In gesundheitlicher Hinsicht hat Österreich auch ein Cholesterin-Problem. Schon vor Jahren haben Apotheken-Untersuchungen gezeigt, dass nur 13 Prozent der Menschen Idealwerte aufweisen. 30.000 bis 40.000 Personen leiden an gefährlicher familiärer Hypercholesterinämie (FH) mit extrem hohen Blutfettwerten, stellt der Österreichischen Cholesterinbericht fest, der am 14. Oktober 2015 in Wien präsentiert wurde.
Seit vielen Jahren ist die Bedeutung zu hoher Blutfettspiegel, speziell des „bösen“ LDL-Cholesterins, für die Entstehung von Atherosklerose als Ursache für Herzinfarkt, arterieller Verschlusskrankheit der Beine und Schlaganfall eindeutig belegt, berichtet die Austria Presse Agentur (APA). „Wir stehen an einer Zeitenwende. Mit den bisher vorhandenen Medikamenten, den Statinen, lässt sich eine um 30 Prozent niedrigere Herzinfarktrate erreichen“, sagte Prim. Univ.-Doz. Dr. Bernhard Föger von Österreichischen Atherosklerose Gesellschaft (AAS) und Leiter der Internen Abteilung am LKh Bregenz. Mit einer Kombination aus einem Statin und dem Cholesterin-Wiederaufnahme-Hemmer Ezetimibe seien minus 40 bis 50 Prozent erreichbar.
Familiäre Veranlagung
Die Blutfettwerte von vielen Menschen in Österreich, die sich zu fett und zu üppig ernähren, würden von Lebensstiländerungen und mehr Bewegung sehr profitieren. Allerdings ist das bei geschätzten 30.000 bis 40.000 Menschen mit einer familiär bedingt (vererbbar) sehr hohen Blutfettkonzentration ganz anders. „0,5 Prozent der Menschen haben eine solche schwere Hypercholesterinämie. Das sollte im Idealfall im achten bis zehnten Lebensjahr diagnostiziert und mit der zweiten Lebensdekade medikamentös behandelt werden“, sagt Föger.
Leber baut kein Fett ab
Diese Menschen leiden an einem teilweisen oder gar völligen Funktionsverlust der LDL-Rezeptoren in der Leber, wodurch der LDL-Abbau nicht funktioniert. „Bei meiner Tochter wurde im Alter von vier Jahren eine sehr schwere Form von Hypercholesterinämie diagnostiziert. Schon ihr Vater hatte mit 33 Jahren einen Herzinfarkt. Sie hatte mehr als 450 Milligramm LDL-Cholesterin pro Deziliter im Blut“, erzählt die Obfrau der FHChol Austria-Selbsthilfegruppe, Gabriele Hanauer-Mader, der Austria Presse Agentur (APA). Heute weist ihre mittlerweile 15 Jahre alte Tochter durch die Behandlung Normalwerte auf.
Keine Datgenbasis
In Österreich liegt die Häufigkeit der FH bei einem Betroffenen auf 250 bis 300 Menschen. Doch es gibt keine Daten darüber, wie viele Betroffene diagnostiziert und in Behandlung sind. Die Menschen haben ein enorm gesteigertes Atherosklerose-, Herzinfarkt- und Schlaganfallrisiko. Um die Risikopersonen zu identifizieren, wären breite Untersuchungen aller Kinder auf die Cholesterinkonzentration notwendig oder auch die Selektion von Hochrisikopersonen – zum Beispiel Familien, in denen Herz-Kreislauf-Leiden besonders früh aufgetreten sind. In Österreich bemühen sich jetzt Fachleute, auch ein Register der Betroffenen einzurichten, um eine fundierte Datenbasis zu haben.
Neues Medikament
Gerade für die Behandlung von Menschen mit familiärer Hypercholesterinämie, bei denen mit den herkömmlichen Arzneimitteln keine ausreichende Senkung des LDL-Cholesterins erreicht wird, gibt es jetzt neue Behandlungsmöglichkeiten: Monoklonale Antikörper, die das Enzym PCSK9 blockieren. Damit lässt sich der LDL-Wert im Blut im Vergleich zu den Statinen noch einmal um 60 Prozent reduzieren.
Mag. Christian Boukal / APA
Dezember 2015
Foto: APA