Niemand hat gerne Fieber. Doch eigentlich sollte man froh darüber sein. Denn eine erhöhte Körpertemperatur unterstützt den Patienten beim Gesundwerden.
Die Augen brennen, Kopf und Glieder schmerzen, Schüttelfrost plagten Körper und dann klettert das Fieberthermometer auch noch auf über 38 Grad. Keine schöne Angelegenheit, auf Erkrankungen dieser Art könnte man gerne verzichten. Viele Menschen haben, wenn es sie erwischt, daher vor allem eines im Sinn: Das Fieber muss runter! Die einen schwören auf fiebersenkende Mittel aus der Apotheke, die anderen auf Topfenwicklel oder sogenannte Essigpatscherl. Hauptsache, der gemarterte Körper kühlt wieder ab.
Doch Experten halten von einer solchen Vorgehensweise gar nicht viel. „Fieber hat sich in der Evolution gehalten, es muss also einen positiven Effekt haben“, sagt Professor Dr. Martin Fleck, Chefarzt der Poliklinik für Rheumatologie und Klinische Immunologie Asklepios im bayrischen Bad Abbach und Oberarzt am Universitätsklinikum Regensburg, der zum Thema „Fieber unbekannter Ursache“ forscht.
Was für den betroffenen Patienten anstrengend und unangenehm ist, sieht Fleck als „sinnvolle Reaktion“ des Körpers, „um bei Infekten die Erreger zu eliminieren“. Denn die Hitze ist eine starke Waffe des Körpers. In Tierversuchen konnte nachgewiesen werden, dass Infektionen länger dauern, wenn Fieber unterdrückt wird. Denn Abwehrreaktionen im Körper laufen schneller ab, wenn die Temperatur des Körpers höher ist als normal. Krankheitserreger sind an die normale Körpertemperatur von 36, 37 Grad gewöhnt, bei höherer Temperatur hingegen werden sie geschädigt. Daher sollte man im Normalfall, wenn man Fieber hat, einen alten Spruch beherzigen: abwarten und Tee trinken. Fieber bekommen übrigens nicht nur Menschen und Säugetiere, sondern auch Reptilien, Amphibien und wirbellose Tiere.
48 Stunden Zeit
„Menschen, die ansonsten keine gesundheitlichen Probleme haben, können, wenn Fieber auftritt, zunächst einmal 48 Stunden abwarten“, sagt Professor Fleck. Meist handelt es sich um Virusinfektionen, mit diesen wird der Körper gut fertig, er braucht einfach die Zeit dazu.
Hält das Fieber allerdings länger an und treten auch noch allerlei Beschwerden wie starke Kopfschmerzen, starke Bauchschmerzen, Durchfall, eitriger Auswurf oder Schmerzen beim Wasserlassen auf, dann sollte doch rasch medizinischer Rat eingeholt werden. Denn im Falle einer bakteriellen Infektion sollte mit Antibiotika gegengesteuert werden. Auch Menschen, die durch andere Erkrankungen geschwächt sind, sollten gleich zum Arzt gehen, für sie kann jede Infektion gefährlich werden. Das gilt auch für Ältere.
Unbekannte Ursache
Manchmal hält sich Fieber aber auch über Wochen, in einigen Fällen spricht man von FUO (fever of unknown origin / Fieber unbekannter Ursache). Geprägt haben den Begriff im Jahr 1961 die beiden Internisten Robert Petersdorf und Paul Beeson. Ihre Definition: wenn die Körpertemperatur innerhalb von drei Wochen immer wieder auf mehr als 38,3 Grad steigt und auch nach einwöchiger stationärer Untersuchung keine Diagnose feststeht. Die Kriterien gelten auch heute noch, nur reicht auch ein dreitägiger stationärer Aufenthalt ohne Diagnose, um von FUO zu sprechen.
Das Fieber sollte in diesem Fall nicht unterdrückt werden, sondern man muss sich an die gründliche Suche nach den Ursachen machen. „Oft liegen Krebs oder Autoimmunerkrankungen vor“, sagt Martin Fleck. Doch auch mit vorüber-gehendem Fieber, das man leicht in den Griff bekommen sollte, ist nicht zu spaßen. Viele Menschen wollen eine solche Schwäche nicht zulassen, nehmen fiebersenkende Mittel und gehen weiterhin zur Arbeit. Nicht gut, befindet Professor Martin Fleck. „Die Gefahr ist groß, dass der Betroffene weitere Beschäftigte am Arbeitsplatz ansteckt. Das kann kein Arbeitgeber wollen“, erklärt der Experte. Ein Fiebernder müsse sich „die Ruhe gönnen, die er braucht“. Sonst werde die Angelegenheit nur verschleppt, das Auskurieren dauert dann sogar länger. Überhaupt empfiehlt Professor Fleck Patienten, keine großen Ansprüche an sich selbst zu stellen. Wer Fieber hat, ist völlig fertig und fühlt sich zerschlagen; man schafft es kaum, die Zeitung zu lesen, geschweige denn ein ganzes Buch. Denn die Energie-reserven des Hirns und der Muskeln verlagern sich ins Immunsystem, um die Krankheits-erreger wirksam bekämpfen zu können. Es hilft also nichts: Im Bett zu bleiben, viel zu schlafen und Tee zu trinken ist das beste Heilmittel.
Kinder haben häufiger Fieber als Erwachsene. Auch hier gilt: Fieber ist keine Krankheit, sondern eine Abwehrreaktion auf Krankheitserreger. Zum Arzt sollten Eltern jedoch gehen, wenn das Kind noch keine drei Monate alt ist und mehr als 38 Grad Körpertemperatur hat. Medizinischen Rat sollte man auch einholen, wenn das Kind erbricht, nichts mehr essen oder trinken will und das Fieber länger als drei Tage andauert oder bei einem älteren Kind bei über 39 Grad liegt. Das Gleiche gilt für Kinder, bei denen zwar die Temperatur wieder zurückgegangen ist, die aber dennoch weiterhin teilnahmslos oder offensichtlich beeinträchtigt sind.
Temperaturunterschiede
Im Schnitt liegt die Körperkerntemperatur beim Menschen zwischen 36,5 und 37,4 Grad. Darüber spricht man von erhöhter Temperatur, ab 38 Grad von Fieber, ab 39 Grad von hohem Fieber. Klettert das Fieberthermometer auf mehr als 41 Grad, spricht man von
Hyperpyrexie. Dies kann lebensbedrohlich sein, man sollte sofort einen Arzt aufsuchen.
Temperaturunterschiede ergeben sich aber auch bei verschiedenen Arten des Fieber-messens. Experten empfehlen die rektale Messung (im Po), da sie – wie Studien zeigen – am genauesten ist. Die Messdauer sollte drei bis fünf Minuten betragen. Die rektal gemessene Temperatur liegt rund 0,4 Grad Celsius höher als im Mund (sublingual) oder der Achsel (axillar).
Bei der axillaren Messung (in der Achselhöhle) sollte man das Thermometer mindestens acht Minuten an seinem Platz lassen und den Arm fest an den Körper legen.
Für Kinder eignet sich Fiebermessen mittels Infrarotwellen. Das Gerät wird dabei in den vorderen Teil des Ohres (aurikuläre Messung) eingeführt.
Birgit Baumann
Februar 2017
Bild: shutterstock
Prof. Dr. Martin Fleck
Universitätsklinikum Regensburg