Husten, Atemnot und Leistungsabfall können Anzeichen für eine chronische Atemwegserkrankung sein. Ob es sich um Asthma , COPD, die chronisch obstruktive Lungenerkrankung oder ACOS, das Asthma-COPD-Overlap-Syndrome mit Komponenten beider Erkrankungen, handelt, ergeben spezielle Tests und detaillierte Anamnese.
„Im Jahr 1990 war COPD noch an sechster Stelle der schweren Erkrankungen und Todesursachen gereiht, für 2020 schätzt man, dass sie hinter Herzinfarkt und Schlaganfall noch vor Lungenentzündung und Lungenkrebs rangieren wird“, sagt Prim. Doz. Bernd Lamprecht, Leiter der Klinik für Lungenerkrankungen am Kepler Universitätsklinikum Linz. Die Sterblichkeit an COPD hat sich in den vergangenen 40 Jahren verdoppelt. Zehn bis 15 Prozent der Bevölkerung haben eine diagnostizierte Schadstoffbronchitis, wie COPD auch genannt wird. Da die Dunkelziffer sehr hoch ist, kann man davon ausgehen, dass beinahe jeder fünfte Erwachsene an einer Form von COPD leidet. Auch wenn das Rauchen der Hauptrisikofaktor ist, sind rund 20 Prozent der Kranken Nichtraucher. Passivrauchen, Staub am Arbeitsplatz, Luftverschmutzung mit Feinstaub sind in unseren Breiten weitere Ursachen.
Schleichender Beginn
COPD beginnt schleichend mit morgendlichem Husten mit oder ohne Auswurf. Erste Symptome zeigen sich im Schnitt zwischen dem 40. und 50. Lebensjahr. Viele tun den Husten als Alterserscheinung oder harmlos ab. Später kommt Atemnot bei Belastung und auf Dauer auch im Ruhezustand dazu. Die Leistungsfähig lässt nach.
Man unterscheidet zwei Ausprägungsformen, die sich meist überlappen, wobei eine stärker in Erscheinung tritt. Bei der einen steht die Lungenüberblähung, das sogenannte Emphysem im Vordergrund. Lungenbläschen werden zerstört, es bilden sich größere Blasen, die die Atemoberfläche verkleinern. Das bedeutet, dass weniger Sauerstoff aufgenommen werden kann. Darüber hinaus sammelt sich die Luft in den Blasen und kann nicht mehr vollständig abgeatmet werden, was zur Überblähung führt und schon bei geringer Belastung wie dem Gehen einiger Schritte, Atemnot verursachen kann.
Bei der anderen Form steht die Entzündung im Vordergrund, die die Bronchien verengt und zu Atemschwierigkeiten führt. Nebel, Kälte und Wetterumschwünge können COPD verschlechtern.
Früh, individuell und konsequent behandeln
Rauchstopp ist unbedingt notwendig, um die verbleibende Lungenfunktion zu erhalten. Im Frühstadium kann man COPD sehr gut behandeln und das Voranschreiten hinauszögern. Heilbar ist die Erkrankung jedoch nicht. Behandelt wird medikamentös je nach Form und Stufe mit inhalativen Wirkstoffen. Sie sollen die Bronchien erweitern und die Entzündung eindämmen. Auf Cortison sprechen COPD-Kranke weniger an als allergische Asthmatiker. Asthma ist eine chronische Entzündungskrankheit, die zu erhöhter Reaktion gegenüber Allergenen führt. Dieser Entzündungstyp wird als eosinophile Entzündung bezeichnet und spricht auf Cortison sehr gut an. Bei der chronischen Entzündung von COPD-Kranken spielen sogenannte neutrophile Granulozyten, jene Zellen des Immunsystems eine große Rolle, auf die Cortison kaum wirkt.
„Trotzdem erhalten etwa 60 Prozent der COPD-Kranken Cortisonpräparate, die kaum sinnvoll sind“, so Lamprecht. Für Allgemeinmediziner ist im Akutfall oft schwer zu unterscheiden, ob er es mit Asthma oder COPD zu tun hat. Die Verlaufskontrolle und ein detailliertes Patientengespräch helfen bei der Differenzierung und adäquaten Behandlung. Bei Ungewissheit kann der Patient an einen Lungenfacharzt oder ein Spezialzentrum für weitere Tests überwiesen werden.
Weitere Behandlungsoptionen bei COPD sind Sauerstofftherapie und invasive Eingriffe, die zum Beispiel Nerven unterbrechen, die die Bronchialmuskulatur zusammenziehen. Diese Lungen-Denervierung hat zum Ziel, dass sich die Bronchien wieder erweitern.
Akute Verschlechterungen vermeiden
Bedeutsam für Prognose und Verlauf ist es, akute Verschlechterungen, genannt Exazerbationen, zu verhindern. Sie werden häufig durch Infekte ausgelöst. Daher ist COPD-Kranken angeraten sich gegen Grippe und Pneumokokken impfen zu lassen.
Ab 40 sollte jeder einmal eine Lungenfunktions-, Volums und Atemwiderstandsmessung durchführen lassen, um einen Ausgangswert zu haben.
Allergisches Asthma ist die häufigste Form
Auch Asthma zeigt die Symptome von Husten und Atemnot. Asthma ist seltener als COPD, man rechnet mit 5 bis 6 Prozent Betroffenen in der Bevölkerung. Es beginnt bei zwei Drittel der Kranken im Kindesalter. Wenn es erst im Erwachsenenalter auftritt, spricht man von late onset Asthma. Die häufigste Ursache sind Allergien. Je nach Allergen, tritt das Asthma dann ganzjährig oder saisonbedingt auf. Das kindliche Asthma kann in der Pubertät für immer verschwinden oder später irgendwann wieder kommen. Asthma hat eine genetische und eine Umweltkomponente, daher ist die Ausprägung sehr unterschiedlich. Ein Anfall zeigt sich durch Atemnot, Husten und pfeifendes Atemgeräusch. Während bei COPD die Lungenfunktion immer eingeschränkt bleibt, kann sie sich beim Asthmatiker – je nach Form – zwischen den Anfällen wieder völlig erholen und normalisieren.
Beschwerdefreiheit ist das Ziel
Ziel der Asthmatherapie ist Beschwerdefreiheit. Dann spricht man vom kontrollierten Asthma. Cortison ist eine bedeutsame Säule der Therapie, behandelt wird nach einem Stufenschema. Neu ist die Anti IgE-Therapie und die Anti-Interleukin-5-Therapie gegen die Entzündung. „Diese Spritzenbehandlung alle zwei bis vier Wochen steht Patienten zur Verfügung, die mit herkömmlichen Medikamenten nur unzureichend behandelt werden können. Ziel der neuen Behandlungsform ist es, die Therapie mit Cortisontabletten zu reduzieren“, sagt Lamprecht. Auch bronchienerweiternde Medikamente zum Inhalieren kommen zum Einsatz.
Jeder Fünfte zeigt Komponenten beider Erkrankungen
20 Prozent der Patienten mit chronischen Atemwegserkrankungen zeigen Kennzeichen von Asthma und COPD. Man nennt diese Form „Asthma-COPD-Overlap-Syndrom“, kurz ACOS. Diese Patienten haben häufiger Exazerbationen, schlechtere Lebensqualität, rascheren Lungenfunktionsverlust und eine höhere Mortalitätsrate. Sie sollten in spezialisierten Ambulanzen/Zentren getestet, behandelt und kontrolliert werden.
Rauchstopp ist für beide Patientengruppen anzustreben genauso wie ein individuell abgestimmtes Bewegungsprogramm. Bewegung hat antientzündliche Wirkung und trainiert die Atemmuskulatur. Auch ein Reha-Aufenthalt ist angezeigt. Gute Patientenschulung zum optimalen Selbstmanagement der Erkrankung hilft sowohl Asthma- als auch COPD-Patienten.
Asthma oder chronische Schadstoffbronchitis im Überblick
Asthma
- Beginn meist im Kindesalter
- Plötzliche Atemnot bei Anfall
- Asthmakranke zwischen Anfällen gesund
- Husten kündigt Anfall an
- Atemwegswiderstand nur während Anfall erhöht
- Bronchiale Einengung reversibel
- Cortison wirkt sehr gut
- Keine Lungenüberblähung
- Kaum Sterblichkeitsrisiko
COPD
- Beginn ab 40, 50 Jahren
- Langsame Verschlechterung der Atemnot
- Steigender Leidensdruck im Verlauf
- Husten immer morgens, oft mit Schleim
- Bronchiale Einengung nur teilreversibel
- Atemwegswiderstand immer erhöht
- Cortison wirkt gering
- Häufig Lungenüberblähung
- Erhöhtes Sterblichkeitsrisiko
Mag. Christine Radmayr
Dezember 2016
Foto: shutterstock