Plötzliche Schmerzen in der Brust, Herzrhythmusstörungen, Atemnot: Was klingt wie ein klassischer Herzinfarkt, kann auch das Broken-Heart-Syndrom sein. Beide Krankheiten haben dieselben Symptome, trotzdem gibt es Unterschiede. Etwa, dass Letzteres vor allem Frauen ab der Lebensmitte trifft.
Das Gebrochenes-Herz-Syndrom nennen Mediziner auch Stress-Kardiomyopathie. Der ursprüngliche Name „Tako-Tsubo-Syndrom“ erinnert an eine japanische Tintenfisch-Falle, die aussieht wie ein Teil der Herzkammer.
Im Unterschied zum Herzinfarkt trifft das Broken-Heart-Syndrom am häufigsten ältere Frauen. Dafür gibt es keine Erklärung, sagt Univ.-Prof. Dr. Peter Siostrzonek, Leiter der Abteilung für Kardiologie am Krankenhaus der Barmherzigen Schwestern Linz. „Unmittelbarer Auslöser ist meist eine große Aufregung, also psychischer Stress, etwa nach Begräbnissen oder wenn den Betroffenen die Geldtasche gestohlen wurde.“ In Stresssituationen werden vermehrt Hormone wie Adrenalin ausgeschüttet. „Und die wiederum schädigen in hoher Konzentration das Herz“, erklärt der Experte.
Weniger Komplikationen
Auch Menschen mit Depressionen oder neurologischen Krankheiten können zur Risikogruppe des Broken-Heart-Syndroms zählen.
Die Krankheit ist zwar eher unbekannt, aber gar nicht so selten. Primar Dr. Siostrzonek: „Auf unserer Station haben von 100 Herzinfarkt-Patienten zwei in Wirklichkeit eine Stress-Kardiomyopathie.“ Auf den ersten Blick ist kein Unterschied zwischen einem Herzinfarkt und einem Broken-Heart-Syndrom zu erkennen. „In der Akutphase zählen anhaltender Brustschmerz, Schwitzen, Übelkeit und Atemnot zu den Symptomen“, sagt der Primar. Auch Blutbefunde und Elektrokardiogramm (EKG) ergeben für beide Krankheiten das gleiche Bild. Mit einer Ultraschalluntersuchung können die ersten Unterschiede festgestellt werden: „Typisch für das Broken-Heart-Syndrom sind Wandbewegungsstörungen und eine unbewegliche Herzspitze“, erklärt der Kardiologe.
Letzte Gewissheit bringt aber ein Herzkatheter. Im Unterschied zu einem Herzinfarkt sind bei einer Stress-Kardiomyopathie die Herzkranzgefäße normal durchgängig – ohne Engstellen und Verschluss. Das heißt: Die Blutversorgung ist nicht unterbrochen. Zudem fehlt beim Broken-Heart-Syndrom die für Infarkte typische Narbe.
„Wenn feststeht, dass die Patienten eine Stress-Kardiomyopathie hatten, werden sie – wie bei einem Herzinfarkt – kontinuierlich mit einem EKG überwacht. Allerdings bekommen sie weniger Gerinnungshemmer. Nach wenigen Stunden sind die Patienten in den meisten Fällen wieder beschwerdefrei und genauso leistungsfähig wie vorher. Bleibende Schäden sind eher nicht zu erwarten. Herztod oder Komplikationen wie Herzschwäche und Rhythmusstörungen sind viel seltener als bei einem Herzinfarkt“, erklärt der Spezialist.
Die Frage, ob sich eine Stress-Kardiomyopathie verhindern lässt, kann nicht leicht beantwortet werden. Professor Siostrzonek: „Eine Maßnahme wäre, sich nicht aufzuregen. Das ist aber schwer umzusetzen. Man könnte auch Betablocker, die ja Stress blockieren, einnehmen. Allerdings gibt es keine Behandlungsdaten, ob diese Form der Prävention etwas bringt. Da man in Österreich über die Krankheit noch wenig weiß, werden im Wiener Wilhelminenspital alle Broken-Heart-Syndrom-Fälle in einem Register gesammelt und analysiert.“
Cornelia Schobesberger
Februar 2017
Bild: shutterstock; privat
Kommentar
Univ.-Prof. Dr. Peter Siostrzonek
Leiter der Abteilung für Kardiologie am Krankenhaus der Barmherzigen Schwestern Linz