Was früher unter Veitstanz oder Tanzwut unter anderem auf den Biss einer Spinne zurückgeführt wurde, sollte mit einem Tanz bis zur Erschöpfung geheilt werden. Heute weiß man mehr über die Erbkrankheit Chorea Huntington, heilbar ist sie aber nicht. Unterstützung bieten unterschiedliche Organisationen.
George Huntington beschreibt 1872 erstmals die Erbkrankheit Chorea (gr. chorea = Tanz, dt.: erblicher Veitstanz). Bei dieser Erkrankung kommt es zu unwillkürlichen Bewegungen, die einem Tanz ähneln, verbunden mit geistigen und psychischen Abbauprozessen. Unabwendbar schreiten die Beschwerden bis zum Tod voran. Als Tanzwut oder Veitstanz wurde schon im Mittelalter eine epidemische Volkskrankheit benannt, bei der oft religiöse Wahnvorstellungen Auslöser waren. Die Betroffenen wurden bezichtigt, vom Teufel besessen zu sein. Der Heilige Veit, der im 3. Jahrhundert in Rom wunderbare Heilungen vollzogen haben soll, wurde um Hilfe angebetet.
Keine Heilung
Heute ist das Wissen über Chorea Huntington viel größer, eine Heilung gibt es jedoch nicht. Bei Chorea Huntington handelt es sich um eine seltene Erbkrankheit. Wenn ein Elternteil betroffen ist, wird sie mit einer 50-prozentigen Wahrscheinlichkeit weitergegeben. Nur wenige, die das veränderte Gen in sich tragen, erkranken nicht. Betroffene leiden an der fortschreitenden Zerstörung des Bereiches im Gehirn, der für Muskelsteuerung und grundlegende mentale Funktionen zuständig ist. Die Chorea beginnt mit einer kaum bemerkbaren Bewegungsunruhe der Arme und Beine oder des Gesichtes. Ein Zittern, Zwinkern oder Zucken kann sich zu heftigen unwillkürlichen Bewegungen steigern. Psychische Beschwerden zeigen sich in Reizbarkeit, Aggressivität oder Teilnahmslosigkeit. Fehlende Impulskontrolle und forderndes Verhalten sind auch für Betreuende eine Herausforderung. Die Krankheit bricht meist in einem Alter zwischen 35 und 45 Jahren aus. Männer und Frauen sind gleichermaßen betroffen. Chorea Huntington ist eine der häufigsten erblich bedingten Hirnstörungen mit einer Häufigkeit von 5 Erkrankungen bei 100.000 Menschen.
Anlaufstellen
Da sich die Betreuung – vor allem im fortgeschrittenen Stadium – sehr schwierig gestaltet, werden qualifizierte Pflegeplätze benötigt. Oberösterreich ist im Vergleich zum restlichen Österreich gut versorgt. Insgesamt werden sechzehn Plätze angeboten. Elf davon stellt das LPBZ Schloss Haus und fünf das Sozialnetzwerk Arcus in Gramastetten. Die Aufnahme erfolgt über die zuständige Bezirkshauptmannschaft. In den anderen Bundesländern gibt es keine speziellen Einrichtungen für Menschen mit Chorea Huntington. Sie werden in Seniorenheimen oder zu Hause betreut. In Oberösterreich gibt es hundert Familien bei denen eine Diagnose gesichert ist. Die Dunkelziffer ist jedoch um einiges höher. Für diese Menschen bedarf es unterschiedlichster Unterstützung medizinischer, pflegerischer und finanzieller Art.
Landespflege- und Betreuungszentrum Schloss Haus
Das Landespflege- und Betreuungszentrum Schloss Haus in Wartberg ob der Aist bietet als Langzeitbetreuung eine Wohngruppe. Ärztliche Versorgung, therapeutische Angebote sowie individuelle Pflegeleistung werden gestellt. Seit 2012 ist Schloss Haus auch Kompetenz- und Beratungszentrum für Chorea Huntington. Ziel dieser Tätigkeit ist es mit Betroffenen und Angehörigen Bewältigungs- und Lösungsstrategien für den Umgang mit der Erkrankung zu entwickeln. Bei Fragen jeglicher Art können Sie sich an die Experten wenden.
Chorea Huntington Selbsthilfegruppe OÖ
Der Verein wurde 1991 gegründet und ist international gut vernetzt. Ihre Aufgaben sieht die Selbsthilfegruppe in der persönlichen Beratung sowie der Verbesserung der gesellschaftlichen Situation für Betroffene. Sie will informieren und mehr Toleranz für Kranke erreichen sowie sich für effektivere Betreuung und mehr Betreuungsplätze einsetzen. Alle Interessierte sind zu den vierteljährlichen Treffen im LPBZ Schloss Haus geladen. Stets werden ein Thema behandelt und den Teilnehmern praktische Tipps mitgegeben. Für 2016 sind noch drei Zusammenkünfte geplant – am 11. Juni um 14:00 zum Thema „Ergotherapie“, am 3. September und 3. Dezember. Informationen dazu finden Sie auf der Homepage (Link siehe unten)
"Sozialnetzwerk Arcus – Sozialforum Wohnen"
In Gramastetten befindet sich eine weitere Möglichkeit zur Langzeitbetreuung: Ein Wohnangebot für Menschen, die an Chorea Huntington erkrankt sind. Im Mittelpunkt stehen Betreuung und Pflege. Mitgestaltung durch die Bewohner wird hochgeschrieben, was wiederum das Selbstwertgefühl stärkt. Eine Atmosphäre von Geborgenheit soll geschaffen und Kontakt zur Gemeinde hergestellt werden.
Kontakte
Beratungs- und Kompetenzzentrum für Chorea Huntington – LPBZ Schloss Haus
jeden 2. Montag im Monat zwischen 16:00 und 18:00
Terminvereinbarung: donnerstags von 10:00 bis 16:00
Tel.: 07236/2368-230
Selbsthilfegruppe OÖ
Obmann der SHG OÖ: Ing. Ernst Aigner
Tel.: 0664/4505982
Sozialnetzwerk Arcus – Sozialforum Wohnen
Andrea Hofer
Einrichtungsleitung
Schmiedberg 17
4201 Gramastetten
Tel: (07239) 8154
E-Mail: sozialforum@arcus-sozial.at
Mag. Christian Boukal /
Mag. Elisabeth Zeindlinger (SHG Chorea Huntington OÖ)
Mai 2016
Foto: shutterstock