Kompressionsstrümpfe kommen zum Beispiel bei Venenleiden zum Einsatz. Erst einmal aber ist ein Hindernis zu meistern: Sie anzuziehen. Experten verrieten der Austria Presse Agentur (APA) Tricks und Tipps zum Umgang mit den Strümpfen.
Ob geschwollene Beine wegen eines Venenleidens, einer Bindegewebsschwäche oder zur Vorbeugung von Thrombosen: Bei manchen Gesundheitsproblemen verschreibt der Arzt Kompressionsstrümpfe. Sie verhindern mit einem einfachen Prinzip, dass sich Blut oder Wasser in den Beinen sammelt: Durch kontinuierlichen Druck vom Knöchel aufwärts wird die Flüssigkeit von unten nach oben transportiert. Damit das funktioniert, müssen die Strümpfe optimal sitzen. Doch nicht jeder kommt mit dem festen, engen Stoff auf Anhieb zurecht. Eine gute Beratung hilft, die richtigen Strümpfe zu finden und anfängliche Probleme zu überwinden.
Vermessung
Kompressionsstrümpfe bekommt man in Sanitätshäusern und in der Apotheke. Dort wird zunächst Maß genommen. „Je nachdem, ob der Arzt einen Kniestrumpf, einen Oberschenkelstrumpf oder eine Strumpfhose verschrieben hat, wird das Bein an fünf bis zehn Punkten vermessen – von unten nach oben“, erklärt die Apothekerin Eike Barthel aus dem deutschen Klingenthal in Sachsen. „Der Strumpf darf nicht einschnüren und keine Falten werfen.“ Ganz wichtig ist auch: Es muss in der Früh gemessen werden. Direkt nach dem Aufstehen sind die Beine am dünnsten.
Den meisten Menschen passt ein Serienstrumpf. „Etwa 80 Prozent der Patienten kann man mit Modellen ‚von der Stange‘ versorgen“, sagt der Sanitätsfachhändler Uwe Behrens, Geschäftsführer des deutschen „Bundesverband des Sanitätsfachhandels“. „Bei etwa 20 Prozent müssen die Strümpfe nach Maß angefertigt werden.“ Dazu werden die Messdaten auf eine Maßkarte eingetragen und zum Strumpfhersteller geschickt. Dabei gibt es keine Unterschiede zwischen Männer- und Frauenstrümpfen: „Die Modelle sind unisex.“
Kompressionsstrümpfe werden in vier Klassen hergestellt. Je höher die Klasse, desto fester ist das Material. Am häufigsten verschreiben die Ärzte Strümpfe der Klasse zwei, weiß Behrens aus Erfahrung. Das empfinden die meisten Patienten schon als lästig, denn Kompressionsstrümpfe lassen sich nicht einfach an- und ausziehen wie normale Strümpfe. Behrens empfiehlt, Gummihandschuhe mit Noppen zu verwenden: „Damit rutscht man nicht so leicht ab. Außerdem kann man so verhindern, dass spitze Fingernägeln die elastischen Fäden des Strumpfes beschädigen.“
Anzieh-Hilfen
Apotheken und Sanitätshäuser bieten außerdem verschiedene Anziehhilfen an. „Es gibt zum Beispiel kurze Strümpfe aus extrem gleitfähigem Material wie Ballonseide, die bis zum Knöchel gehen und über die man die Kompressionsstrümpfe gleiten lassen kann“, erklärt die Apothekerin Barthel. Nach dem Anziehen müssen diese Gleithilfen aber wieder entfernt werden. Das funktioniert nur bei Kompressionsstrümpfen, die an den Zehen oder an der Ferse offen sind. Bei unten geschlossenen Strümpfen kann man Gleit-Gestelle verwenden: Dort wird der Strumpf eingespannt. Man steigt hinein und zieht den Strumpf an Hebeln und Bügeln nach oben.
Täglich tragen
„Die Strümpfe sollten wirklich jeden Tag getragen werden, sonst helfen sie nicht“, sagt der Hausarzt Andreas Durstewitz aus Pullach im Isartal. Gerade an heißen Tagen empfinden Patienten die Strümpfe oft als lästig, wenn man unter dem Material schwitzt. Dazu kommen modische Aspekte. Hautfarbene Modelle werden häufig als unattraktiv angesehen. Hier hat sich in der Vergangenheit aber schon einiges geändert. Die Hersteller bieten Kompressionsstrümpfe in immer mehr Farben an. Wer ein Modell in einem Farbton möchte, der nicht in der normalen Farbpalette vertreten ist, oder eine bestimmte Aufnaht wünscht, kann auch das bekommen.
In der Regel werden Kompressionsstrümpfe gut vertragen. „Wenn man unter den Strümpfen stark schwitzt, kann man sie etwas befeuchten oder anderes Gewebe ausprobieren“, erklärt Eike Barthel. Für Menschen mit empfindlicher Haut gibt es Strümpfe mit Baumwollbeimischung oder Strümpfe mit besonderer Strickart, die die Haut weniger strapazieren.
Mag. Christian Boukal / APA
Oktober 2016
FOTO: APA (dpa/gms/Andrea Warnecke)