Wenn Menschen durch den plötzlichen Herztod aus dem Leben gerissen werden, ist das für Angehörige besonders tragisch. Ursache kann ein Kammerflimmern sein. In diesem Fall kann eine rasche Defibrillation das Leben retten. Ein Elektroschock wird aber nicht nur im Notfall sondern auch als geplante Therapie etwa bei tachykardem Vorhofflimmern genutzt.
„Patienten mit Herz-Kreislauf-Stillständen, die irgendwo an öffentlichen Plätzen, wie etwa auf einem Flughafen, stattfinden und die rasch von Passanten mit Hilfe eines automatisierten externen Defibrillators (AED) geschockt werden, haben größere Überlebenschancen als Menschen, die zu Hause ein Kammerflimmern erleiden, wo es keinen AED gibt“, sagt der Notfallmediziner und Internist OA Dr. Matthias Kölbl, der im Ordensklinikum Linz Elisabethinen die Notfallambulanz und Akutstation leitet.
Kammerflimmern ist ein lebensbedrohlicher Zustand und führt, wenn nicht unverzüglich behandelt, sehr rasch zu einer Sauerstoffunterversorgung lebenswichtiger Organe und in der Folge zum Tod. Das Herz schlägt dabei mit 300 bis 800 Schlägen pro Minute so schnell und unkontrolliert, dass ein ausreichender Blutauswurf aus dem Herzen nicht mehr gewährleistet werden kann. Pro Minute ohne Behandlung verschlechtern sich die Überlebenschancen um 10 Prozent. Wenn innerhalb der ersten drei Minuten defibrilliert werden kann, steht die Chance für das Überleben hingegen recht gut.
AEDs in Flughäfen, Schulen, Ämtern
Notfallmediziner Kölbl befürwortet die Ausstattung möglichst vieler öffentlicher Orte mit AEDs. Diese geben Helfenden via Display oder Stimme genaue Anweisungen, was bei Herz-Kreislaufstillstand zu tun ist. „Auf jeden Fall aber soll immer sofort mit der Reanimation mit Herzdruckmassage und Beatmung im Rhythmus 30:2 begonnen werden“, sagt Kölbl. Keiner braucht im Umgang mit den AEDs Angst zu haben, etwas falsch zu machen. Es werden zwei Klebeelektroden laut Skizze auf der Brust aufgeklebt und das Gerät erkennt selbständig, ob eine Herzrhythmusstörung vorliegt, die man defibrillieren kann. Nur in diesem Fall kann ein Schock mittels Tastendruck ausgelöst werden. Liegt kein defibrillierbarer Rhythmus vor, löst die Taste nicht aus und das Gerät führt durch die weiteren Schritte. „Den Bewusstlosen auf jeden Fall weiter reanimieren bis Notarzt und Rettung da sind. Wer sich nicht zutraut zu beatmen, soll zumindest unbedingt die Herzdruckmassage durchführen“, sagt Kölbl. Für das Überleben ist das Zusammenspiel von korrekter Reanimation und Defibrillation notwendig.
Notfallhilfe mit einem AED-Gerät
So wird der automatische asynchrone und lebensrettende Schock durchgeführt:
- Gerät einschalten und neben den Bewusstlosen legen.
- Sprachanweisungen oder Handlungsvorgaben auf dem Display folgen.
- Die zwei großflächigen Elektroden nach Anweisungen unterhalb des rechten Schlüsselbeines und auf dem linken Rippenbogen auf nackter Haut anbringen.
- Gerät analysiert Herzrhythmus und prüft, ob ein Elektroschock nötig ist.
- Betroffener darf in der Analysephase nicht berührt werden.
- Nur wenn der Elektroschock angezeigt ist, kann dieser durch Tastendruck erfolgen. Die Stromstärke beträgt je nach Gerät zwischen 150 bis 360 Joule.
- Gerät gibt Anleitung für sofortige Weiterführung der Herzdruckmassage und Beatmung nach dem Stromstoß.
„Im Notarztwesen oder Krankenhaus wird bei der pulslosen ventrikulären Tachykardie, Kammerflimmern und Kammerflattern defibrilliert. Die Geräte im Spital oder Notarztwagen verfügen über einen Monitor, auf dem mit zusätzlichen Elektroden und Blutdruckmanschette die Sauerstoffsättigung, Blutdruck und Herzfrequenz abzulesen ist. Natürlich wird im Spital auch sofort ein EKG geschrieben. Der behandelnde Arzt kann, je nach Gerät, den asynchronen Schock manuell oder automatisch abgeben. Der Elektroschock entspricht sozusagen dem Reset-Knopf beim Computer. Alle Ströme im Herzen werden kurz gleichgeschaltet, um das Kammerflimmern zu beenden. Ziel ist, dass der Sinusknoten mit seinen regulären Impulsen anschließend wieder die Kontrolle über den Herzmuskel übernimmt und der normale Rhythmus somit wiederhergestellt ist“, erklärt Kölbl.
Schlaganfallgefahr bei Vorhofflimmern
Die Defibrillation ist nicht zu verwechseln mit der synchronisierten Kardioversion, die bei anderen Herzrhythmusstörungen angewendet wird, bei denen der Patient noch einen Puls hat. Die Defi-Geräte im Spital erfüllen beide Funktionen. Unter elektrischer Kardioversion versteht man eine nicht invasive Behandlung von Rhythmusstörungen, die in aller Regel von den Vorhöfen ausgehen, oft instabil werden und mit hoher Herzfrequenz einhergehen können. Der Elektroschock wird im Gegensatz zur Defibrillation synchron zur elektrischen Kammererregung abgegeben, um den Sinusrhythmus wiederherzustellen.
Vor allem das tachykarde Vorhofflimmern beziehungsweise Vorhofflattern sowie die atriale Tachykardie, kommen für die elektrische Kardioversion in Frage.
Beim Vorhofflimmern wird der Vorhof durch schnell aufeinanderfolgende, ungeordnete Impulse erregt, von denen zwar nur ein Teil auf die Kammern übergeleitet wird, die Frequenzen aber meist immer noch zu schnell sind und es bei längerer Dauer zu einer unökonomischen Herztätigkeit kommt. „Die Patienten verspüren oftmals ein Herzrasen, Schwindel, Atemnot oder Brustschmerzen und zeigen einen plötzlichen Leistungsabfall. Dazu kann sogar Todesangst kommen, wenn das Herz rast“, sagt Internist Kölbl. Das Vorhofflimmern kann auf Dauer die Pumpfunktion des Herzens einschränken und es besteht neben der Gefahr der Herzinsuffizienz das Risiko, dass sich in den Vorhöfen Gerinnsel bilden, die sich lösen können und in den Körperarterien, insbesondere des Gehirns, ein Gefäß verstopfen, sprich einen Schlaganfall verursachen.
Beim Vorhofflimmern kann es zu bis zu 350 Vorhofschlägen und mehr pro Minute kommen, von denen ein Drittel bis die Hälfte auf die Kammern übergeleitet wird. Beim Vorhofflattern ist die Frequenz etwas niedriger ist.
Die elektrische Kardioversion ist bei einem instabilen Vorhofflimmern meist effektiver und schneller wirksam als eine medikamentöse Kardioversion mit bestimmten Antiarrhythmika, die die elektrische Herztätigkeit ebenso wieder normalisieren und zu einer geordneten Kontraktion führen sollen.
Geplanter synchroner Schock
Die elektrische Kardioversion wird im Krankenhaus durchgeführt. Kommt jemand mit einem tachykarden Vorhofflimmern, das schon länger als 48 Stunden anhält, muss der Patient zur Thromboseprophylaxe drei Wochen vor dem Eingriff blutverdünnt werden. Zusätzlich kann man mittels einer transösophagealen Echokardiographie (Schluckecho), einer speziellen Ultraschalluntersuchung, feststellen, ob sich ein Thrombus im Herzen gebildet hat. Nimmt ein Patient schon die korrekten Medikamente zur Antikoagulation (Blutverdünnung), kann die Kardioversion sofort durchgeführt werden. Dabei wird unter Kurznarkose, über am Brustkorb aufgeklebte Elektroden, ein Stromimpuls unter permanenter EKG-Aufzeichnung synchron zur Kammererregung abgegeben. Anhand des EKGs erkennt der Arzt, ob die Behandlung erfolgreich war und das Herz des Patienten wieder im regulären Sinusrhythmus schlägt. Die Stromstärke beträgt je nach Bedarf etwa 50 bis maximal 200 Joule. Der Patient bleibt zumindest einige Stunden nach der Kardioversion noch zur Überwachung mit Kontrolle von EKG und der Vitalparameter im Spital.
Rhythmuskontrolle
Damit der Patient den Sinusrhythmus nach der Kardioversion möglichst andauernd beibehält, können Antiarrhythmika verschrieben werden. Je nach Thromboserisiko werden auch blutgerinnungshemmende Medikamente befristet oder lebenslang verordnet. Nach der Behandlung ist der Patient nicht automatisch vor erneutem Auftreten eines tachykarden Vorhofflimmerns gefeit. In diesem Fall kann erneut eine elektrische Kardioversion durchgeführt werden. Bestimmte Patienten können auch für eine Katheterablationstherapie vorgesehen werden. Je nach Allgemeinzustand, Art, Symptomatik und Dauer des Vorhofflimmerns kann auch auf eine rein frequenzkontrollierende Therapie mit Medikamenten umgestellt werden. Der Kardiologe oder Internist verordnet die optimale individuelle Therapie.
Implantierbarer Defi zum Schutz
Um lebensbedrohliche Herzrhythmusstörungen zu verhindern, besteht auch die Möglichkeit, einen Defibrillator zu implantieren. Das ist keine Notfallmaßnahme sondern eine Dauertherapie für ausgewählte Herzpatienten.
Wer einen plötzlichen Herztod überlebt hat, dem kann ein so genannter implantierbarer Kardioverter/Defibrillator (ICD) eingesetzt werden, der automatisch, sobald er eine bedrohliche Arrhythmie erkennt, einen Stromschlag abgibt, um diese zu beenden. Diese ICD-Geräte sind etwa so groß wie eine Streichholzschachtel und werden unter der Haut implantiert, sodass dessen Elektroden über das Venensystem direkten Kontakt mit dem Herzmuskel haben.
Auch Patienten mit ausgeprägter Herzschwäche und erhöhtem Risiko für Kammerflimmern kann ein Defi eingesetzt werden. Die Batterien der modernen ICD-Geräte haben eine Haltbarkeit je nach Häufigkeit der Schockabgaben von bis zu 7 Jahren. Der Patient sollte aber zumindest einmal jährlich in einer Schrittmacherambulanz kontrolliert werden.
Mag. Christine Radmayr
Juni 2019
Bild: shutterstock