Eine entfernte Brust lässt sich dank fortschrittlicher Operationstechniken sehr gut wiederherstellen – samt Brustwarze und Hof. Der chirurgische Wiederaufbau einer entfernten Brust ist heute medizinische Routine. Von dieser Möglichkeit, die von den Krankenkassen zur Gänze bezahlt wird, profitieren Frauen nicht nur aus kosmetischen Gründen.
Brustkrebs ist auch eine seelische Verletzung, an die jeder Blick in den Spiegel erinnert. Eine Rekonstruktion kann entscheidend mithelfen, das Trauma der Krebserkrankung zu überwinden. Damit der Wiederaufbau gut klappt, ist es ganz wichtig, sich schon vor der Entfernung der Brust mit dem Thema zu beschäftigen, empfiehlt Professor Dr. Gottfried Wechselberger. Er leitet die Abteilung für Plastische, Ästhetische und Rekonstruktive Chirurgie am Krankenhaus der Barmherzigen Brüder in Salzburg. Sie ist mit rund 600 Brustoperationen pro Jahr eines der führenden Kompetenzzentren Österreichs.
Silikon oder Eigengewebe
„Noch bevor der erste Schnitt gemacht wird, sollten sich Gynäkologen und Krebsspezialisten mit plastischen Chirurgen über die bestmögliche Behandlung abstimmen“, erklärt Dr. Wechselberger. Wichtig ist vor allem die Klärung der Frage, ob die Brust sofort oder erst später rekonstruiert werden soll. Die zweite Möglichkeit, der so genannte sekundäre Aufbau, ist dann sinnvoll, wenn zum Beispiel noch eine Chemotherapie ansteht. Der häufigere sofortige, primäre Brustaufbau bietet einen enormen Vorteil: „In einer einzigen Operation wird nicht nur der Tumor entfernt, sondern die Brust ohne zusätzliches Narkoserisiko gleich wieder aufgebaut“, so Professor Wechselberger. Eine Rekonstruktion der Brust bedarf in diesem Fall also nicht einmal einer neuerlichen Operation. Für die Wiederherstellung der Brust stehen grundsätzlich drei Varianten zur Auswahl: die Rekonstruktion mittels Silikon- oder Kochsalz-Implantaten, das Lipofilling oder der Wiederaufbau mit Hilfe von Eigengewebe.
Das Einsetzen eines Silikonpräparats ist die häufigste Wiederaufbaumethode. Sie ist im Vergleich zum Eigengewebe-Aufbau relativ unkompliziert. Die Dauer der Operation ist deutlich kürzer und es kommt zu keiner zusätzlichen Narbenbildung beziehungsweise zu Funktionsverlusten durch die Gewebsentnahme. Doch Silikonimplantate haben auch Nachteile. Sie haben nur begrenzte Haltbarkeit und müssen meist nach 15 bis 20 Jahren ausgetauscht werden. Zudem kann ein Fremdkörper- und Kältegefühl irritieren sowie die Tatsache, dass die operierte Brust oft sichtbar höher liegt und praller wirkt als die natürliche. Silikon ist daher laut Professor Wechselberger nur dann die erste Wahl, wenn beide Brüste aufgebaut werden müssen, wenn die Patientin sehr schlank ist und sie sich daher nicht für die Eigengewebe-Methode eignet oder wenn ihr die längere OP-Dauer bei einer Eigengewebeverpflanzung nicht zugemutet werden kann.
Mikrochirurgie
Optisch sehr ansprechende und natürlich wirkende Ergebnisse kann der Brustaufbau mittels Gewebeverpflanzung bringen. Dabei wird Eigengewebe aus dem Bauch (so genannte DIEP-Lappen), dem Gesäß oder (selten) dem Rücken entnommen. Bei schlanken Frauen wird auch der Oberschenkel als „Gewebespender“ herangezogen. Anschließend wird das entnommene Gewebe mikrochirurgisch an die Gefäße des Brustkorbs angeschlossen.
Wer sich für die Eigengewebe-Methode entscheidet, muss eine mehr oder weniger sichtbare Narbenbildung an den Stellen, an denen das „Ersatzgewebe“ entnommen wurde, in Kauf nehmen. Funktionseinschränkungen durch die Gewebeentnahme am Bauchmuskel treten dank schonenderer Operationsmethoden heute deutlich seltener auf als früher.
Als Alternative oder ergänzend zum Aufbau mit Silikon und Eigengewebe hat sich das so genannte Lipofilling etabliert. Bei dieser Technik werden Fettzellen aus Bauch, Beinen oder Po abgesaugt und anschließend in die Brust verpflanzt. “Mit einseitigen Implantaten ist es oft unmöglich, ein symmetrisches Ergebnis zu erzielen. Mit Eigengewebe hingegen ist eine narbenfreie, symmetrische Korrektur möglich“, fasst eine im Fachmedium „Der Chirurg“ publizierte Analyse zusammen. Wer vom Thema Brustaufbau betroffen ist, sollte sich auf jeden Fall gut informieren und allenfalls eine zweite fachliche Meinung einholen. Zertifizierte Brustzentren verfügen meist über eine größere Palette an Methoden. Zur Erleichterung der Entscheidung kann der Operateur konkrete Beispiele vorlegen. Zum Beispiel Vorhernachher-Bilder, die die Ergebnisse dieser Eingriffe zeigen. Sie vermitteln einen Eindruck über die „handwerklichen Leistungen“ des Operationsteams.
Dr. Regina Sailer
März 2015
Foto: shutterstock, privat
Kommentar
Prim. Prof. Dr. Gottfried Wechselberger
Vorstand
der Abteilung für Plastische, Ästhetische und Rekonstruktive Chirurgie am
Krankenhaus der Barmherzigen Brüder Salzburg