunge ablagern. Zungenbelag ist keine Krankheit an sich, sondern ein Hinweis, dass möglicherweise etwas im Körper nicht in Ordnung ist“, erklärt Dr. Wolfgang Schachinger, praktischer Arzt in Ried in Innkreis.
Viele Ursachen möglich
Je nachdem, wie der Zungenbelag aussieht, und unter welchen Umständen er auftritt, hat er verschiedene Ursachen. Er kann auf Erkrankungen der Verdauungsorgane hinweisen, kann aber auch auf schlechte Mundpflege und falsche Ernährung zurückzuführen sein. Möglich sind auch Mundpilz, fieberhafte Infekte, sexuell übertragbare Krankheiten (z.B. Syphilis), Medikamente und Toxine, Zahn- und Zahnfleischkrankheiten, Hauterkrankungen und innere Erkrankungen.
Weiße oder rote Flecken auf der Zunge können Anzeichen einer Krebsvorstufe (Morbus Bowen) sein. In den allermeisten Fällen ist die Angst vor Zungenkrebs jedoch unbegründet, denn Zungenkrebs ist ein hierzulande sehr selten auftretender Krebs, für den Pfeifenrauchen und Kautabak Risikofaktoren sind. Zungenbelag ist in der Regel kein typischer Hinweis auf Zungenkrebs. „Zungenbelag kann auch die Folge mangelnder Mundhygiene sein. Das kommt fallweise vor, meist liegt aber auch ein Problem im Magen-Darm-Trakt vor“, so Schachinger.
Je nach Farbe des Zungenbelages kommen unterschiedliche Erkrankungen in Frage:·
- Weißer Zungenbelag ist am leichtesten zu behandeln. „Meist reicht es aus, wenn man mehr Wasser trinkt und zwischen den Mahlzeiten größere Pausen lässt, also keine Zwischenmahlzeiten zu sich nimmt. Die weit verbreitete Angewohnheit, ständig etwas zu Essen, und seien es auch nur Kleinigkeiten, sollte man sich generell abgewöhnen, wenn man einen funktionierenden Magen-Darm-Trakt haben möchte. Denn die Verdauung braucht auch ihre Ruhezeiten, um einwandfrei zu funktionieren. Entschließt man sich zu einer Entschlackungskur oder ändert man seine Ernährung, kann es vorübergehend zu einem etwas stärkeren weißen Zungenbelag kommen. Das ist völlig normal, es zeigt an, dass Ernährungsgifte ausgeschieden werden“, erklärt Schachinger.·
- Weißer Zungenbelag muss nicht unbedingt mit dem Verdauungssystem im Zusammenhang stehen, er kann auch im Zuge einer Erkältung auftreten.·
- Gelber Zungenbelag: Ist die Zunge gelblich belegt und fühlt sie sich pelzig an, kann eine Pilzinfektion der Auslöser ein. Auch eine Störung der Galle oder der Leber oder Bauchspeicheldrüse sind mögliche Ursachen. Auch eine chronische Gastritis ist möglich. Aber Vorsicht, es muss keine Erkrankung vorliegen, denn auch Kaffee und Rauchen färben den Belag gelblich. Ebenso kann auch bloß eine mangelnde Mundhygiene vorliegen.·
- Rötlicher Zungenbelag (sogenannte Himbeerzunge): Häufig liegt eine Entzündung im Magen-Darm-Trakt vor, z.B. ein Reizdarmsyndrom. Roter Zungenbelag tritt aber auch bei Infektionskrankheiten wie etwa Scharlach auf. Auch eine Erkrankung der Leber oder des Herzens ist möglich. Eine rote Zunge kann auch auf einen Mangel an Vitamin B 12 hindeuten, vor allem wenn die Zunge zusätzlich brennt und bitter schmeckt. „In diesem Fall hilft es, wenn man das Vitamin subsituiert, wenn man es also in Form von Sublingualtabletten oder Injektionen zu sich nimmt“, rät Schachinger.·
- Brauner Zungenbelag: Auch hier kann eine Störung im Darm vorliegen. Auch eine Nierenschwäche ist möglich, vor allem wenn die Zunge zusätzlich geschwollen ist. Intensiver Konsum von Kaffee, Schwarztee und Tabak kann die Zunge braun verfärben.·
- Grauer Zungenbelag: Deutet auf Eisenmangel oder Blutarmut hin.
- Schwarzer
Zungenbelag: Er kann als Nebenwirkung einer Behandlung
mit Antibiotika auftreten. Ein schwarzer Belag kann aber auch auf ernste
Erkrankungen hinweisen, die im Zusammenhang mit einer Schwächung des
Immunsystems einhergehen.
Generell gilt: Vorsicht mit übereilten Schlussfolgerungen. Oft verursachen schlicht und einfach Essen und Getränke eine gefärbte Zunge! Generell vermehrt das Rauchen von Zigaretten den Zungenbelag.„Findet man Zahnabdrücke auf der Zunge, ist das ein Zeichen vegetativer Verspannung. Im Schlaf verspannen sich die Muskeln von Kiefer und Zunge und durch den Druck der Zunge gegen den Kiefer entstehen sichtbare Abdrücke der Zähne“, erklärt Schachinger.
Diagnose
Zur Diagnose sieht sich der Arzt die Zunge an und stellt Fragen zu Dauer des Zungenbelages, zu möglichen Begleitsymptomen und Vorerkrankungen, zu Ernährungs- und Rauchgewohnheiten.
Weitere mögliche Diagnosemittel sind:·
- Zungenabstrich (der Belag wird auf Keime und Pilze untersucht)·
- Blutuntersuchung (Entzündungswerte, Vitamin B 12 Spiegel)·
- Ultraschall·
- Magenspiegelung·
- Darmspiegelung·
- Untersuchung beim Zahnarzt.
„Ein gut geschulter Arzt kann anhand des optischen Bildes der Zunge Schlüsse auf den Gesundheitszustand des Patienten ziehen. Früher hat sich jeder praktische Arzt zuerst die Zunge angesehen, um eine erste Einschätzung der Gesundheit zu bekommen. Obwohl diese einfache klinische Untersuchung große Aussagekraft hat, gerät das immer mehr in Vergessenheit. Heute wird oft gleich Blut abgenommen und Ultraschall verordnet“, so Schachinger.
Selbstkontrolle
Um die eigene Zunge zu überprüfen, bietet sich Idealerweise die Zeit nach dem morgendlichen Aufstehen an. Vor dem Zähneputzen und vor dem Kaffee (Frühstück) sind die Ablagerungen auf der Zunge im Spiegel bei Tageslicht am besten zu sehen. Ist die Zunge stark verfärbt oder angeschwollen, kann man dies bei einem Arzt, am besten bei einem Allgemeinmediziner, abklären lassen.
Therapie
Ist eine Erkrankung für den Zungenbelag ursächlich, wird die zugrunde liegende Erkrankung behandelt. Ist ein Problem im Verdauungstrakt ursächlich, wird empfohlen, die Ernährungsgewohnheiten zu überprüfen und zu verbessern. Manchmal wird auch eine Diät empfohlen oder Medikamente werden verschrieben. Um den Zungenabrieb zu verbessern, sollte man viel feste Nahrung zu sich nehmen und z.B. Brot gut kauen.
Im Falle mangelnder Mundhygiene kann diese mittels Mundwasser und Zungenschabern verbessert werden.
Reinigung
Es ist sinnvoll, starken Zungenbelag regelmäßig zu entfernen. Es gibt dafür eigene Zungenreiniger oder auch eigene Aufsätze für elektrische Zahnbürsten. „Sich mit der Zahnbürste die Zunge zu reinigen ist freilich nicht jedermanns Sache, da viele beim Abschaben der Zunge einen Würgreiz verspüren. Besser eignet sich ein U-förmiger Zungenreiniger aus Metall, wie er in Indien traditionell verwendet, heute aber auch bei uns angeboten wird“, so der Rieder Arzt.
Schachinger empfiehlt: „Eine reine Zunge ist immer ein Zeichen guter Gesundheit des Verdauungstraktes. Schlechter Mundgeruch und Zungenbelag sollten als Hinweis gesehen werden, dass man mehr für eine gute Gesundheit unternehmen sollte: Leichtere Ernährung, keine Zwischenmahlzeiten, viel Wasser trinken, Beachtung regelmäßiger täglicher Darmausscheidungen und mehr Bewegung sind die ersten Selbsthilfemaßnahmen, die jeder Mensch ergreifen kann.“ Dr.
Thomas Hartl
August 2014
Foto: shutterstock