Seit
mindestens vier Millionen Jahren ist Fieber laut dem Wiener Infektiologen
Christoph Wenisch eine in der Evolution etablierte Abwehrreaktion gegen
Infektionen. Doch warum steigen die Temperaturen im Körper, wie gefährlich ist
das und wie reagiert der Betroffene am besten darauf? Der Linzer Oberarzt
Rudolf Schwarz, der sich in der Notaufnahme der Linzer Landes-, Frauen- und
Kinderklinik regelmäßig mit dem Thema befasst, gibt Antworten:
Ursachen:
In 90 Prozent der Fälle sind Infektionen für eine Erhöhung der Temperatur im menschlichen Körper verantwortlich. „Im Gehirn ist für die Körpertemperatur ein Sollwert festgelegt – zwischen 37 und 37,5 Grad“, sagt Schwarz. Dieser wird ständig mit der Temperatur an der Körperoberfläche abgeglichen. Durch Erreger wie Bakterien oder Viren wird der Sollwert nach oben verschoben. Denn bei höherer Temperatur können sich die Krankheitserreger nicht so schnell vermehren, das Immunsystem wird leichter mit ihnen fertig. „Fieber erfüllt im Körper also durchaus einen Zweck“, so der Oberarzt.
Schüttelfrost:
Auf den ersten Blick wirkt es paradox, dass Menschen Kälte empfinden und Schüttelfrost bekommen, obwohl sie schon Fieber haben. „Das passiert, wenn der Sollwert im Gehirn höher ist als die aktuelle Körpertemperatur“, sagt Schwarz. Wenn also der Sollwert im Gehirn auf 39 Grad hinaufgeschraubt wurde, um sich gegen eine Infektion zu wehren, der Körper aber erst bei 38 Grad angelangt ist, dann versucht der Körper durch Muskelbewegungen – den Schüttelfrost – die Temperatur anzupassen. Außerdem ist dem Betroffenen subjektiv kalt. Diese Effekte treten vor allem auf, wenn das Fieber ansteigt.
Gefahren:
Mit der Körpertemperatur steigen auch der Energieverbrauch sowie Herz- und Atemfrequenz. „Gesunde Kinder und Erwachsene werden damit gut fertig“, sagt der Mediziner. Wenn ein Mensch aber von einer Herzschwäche, Herz-Kreislauferkrankungen oder einem Lungenleiden betroffen ist, kann der Körper durch Fieber zu stark belastet sein. Bei einem jungen, kräftigen Erwachsenen, der keinen Durchfall hat und der genug trinkt, gebe es keinen Grund, gleich das Fieber zu senken. Wenn ein 70-jähriger Patient aber ein Lungenleiden hat und bereits zwei Herzinfarkte hatte, würde Schwarz bei einer Körpertemperatur von 38,5 Grad bereits am ersten Tag fiebersenkend eingreifen. Als erhöhte Temperatur kann der Bereich von 37,5 bis 38 Grad definiert werden. Darüber spricht man von Fieber.
Fieber messen:
Heute gibt es digitale Geräte und solche mit Flüssigkeiten, die vor dem Messen hinuntergeschüttelt werden müssen. Wichtig ist immer, dass die Spitze des Thermometers direkten Hautkontakt hat. Gemessen wird unter dem Arm, im Mund oder – etwa bei kleinen Kindern – im After, wo allerdings bis 38 Grad als normal gelten. Schwarz empfiehlt besonders das Messen unter dem Arm. Auch Ohrthermometer sind eine gute Lösung, wenn keine lokale Entzündung vorliegt und die Ohren nicht verstopft sind. Ihr Vorteil: Die Messung geht sehr schnell und einfach. Wegen ihrer Ungenauigkeit sind Thermometer zum Messen auf der Stirn (Folienthermometer) nicht geeignet.
Viel trinken:
Bei Fieber hat der Mensch einen erhöhten Flüssigkeitsbedarf. Diesen decken Betroffene am besten mit ungesüßtem Tee, Wasser, verdünnten Fruchtsäften oder Suppe. Besonders wenn der Mensch schwitzt, sollte er viel trinken. Schwitzen kann übrigens ein Anzeichen dafür sein, dass das Fieber sinkt, denn der Körper versucht damit die Temperatur zu reduzieren. Verschwitzte Kleidung sollte immer gleich gewechselt werden. Kinder die fiebern, sollten die Eltern nicht zu warm anziehen oder in Decken wickeln, da das zu einem Hitzestau führen kann. Besonders hoch ist der Flüssigkeitsbedarf, wenn der Mensch neben dem Fieber auch Durchfall hat. Manchmal kann es da sinnvoll sein, dem Körper mit einer Infusion Flüssigkeit zuzuführen.
Fieber senken:
Ob Fieber gesenkt wird, hängt nicht nur von der körperlichen Konstitution, sondern auch vom persönlichen Empfinden ab. Als erster Schritt sind Hausmittel wie Essigpatscherln oder Topfenwickel nützlich. Als Wirkstoffe stehen Acetylsalicylsäure (Aspirin), Paracetamol, Ibuprofen und Mefenaminsäure zur Verfügung. „Ich würde das nehmen, womit man gute Erfahrungen gemacht hat“, sagt Schwarz. Nicht jedes Medikament wirkt bei jedem Menschen gleich gut. Alle können Nebenwirkungen haben, über die man sich vorher informieren sollte. Die Wirkung hält meistens sechs bis zwölf Stunden an. Antibiotika bekämpfen nur bakterielle, nicht aber virale Infektionen. Das Fieber kann auch hier sinken, meist aber erst nach rund 48 Stunden. Deshalb kann es sinnvoll sein, Fiebersenker und Antibiotika zu kombinieren.
Fieberkrampf:
Der Krampfanfall sieht ähnlich aus wie ein epileptischer Krampfanfall, auch wenn er keiner ist. Die Haut kann blau werden, es können Atempausen eintreten und der Betroffene hat oft geweitete Pupillen. „Eltern können das Gefühl haben, dass das Kind stirbt. Das muss man sehr ernst nehmen, auch wenn Fieberkrämpfe selbst nicht gefährlich sind“, sagt Schwarz. Den Fieberkrampf sollte immer ein Arzt abklären, um andere Ursachen auszuschließen. Fieberkrämpfe treten nur zirka bis zum fünften, sechsten Lebensjahr auf – übrigens manchmal schon bevor das Kind Fieber bekommt.
Dreitagesfieber:
Die Virusinfektion tritt nur im Kindesalter auf und dauert meist zwei bis drei Tage. Nach dem Abfiebern bekommt das Kind einen Ausschlag, die Diagnose lässt sich erst im Nachhinein stellen. Deshalb ist es sinnvoll, bei hohem Fieber auch bei Verdacht auf Dreitagesfieber eine klinische Untersuchung zu machen. Wenn ein Kind hoch fiebert, sollten Eltern es trotzdem anhalten, sich zu schonen. Fieber kann auch eine Impfreaktion sein, die am ersten oder zweiten Tag auftritt. Das ist ein Zeichen, dass sich das Immunsystem mit dem Impfstoff befasst.
Gesundheitsmagazin der OÖNachrichten
22. Oktober 2014
Foto: shutterstock