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Virtuelle Koloskopie


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Die Methoden der virtuellen Koloskopie wurden erstmals 1996 und 1997 beschrieben. Die «virtuelle Koloskopie» basiert auf Abdomenaufnahmen, die mit einem der beiden herkömmlichen Schnittbildverfahren, Computertomographie (CT) und Magnetresonanztomographie (MR), gewonnen werden. Aus den Daten der Schnittbilder wird mit Computerprogrammen eine Innenansicht des Kolons konstruiert (MR- Kolonographie, CT- Kolonographie).
Für eine CT- und MR-Kolonographie muss der Patient genau wie bei der Koloskopie vollständig abgeführt werden. Stuhlreste können Raumforderungen vortäuschen. Für die MR-Kolonographie wird der Darm mit 2–3 Litern Wasser gefüllt, welches Gadolinium enthält. Danach werden MR-Aufnahmen in Bauch- und Rückenlage gemacht. Für die CT-Kolonographie wird der Darm mit Luft gefüllt.
Die CT-Kolonographie kann als etablierte Methode angesehen werden.
Die konventionelle Koloskopie wird als „Gold Standard“ in der Detektion kolorektaler Polypen und des kolorektalen Karzinoms angesehen, ist aber kein perfekter Screeningtest; in einer Studie5 war die Fehlerrate der übersehenen 10mm und größeren Adenome 6%, für 6-9mm große Adenome 13% und für 5mm und kleinere Adenome 17%. Die Effektivität der Koloskopie in Bezug auf die Senkung der kolorektalen Karzinommortalität wurde bisher weder in Fall - Kontrollstudien noch in randomisiert kontrollierten klinischen Studien nachgewiesen.
In mehr als 20 Studien wurde die diagnostische Treffgenauigkeit der CTKolonographie mit der konventionellen Koloskopie verglichen, allerdings in nur 5 Studien wurden asymptomatische Patienten mit einem durchschnittlichen Risiko für ein kolorektales Karzinom6 im Rahmen eines Routinescreenings untersucht.
Die in den Studien berichteten Sensitivitäten der CT-Kolonographie variieren sehr stark, von 35% bis 100% für Patienten mit 10mm und größeren Adenomen, größere Studien berichten Sensitivitäten in einer Bandbreite von 55% bis 94%. Die in den meisten Studien berichtete Spezifität beträgt mehr als 90%. In der Detektion kleinerer Adenome nimmt die Sensitivität und Spezifität ab. Positive Ergebnisse in einer CT-Kolonographie erfordern eine Überweisung zur Koloskopie um den Befund zu bestätigen und/oder zur Polypenentfernung.7 Eine CTKolonographie führt zu einer relevanten Bestrahlung, dies ist vor allem bei Patienten, die sich freiwillig einem Screening unterziehen zu bedenken.
Es gibt bisher keine Evidenz, ob und dass die CT-Kolonographie das Gesundheitsergebnis verbessert, nämlich die karzinomspezifische Mortalität senkt, keine Studie zeigte eine Senkung der Mortalität wie für die Sigmoidoskopie oder den Test auf okkultes Blut im Stuhl, die Evidenz für die konventionelle Koloskopie ist allerdings auch nur eine indirekte.
Die CT-Kolonographie hat eine relativ hohe Spezifität, aber die berichteten Sensitivitäten sind sehr breit gestreut. Die meisten Studien über CT-Kolonographie konnten keine mit der konventionellen Koloskopie vergleichbare Sensitivität zeigen. Unterschiedliche Patienten- und Scannercharakteristika können diese Variabilitäten nicht vollständig erklären, und um die CT-Kolonographie für ein generelles Screening zu empfehlen, müssen die Ursachen für die sehr heterogenen Ergebnisse geklärt werden.
Als „first line“ Screening Methode bei asymptomatischen Personen wird die CTKolonographie in der recherchierten Literatur nicht empfohlen.
Nur eine Studie kommt zu dem Ergebnis, dass die CT-Kolonographie bei asymptomatischen Patienten mit einem durchschnittlichen Risiko für ein kolorektales Karzinom eine geeignete Screeningmethode in der Detektion von kolorektalen Polypen im Vergleich zur konventionellen Koloskopie darstellt. Die Studie wurde unter „idealen“ Bedingungen erstellt, sowohl von Seiten der Software als auch von Seiten speziell geschulter Befunder. Andere Studien mit deutlich schlechteren Ergebnissen hinsichtlich der Sensitivität sind unter „normalen“ Bedingungen entstanden, die der Situation entsprechen dürfte, in der auch die meisten Patienten untersucht werden.
Die CT-Kolonographie wird ebenfalls nicht als „first line“ Untersuchungsmethode für Patienten mit einer hohen Wahrscheinlichkeit für ein kolorektales Karzinom empfohlen.
Als Indikation wird die CT-Kolonographie nach inkompletter Koloskopie als Ersatz der Irrigoskopie angesehen, sowie bei älteren Patienten und bei Patienten, bei denen eine Anästhesiebereitschaft im Rahmen einer Koloskopie erforderlich ist. Argumente dafür sind die Risiken und die Kosten, die mit einer Koloskopie in Narkose verbunden sind. Bei älteren Patienten kann die Polypengröße von 10mm als cut off für einen „signifikanten Polypen“ angenommen werden, da eine geringe Wahrscheinlichkeit besteht, dass sich Polypen mit einer Größe unter 10 mm in der verbleibenden Lebenszeit zu einem Karzinom entwickeln.
Die CT-Kolonographie sollte als Erstuntersuchung bei Patienten in Erwägung gezogen werden, die bei früheren konventionellen Koloskopien nicht oder schwierig zu untersuchen waren, bei Vorliegen von Stenosen und bei Perforationen oder Blutungen in vorangegangenen Koloskopien.
Die virtuelle Kolonographie sollte die Irrigoskopie nach inkompletter Koloskopie ersetzen.
In England im Rahmen des NHS Health Technology Assessment Programm läuft seit Februar 2004 eine randomisierte kontrollierte Studie zur Evaluierung der virtuellen Koloskopie im Vergleich zur konventionellen Koloskopie und Irrigoskopie in der Diagnostik des kolorektalen Karzinoms bei symptomatischen Patienten, älter als 55 Jahre.24 Ergebnisse sind Mitte 2009 zu erwarten. Der Stellenwert der CTKolonographie25 als Screeningmethode bei asymptomatischen Personen wird in England kontroversiell gesehen, die Studie soll die Hypothese verifizieren, dass die CT-Kolonographie eine sichere und kosteneffektive Untersuchungsmethode ist bei symptomatischen Patienten, die älter sind und eine Koloskopie schlechter tolerieren.
Der medizinische Zusatznutzen der CT-Kolonographie besteht darin, dass auch andere Organe als das Kolon beurteilt werden können, dass ältere oder gebrechliche Patienten die CT-Kolonographie besser als die Irrigoskopie tolerieren, allerdings muss der Patient für die Aufnahmen zum Teil relativ lange die Luft anhalten (40 Sekunden), was bei älteren Patienten schwierig sein kann.
Basierend auf einer Evaluation der Qualität und der ökonomischen Aspekte schätzt der dänische HTA Report die Mindestfrequenz für die CT-Kolonographie an einer radiologischen Abteilung auf 100 pro Jahr (2 pro Woche), um die Untersuchung mit guten Ergebnissen durchführen zu können.


Zuletzt aktualisiert am 02. Mai 2016