Bleibt einem die Luft weg, bedeutet das einen Notfall, in dem rasches Handeln höchste Priorität hat. Steht kein anderes Mittel zur Verfügung, kann als Notmaßnahme ein Luftröhrenschnitt lebensrettend sein.
Ohne Atmung kann der Mensch nur kurze Zeit überleben. Normalerweise wird man nach zwei Minuten ohne Sauerstoff ohnmächtig. Nach fünf Minuten ist das Gehirn irreparabel geschädigt. Nach zirka zehn Minuten ohne Sauerstoffzufuhr ist ein Mensch klinisch tot.
Situationen, in denen einem „die Luft wegbleibt“, sind daher stets lebensgefährlich und rasche Hilfe ist vonnöten. Solche gefährlichen Situationen treten vor allem bei Verkehrsunfällen auf, wenn der Hals-Kopf-Bereich schwer verletzt wurde und zum Beispiel Knochenteile im Hals das Einatmen verhindern. Andere Gefahrenmomente sind ein plötzlicher Asthmaanfall oder ein stark anschwellender Wespenstich, der die Luftzufuhr abdrückt.
Rettungsmaßnahmen
Ist die Luftzufuhr (teilweise) verlegt oder die Luftröhre beschädigt, wird von Sanitätern oder Notfallärzten in den meisten Fällen konventionell beatmet. Das bedeutet den Einsatz einer Atemmaske oder einer Intubation, wobei der Verletzte mittels eines Schlauches, der durch den Mund in die Luftröhre eingelegt wird, mit Luft erstversorgt wird. Nur wenn es nicht möglich ist, die Atmung auf diesem üblichen Weg zu sichern, weil die Verletzung zu schwer ist, kommt ein Luftröhrenschnitt infrage, um den Tod durch Ersticken zu verhindern. „Dieser Noteingriff darf ausschließlich von einem Arzt vorgenommen werden, wenn eine Person zu ersticken droht und es keine andere Möglichkeit gibt, diese zu retten“, sagt Oberarzt Dr. Gunar Gebhartl, Anästhesist und Intensivmediziner am Salzkammergut-Klinikum Vöcklabruck und Ärztlicher Leiter des Notarztdienstes Vöcklabruck.
Schnitt oder Punktion
Liegt ein Notfall vor und soll ein Luftröhrenschnitt (Koniotomie) gesetzt werden, wird der Patient auf den Rücken gelegt und sein Kopf weit nach hinten geneigt. Dann wird die Haut unterhalb des Kehlkopfes horizontal zirka drei Zentimeter weit aufgeschnitten. Danach folgt ein vertikaler Schnitt, mit dem der Arzt das Band, das sich zwischen Adamsapfel und Ringknorpel befindet, durchtrennt. Dadurch entsteht eine Öffnung in der Luftröhre, in die ein Beatmungsschlauch (Tubus) geführt wird.
Häufiger als ein Schnitt wird allerdings eine Luftröhrenpunktion gesetzt. Hier wird das Band nicht durch einen zweiten Schnitt durchtrennt, sondern mit einer spitzen Hohlnadel durchstochen. Durch diese Punktionsöffnung wird dann der Beatmungsschlauch in die Luftröhre eingeführt.
Riskanter Eingriff
Dieses Vorgehen ist lebensrettend, aber auch riskant. „Die Halsschlagader ist für einen Notarzt nicht das große Problem, die ist weit genug entfernt, um nicht verletzt zu werden. Es besteht aber die Gefahr, dass die Luftröhre auch an ihrer Rückwand durchstochen wird, oder dass der Kehlkopf verletzt wird. Auch die Stimmbänder können verletzt werden. Achtgeben muss man auch, dass man nicht die Schilddrüse verletzt“, sagt Dr. Gebhartl.
Und Action!
In Fernseh- und Kinofilmen kann das Publikum mitunter mitverfolgen, wie ein rettender Held einem vom Erstickungstod bedrohten Opfer das Leben rettet, indem er ihm zum Beispiel einen Kugelschreiber in den Hals rammt, damit die Luftröhre öffnet und einen Strohhalm in dieses Loch steckt, durch das der am Boden Liegende plötzlich wieder Luft bekommt und am Leben bleibt. „Mir persönlich ist kein Fall bekannt, dass ein Laie so etwas tatsächlich ausprobiert hat, geschweige denn, dass er damit Erfolg hatte. Rein theoretisch wäre so eine Aktion aber schon möglich und man hört und liest immer wieder davon. Scheitern würde so ein Vorhaben wohl daran, dass man die Haut durchstoßen muss und dafür braucht es einen extrem spitzen Gegenstand. Ein gewöhnlicher Kugelschreiber wird dafür kaum tauglich sein. Außerdem käme durch einen Strohhalm viel zu wenig Sauerstoff in die Luftröhre. Würde ein Laie so einen schweren Eingriff wagen, bestünde das große Risiko, der Person schwerste und auch tödliche Verletzungen zuzufügen. Bevor man so etwas überhaupt in Erwägung zieht, sollte man als allererstes die Rettung rufen. Falls das nicht möglich ist und es überhaupt keine andere Chance gibt, die Person zu retten, erst dann sollte man eine laienhafte Punktion überhaupt in Erwägung ziehen“, sagt Dr. Gebhartl.
Luftröhrenschnitt ohne Notfall
Der oben beschriebene Luftröhrenschnitt ist eine rein notfallmedizinische Maßnahme. Davon zu unterscheiden ist die sogenannte Tracheotomie. Hierbei handelt es sich um einen geplanten chirurgischen Eingriff, der immer dann benötigt wird, wenn die Sauerstoffversorgung eines Patienten durch künstliche Beatmung gesichert werden muss und eine herkömmliche Tubusbeatmung nicht zielführend erscheint. Mögliche Gründe für eine solche Operation ist beispielsweise ein Krebsgeschwür im Nasen- und Rachenraum, welches die Luftzufuhr verhindert. Für Menschen, die nach einem schweren Unfall im Koma liegen und ohne künstliche Beatmung sterben würden, sichert eine Tracheotomie die Chance zu überleben.
Wespenstich
Auch Wespenstiche können Lebensgefahr durch Ersticken bedeuten, vor allem, wenn Personen gestochen werden, die gegen dieses Gift allergisch sind. Oder wenn man direkt im Hals oder Rachen gestochen wird. Schwillt der Rachenraum an, sollte man ein Notfallmedikament nehmen und den Notarzt rufen. Zusätzlich kann man versuchen, die Schwellung mit Eiswürfeln innen und außen zu reduzieren. Verliert der Gestochene das Bewusstsein, sollte man sofort mit Wiederbelebungsmaßnahmen (beatmen) beginnen. „Hat man kein Notfallmedikament zur Hand oder wirkt es nicht ausreichend, dann kann in diesem Fall als letzte Möglichkeit ein ärztlicher Luftröhrenschnitt das Leben retten“, sagt Dr. Gebhartl.
Heimlich-Griff bei Erstickungsgefahr
Auch diese Szene kennt man aus Film und Fernsehen: Ein Bissen gelangt in die Luftröhre und bleibt im Hals stecken. Ein Retter packt die Person von hinten und schließt die Arme um sie. Er ballt dann die Hände zu Fäusten und zieht damit zwischen Nabel und Brustkorb kräftig und ruckartig nach innen und oben, bis der Bissen aus der Luftröhre ins Freie geschleudert wird und alle erleichtert aufatmen. Der Schauspieler hat dabei einen Griff – den Heimlich-Griff – simuliert, der von Sanitätern in der Realität im Notfall tatsächlich angewandt wird.
Eine solche Notsituation kommt in der Realität relativ häufig vor. Bleibt einem das Essen im Hals stecken, kann das rasch gefährlich werden. Meist lässt sich ein fehlgeleiteter Bissen aber durch Aushusten wieder entfernen. Gelingt das nicht, können einige Schläge zwischen die Schulterblätter helfen. Hilft auch das nicht und droht Erstickungsgefahr, kann der Heimlich-Griff Abhilfe schaffen. „Der Heimlich-Griff hat schon oft Leben gerettet. Das ist eine einfache Methode, die Rettungssanitäter erlernen“, sagt Dr. Gebhartl.
Andererseits wird vor Anwendung dieses Griffs häufig gewarnt, da er Leber und Milz verletzen kann. „Innere Verletzungen sind zwar möglich, treten aber nicht häufig auf. Diese Methode ist weniger gefährlich, als sie manchmal dargestellt wird. Wenn es keine Alternative gibt und jemand zu ersticken droht, soll man den Griff jedenfalls anwenden“, sagt Dr. Gebhartl.
Dr. Thomas Hartl
Juli 2017
Bild: shutterstock