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Junge wird bei Hüfte therapiert

„Hüftschnupfen“ abklären – andere Erkrankungen ausschließen

Hüftschnupfen ist eine schmerzhafte, aber ungefährliche und rasch abklingende Erkrankung. Eine ärztliche Abklärung ist nötig, um andere Erkrankungen der Hüfte auszuschließen. Betroffen sind vor allem Kinder zwischen dem 3. und 10. Lebensjahr. 

Bei Hüftschnupfen (Fachausdruck: Coxitis fugax) handelt es sich um eine plötzlich auftretende, aber vorübergehende Entzündung des Hüftgelenks. Diese führt zu einem schmerzhaften Erguss mit Einschränkung der Beweglichkeit des betroffenen Gelenks. (Ein Gelenkerguss ist eine vermehrte Ansammlung von Entzündungssekret und Gelenkschmiere in einer Gelenkhöhle). Regelmäßig kommt es auch zu deutlichen Belastungsschmerzen. 

Hüftschnupfen macht sich durch Schmerzen im Bereich der Leiste oder Lende bemerkbar. Die an sich harmlose Erkrankung tritt vor allem bei Kindern auf. Hauptbetroffene sind Buben zwischen dem dritten und zehnten Lebensjahr. Sie sind rund doppelt so häufig betroffen wie Mädchen. Erwachsene können zwar auch betroffen sein, diese Fälle treten aber selten auf.

Warum es zu Hüftschnupfen kommt, ist wissenschaftlich nicht gänzlich geklärt. Klar ist lediglich, dass er eine häufige Begleiterscheinung eines viralen Infektes (häufig eines Grippalen Infekts, eines Atemwegsinfekts, selten einer Mittelohr- oder Mandelentzündung oder auch eines Magen-Darm-Infekts) ist. „So ein Infekt ist zirka bei jedem zweiten Fall von Hüftschnupfen zu beobachten“, sagt Prim. Univ.-Prof. Dr. Nikolaus Böhler, Leiter der orthopädischen Abteilung am Linzer Med Campus III.

Hüftschnupfen selbst ist nicht ansteckend, er klingt in der Regel nach einigen Tagen wieder ab. Die viralen Infekte sind oft schon verschwunden, wenn die Schmerzen an Hüfte, Leiste und Bein einsetzen. 

Symptome 

Hauptsymptom sind Schmerzen in der Hüfte und/oder der Leiste. Die Schmerzen treten vor allem dann auf, wenn man auf den Fuß auftritt oder das Bein verdrehen will (Rotationsbewegung). Die Schmerzen können sich auf den gesamten Oberschenkel ausdehnen, bis hin zum Knie. Auch Bauchschmerzen können auftreten. Die Beweglichkeit des betroffenen Hüftgelenks ist deutlich eingeschränkt, vor allem die Drehung nach außen. Die Schmerzen äußern sich häufig in einem sichtbaren Hinken. Bei Babys ist es ein Hinweis auf Hüftschnupfen, wenn sie beim Wickeln weinen, weil die schmerzende Hüfte bewegt wird. 

Diagnose 

Obwohl ein Hüftschnupfen nicht gefährlich ist und von selbst wieder verschwindet, sollten Eltern mit ihrem Kind zum Arzt gehen, wenn es Schmerzen in der Hüfte/Leiste hat oder nicht mehr gehen kann/will, um auszuschließen, dass eine andere Erkrankung vorliegt. Erst recht sollte man bei Fieber oder sichtbarer Gelenksschwellung unbedingt sofort zum Arzt gehen.

In den meisten Fällen sind Kinder betroffen, Ansprechpartner ist hier der Kinderarzt. Bei der Abklärung untersucht er das Kind und wird sich erkundigen, ob das Kind eine virale Infektion gehabt hat. Diesen Umstand sollten Eltern unbedingt erwähnen. Er untersucht die Rotationsfähigkeit der Hüfte und ob dabei Schmerzen auftreten. „Eine Untersuchung des betroffenen Gelenks erfolgt mittels schmerzlosem Ultraschall, womit geklärt werden soll, ob ein Erguss vorliegt“, sagt Böhler. Eine Blutabnahme kann sinnvoll sein, um eventuell erhöhte Entzündungswerte feststellen zu können. Fallweise werden Röntgenuntersuchung vorgenommen, um andere Hüfterkrankungen ausschließen zu können. 

Therapie 

Ein simpler Hüftschnupfen benötigt keine Therapie. Allerdings ist einige Tage Schonung angesagt (nicht hüpfen, laufen, springen etc.). Um eine schnelle Linderung der Schmerzen zu erzielen, können Salben, Eisbeutel und entzündungshemmende sowie abschwellende Medikamente (gegen den Erguss) hilfreich sein. Bettruhe ist nicht erforderlich.

„Hüftschnupfen kann wiederholt auftreten, das kommt jedoch selten vor und ist untypisch“, so Böhler. Auch bei Erwachsenen wartet man ein paar Tage ab, ob die Schmerzen von selbst wieder vergehen. Allenfalls werden antirheumatische Medikamente verschrieben. Erwachsene brauchen fallweise Gehstützen. Bei Kindern wird eine Nachkontrolle empfohlen, z.B. nach drei Monaten. 

Andere Erkrankungen mit ähnlichen Symptomen ausschließen 

Helfen diese Maßnahmen nicht, und die Beschwerden (Fieber, Schmerzen) werden mehr anstatt weniger, erfolgt beim Orthopäden eine Differenzialdiagnose (Ausschlussdiagnose), um andere Erkrankungen auszuschließen. Dazu erfolgt jedenfalls eine Blutkontrolle und ein Ultraschall, meist auch ein Röntgen (falls diese Maßnahmen nicht schon durchgeführt wurden). In manchen Fällen ist eine Gelenkspunktion oder eine kernspintomografische Untersuchung nötig.

Hüftschmerzen können durch viele Erkrankungen ausgelöst werden. Hier einige typische Erkrankungen, die ärztlich ausgeschlossen werden müssen, um von einem simplen Hüftschnupfen ausgehen zu können:

Bakterielle Coxitis: Bakterien verursachen die Entzündung. Es handelt sich um eine ernste Erkrankung, die rasch behandelt werden muss. Um die Entzündung durch eine Keimuntersuchung zu diagnostizieren und den Überdruck des Ergusses zu senken, erfolgt meist eine Punktierung. Während bei einer bakteriellen Coxitis Fieber auftritt, ist das beim simplen Hüftschnupfen meist nicht der Fall. Antibiotika werden nur bei der bakteriellen Coxitis verabreicht.

Morbus Perthes: Es handelt sich um eine Durchblutungsstörung des Hüftkopfes. Ebenso wie beim Hüftschnupfen sind die Ursachen unklar und ebenso sind häufig Buben zwischen dem dritten und zehnten Lebensjahr betroffen. Auch die Beinschmerzen und das Hinken ist ähnlich. Am Anfang der Erkrankung treten Schmerzen im Bereich des befallenen Beines auf. Die Schmerzen werden von den Kindern häufig im Bereich des Oberschenkels oder des Knies angegeben, häufig hinken die Kinder. Morbus Perthes verläuft in verschiedenen Schweregraden, es kann zu einer völligen Wiederherstellung des Hüftkopfes kommen, aber auch eine Deformierung des Hüftkopfes zurückbleiben.

Jugendliche Hüftkopflösung (Epiphysenlösung): Dabei kommt es am oberen Ende des Oberschenkelknochens zu einer Instabilität der Wachstumsfuge (Epiphyse). Betroffen von dieser Wachstumsstörung sind vor allem Buben zwischen dem 10. bis 14. Lebensjahr.

Rheumatische Erkrankung: Auch bei Kindern ist Rheumatismus möglich und kann mit Humpeln, Schmerzen und Fieber einhergehen.

Borreliose: Ein Zeckenstich kann ähnliche Symptome wie Hüftschnupfen (starke Schmerzen in Hüfte und auch im Oberschenkel) hervorrufen. Bei einem Zeckenbiss ist ein Hautausschlag typisch, bei Hüftschnupfen tritt kein Hautausschlag auf.

Zähne: Strahl ein eitriger Zahnherd nach unten aus, kann dies zu Schmerzen bis in die Hüfte führen.

 

Weitere mögliche Erkrankungen mit ähnlichen Symptomen wie bei Hüftschnupfen sind zum Beispiel: Schleimbeutelentzündung, schmerzhaftes Hüftschnappen bei Jugendlichen, eine Neuralgie, bei der der seitliche Oberschenkel-Hautnerv entzündet ist oder eine diabetische Polyneuropathie (bei Jugendlichen und Erwachsenen).

 

Dr. Thomas Hartl

November 2016


Foto: shutterstock


Zuletzt aktualisiert am 13. November 2020