Ob konzentriertes Lernen gelingt, hängt von vielen Faktoren ab: Motivation und Lernumgebung spielen dabei eine wichtig Rolle. Heute finden Sie hier einige praktische Tipps, die Kindern das Lernen durchaus erleichtern können.
Kinder müssen das Lernen von Schulstoff erst erlernen. In den ersten zehn Lebensjahren steht das Spielen im Vordergrund. Alles was ein Kind davon abhält, stößt zunächst auf Widerstand. Vor allem mit kleinen Kindern (bis Ende der Volksschule) sollte man möglichst spielerisch lernen. Es sollte Spaß machen, abwechslungsreich sein und zum aktiven Tun verleiten. „Ziel sollte es sein, dass Kinder die Schule positiv und interessant erleben und ihre natürliche Neugierde geweckt und erhalten wird“, sagt Mag. Marina Gottwald, Klinische Psychologin und Psychotherapeutin in der Kinder- und Jugendpsychiatrie der Landes-Nervenklinik Wagner-Jauregg Linz.
Lernumgebung
Der Ort, an dem die Hausaufgaben gemacht und an dem gelernt wird, sollte frei von Ablenkungen sein. Spielsachen, Handy und ähnliches sollten daher nicht im Blickfeld des Kindes sein. Alles, was dem Kind attraktiver erscheint als die zu erledigende Aufgabe, sollte möglichst weit weg sein. Am besten verbannt man das Handy aus dem Raum und gibt es dem Kind wieder, wenn es mit seiner Aufgabe fertig ist.
Während die einen sich nur bei absoluter Ruhe gut konzentrieren können, brauchen andere Alltagsgeräusche oder auch leise Musik, um ihre Leistung abrufen zu können. „Ob ein Kind während der Arbeit Stille oder einen gewissen Pegel an Hintergrundgeräuschen benötigt, das weiß das Kind selbst am besten. Ähnliches gilt bei der Frage, wie das Kind lernen soll. Ruhig, im bewegungslosem Sitzen, oder doch indem es sich auch bewegt, umhergehen darf, oder auch im Liegen. „Das ist individuell sehr verschieden, man sollte einfach einige Möglichkeiten ausprobieren“, rät Gottwald.
Motivieren
Ob ein Kind also seine Hausaufgaben ohne Probleme erledigt und ob es ausreichend lernt, ist immer auch eine Frage der Motivation. Wenn die Aufgabe keinen Spaß macht und viel Widerstand auslöst, braucht ein Schulkind einen alternativen Anreiz, etwa eine Belohnung. Eine Belohung kann sowohl immateriell (Lob, Anerkennung, ein Versprechen, etwas gemeinsam zu unternehmen oder die Erlaubnis, danach am Handy zu spielen) als auch materiell sein (z.B. ein Pickerl für das Sammelalbum).
Will man einen Volksschüler mit den Worten motivieren: „Lerne, damit du Matura machen kannst und einmal viel Geld verdienst“, bewirkt das nichts. Kein Kind denkt soweit im Voraus, es wird davon nicht berührt. Erst bei Jugendlichen kann der Sinn der Arbeit helfen, motiviert und dadurch konzentriert zu lernen. Einem Jugendlichen muss klar werden, warum er sich anstrengt, was ihm das bringt, wo doch alle anderen Tätigkeiten viel verlockender erscheinen, als am Schreibtisch zu sitzen und zu arbeiten.
Hier einige Lerntipps:
- Kurze Lerneinheiten: Besser mehrere kurze Lerneinheiten, als der Versuch, eine ganze Stunde oder mehr in einem Stück zu lernen. Je jünger das Kind, desto kürzer die Einheiten.
- Wiederholungen: Soll das Kind etwas lernen im Sinn von Speichern von Informationen, sind Wiederholungen das Um und Auf.
- Herausfinden, wie und wann das Kind am besten lernt. Alleine, oder mit anderen zusammen, mit Bildern oder akustisch oder durch Lesen? Jedes Kind muss seine eigenen Methode herausfinden. Das ist freilich nur möglich, wenn es von den Eltern dazu ermutigt und angeleitet wird, Verschiedenes auszuprobieren.
- Lässt sich das Kind ablenken, ist es wichtig, es wieder zurück zur Aufgabe zu führen. Mit der Zeit sollte das Kind selbst erkennen können, wann es abgelenkt wurde und selbst wieder zum Lernen zurückkehren. Am besten übt man dies mit dem Kind. Man weist es darauf hin, dass es sich ablenken hat lassen, man sagt ihm, dass das nicht tragisch ist, man akzeptiert es und leitet es an, sich nun wieder der gestellten Aufgabe zuzuwenden.
- Wichtigen Lernstoff vor dem Einschlafen wiederholen: Das Gehirn arbeitet nach dem Ende des Lernvorgangs eine Zeit lang weiter. Legt man sich schlafen, lernt das Gehirn quasi im Schlaf weiter.
- Nach einer Phase des konzentrierten Lernens nicht sofort in einem anderen Fach weiterlernen, sondern eine zumindest kurze Phase der Unterbrechung machen (entspannen, bewegen, jedenfalls etwas anderes tun als lernen. Aber: Nicht PC-Spiele oder Fernsehen, das bringt keine Erholung.).
- Lernziele in kleine Teile zerlegen. Etappenziele bringen immer wieder Erfolgserlebnisse, während ein Lernmarathon wenig bringt und das Kind frustriert zurücklässt.
- Stehen schwierige Arbeiten an, können Belohnungen in Aussicht gestellt werden, die das Kind motivieren, sich zu überwinden (natürlich muss man das Versprechen auch einlösen).
- Viel Bewegung: Bewegung fördert die Konzentration und die Lernfähigkeit. Ballspiele, Turnen und vieles mehr tragen zum Aufbau der Gehirntätigkeiten bei. „Das Hirn braucht Bewegung. So lernt es etwa beim Klettern auf Bäumen dreidimensionales, räumliches Denken“, so Gottwald.
- Vielseitiges Lernen: Das Gehirn lernt nicht einseitig durch das Lesen von Information. Je mehr Sinne miteinbezogen sind, desto besser. Bilder sind sehr anschaulich und das Gehirn lernt mithilfe von visuellen Reizen in der Regel deutlich besser als ohne.
- Kann sich ein Kind etwas Bestimmtes nicht merken, kann man das nicht erzwingen. Eselsbrücken sind bei schwer merkbaren Vokabeln und Zahlen oft eine gute Hilfestellung.
- Körperliche Grundbedürfnisse erfüllen: Damit ein Kind konzentriert lernen kann, muss es ausgeschlafen sein (Volksschüler brauchen 9 bis 11 Stunden Schlaf, Jugendliche 8 bis 9 Stunden), der Hunger muss ebenso gestillt sein wie das natürliche Bedürfnis nach Bewegung. Sind diese Grundbedürfnisse befriedigt, ist das Gehirn bereit zu arbeiten. Äußert das Kind dennoch, dass es sich nicht konzentrieren kann, fehlt es eventuell an der Lernmotivation oder es ist überfordert und weicht aus. Auch können psychische Befindlichkeiten (Angst, Trauer, Wut) eine Ursache spielen.
- Lernen wertschätzen: Lernen ist für jedes Kind harte Arbeit. Eltern sollten das erkennen und akzeptieren und ihr Kind auch darauf ansprechen, etwa: „Ich weiß, dass das für dich echt anstrengend sein kann, aber du machst das sehr gut, du kannst stolz auf dich sein.“
Über- und Unterfordern
Ein Kind lernt am besten, wenn es gefordert, aber nicht überfordert ist. Wird es unterfordert, erbringt es eine geringe Leistung, weil es keinen Sinn darin sieht, sich anzustrengen. Überforderung entsteht vor allem dann, wenn das Kind zuviel Lernstoff in zu kurzer Zeit bewältigen muss. „Wer zu knapp vor der Schularbeit zu lernen beginnt, baut Stress auf, wird blockiert und kann nicht effektiv lernen“, so Gottwald.
Dr. Thomas Hartl
April 2015
Foto: shutterstock