DRUCKEN
Primar Gabriel beim Untersuchen der Schilddrüse, Bild: AKH

Bei Schilddrüsen-Erkrankungen sollte auch an Osteoporose gedacht werden

Die Schilddrüsenüberfunktion trifft meist Frauen. Wenn die Hormonproduktion des weiblichen Körpers nachlässt – also in und nach den Wechseljahren –, steigt das Risiko für Osteoporose sprunghaft an. Der "Knochenschwund" kann jedoch auch mit einer anderen Art von Hormonen etwas zu tun haben: den Schilddrüsenhormonen.

 

"So beschleunigen etwa zu viele Schilddrüsenhormone im Blut nicht nur den gesamten Stoffwechsel im Körper, sondern erhöhen auch den Calciumstoffwechsel im Knochen. Langfristig kann es dadurch zu einer Osteoporose kommen", erklärt Universitätsprofessor Michael Gabriel, Primar am Schilddrüsenzentrum im Linzer AKh. "Deshalb ist es bei allen Schilddrüsenerkrankungen wichtig, die Knochendichte der Patientinnen im Auge zu behalten – und das nicht nur bei der Überfunktion, sondern auch bei der Unterfunktion, die mit Medikamenten behandelt wird, die den Stoffwechsel anregen und daher wieder zu Knochenschwund führen können", sagt der Spezialist. Betroffen von Schilddrüsenerkrankungen sind – nach neuesten Untersuchungen – nahezu 50 Prozent der Bevölkerung.

 

"Lifestyle-Medikament"

Behandelt wird mit Medikamenten, die zu den am zweithäufigsten verschriebenen Arzneimitteln in Österreich gehören und auch als "Lifestyle-Medikamente" bezeichnet werden, weil sie eine von vielen erwünschte Nebenwirkung haben: Gewichtsabnahme durch Stoffwechselbeschleunigung. Doch nicht alle Nebenwirkungen dieser Tabletten sind erfreulich. Denn: Als Medikamente eingenommene Schilddrüsenhormone haben denselben Effekt auf den Knochenstoffwechsel wie die natürlichen Hormone. "Fehlerhafte Dosierungen sind für die Knochen gefährlich", warnt der Primar.

 

Oft ist ein Knochenbruch das erste Anzeichen für das Vorliegen einer Osteoporose. In vielen Fällen sind Speiche, Rippen, Oberarm, Becken und Oberschenkelhals betroffen. Unterarmfrakturen betreffen dabei vor allem Frauen ab dem 55. Lebensjahr. Osteoporoseprobleme im Rückenbereich treten in Form von Wirbelkörpereinbrüchen gehäuft ab dem 60. Lebensjahr auf und betreffen Frauen dabei etwa dreimal häufiger als wie Männer. Der Oberschenkelhalsbruch schließlich ereignet sich besonders häufig ab dem 75. Lebensjahr. Um diese Komplikationen zu verhindern, sei es besonders wichtig, im Rahmen der Schilddrüsenuntersuchungen und -behandlungen auch eine Knochendichtemessung zu machen. "Deshalb rate ich betroffenen Frauen, sich an ein Schilddrüsenzentrum zu wenden und auch die vorgeschriebenen Kontrolluntersuchungen auch wirklich wahrzunehmen", sagt Primar Gabriel.

 

In Österreich leiden Schätzungen zufolge bis zu 740.000 Menschen an Osteoporose, davon sind etwa 617.000 Frauen betroffen. Es wird angenommen, dass 30 Prozent der über 50-jährigen Frauen an Osteoporose erkrankt sind. "Die Osteoporose zählt weltweit zu den zehn wichtigsten Volkserkrankungen und ist in ihren Folgekosten eine der teuersten."

 

Zeitungsrolle der OÖNachrichtenBarbara Rohrhofer

Gesundheitsmagazin der OÖNachrichten

16. Dezember 2015

  

Foto: Primar Gabriel, AKH Linz


Zuletzt aktualisiert am 13. November 2020