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eHealth: Revolution und Evaluation im Gesundheitswesen


Aufgrund des technologischen Wandels und des Anstiegs chronischer Erkrankungen ist der Begriff eHealth heutzutage in aller Munde. Immerhin bietet die Integration von eHealth in die Gesundheitsversorgung die Möglichkeit, Ressourcen effizient zu nutzen und eine höhere Qualität in der Leistungserbringung von Gesundheitsdiensten zu gewährleisten. Um das Potenzial von digitaler Medizin voll auszuschöpfen, bedarf es allerdings klarer Vorgaben, wie die Effizienz im Bereich des Gesundheitswesens richtig evaluiert werden kann. Bei der letzten EWG-Veranstaltung zum Thema „eHealth: Revolution und Evaluation im Gesundheitswesen“ lag der Fokus auf der Demonstration von eHealth Anwendungen im Praxiseinsatz sowie insbesondere auf der Darstellung von methodischen Empfehlungen für die gesundheitsökonomische Evaluation von eHealth in Österreich.

 

Herr Direktor Werner Bogendorfer von der Versicherungsanstalt für Eisenbahnen und Bergbau (VAEB) betonte in der Einleitung seines Vortrages, dass ein modernes Gesundheitssystem stets mit Kooperation, Kommunikation aber vor allem mit der Vernetzung einhergeht. Darüber hinaus ist der elektronische Dialog zentral, um die Nachhaltigkeit von Interventionen sicherzustellen. Ferner war es Werner Bogendorfer sehr wichtig, dass Digitalisierung nicht mit eHealth gleichgesetzt wird, da letzteres nicht prozessgebunden ist, sondern es sich hierbei um die Verschmelzung von drei Disziplinen zu einem neuen Fachbereich handelt. Diese Disziplinen beinhalten die Medizin, das Gesundheitsmanagement und die Informations- und Kommunikationstechnologien, wobei eHealth von fortschreitenden Gesundheitsinformationsnetzwerken, Telemedizin und neuen Technologien stets weiterentwickelt wird. In diesem Zusammenhang ist es der VAEB gelungen, die Voraussetzungen für eHealth erfolgreich zu nutzen und sie im Rahmen des Gesundheitsdialoges Diabetes umzusetzen. Anhand des Gesundheitsdialoges Diabetes, welcher eines der vier laufenden Projekte im Bereich eHealth der VAEB darstellt, demonstrierte Werner Bogendorfer, dass durch Telemonitoring die Qualität in der Gesundheitsversorgung verbessert werden kann. Mit „DiabMemory“ erfassen PatientInnen ihre ermittelten Blutzuckerwerte. Das System soll die Therapie von Diabetes Mellitus unterstützen. Der behandelnde Arzt/die behandelnde Ärztin kann sodann anhand der statistisch aufbereiteten und grafisch dargestellten Daten Feedback geben und hat die Möglichkeit die Therapie zu optimieren. Ziel des Dialoges ist es, durch die kontinuierliche Datenerfassung und Betreuung durch einen Allgemeinmediziner/eine Allgemeinmedizinerin kostspielige Folgeerkrankungen einzudämmen. In seinem Vortrag wird deutlich, dass es in der Praxis bereits Erfolge mit eHealth gibt, allerdings noch an einigen Stellen Verbesserungsbedarf besteht, besonders wenn es darum geht, wer von den positiven Effekten der neuen Innovation im Bereich der Leistungsträger profitiert. Ferner wird es durch eHealth möglich gemacht, Daten zu sammeln, die bislang nicht verfügbar waren und in Zukunft auch bei der Evaluation von Gesundheitsanwendungen helfen können.

 

Im zweiten Impulsvortrag stellte Dr. Christian Böhler, Gesundheitsökonom am European Centre for Social Welfare Policy and Research in Wien, methodische Empfehlungen für die ökonomische Evaluation von eHealth-Innovationen in Österreich vor. Christian Böhler leitete seinen Vortrag damit ein, dass eHealth das Potential hat, die Effizienz in der Leistungserbringung, den Zugang zu Leistungen sowie die Qualität der Gesundheitsversorgung nachhaltig zu verbessern. Die Besonderheiten von eHealth würden jedoch die Entwicklung eigener ökonomischer Evaluationsstandards erfordern. Zu diesen Besonderheiten, so Christian Böhler, gehören neben einem rasanten technologischen Fortschritt mit sich stetig ausweitenden Anwendungsmöglichkeiten insbesondere die Komplexität eHealth-gestützter Behandlungspfade. Darüber hinaus könnte der potentiell disruptive Charakter von eHealth zu einer vollständigen Transformation der Leistungserbringung führen. Daneben sind laut Christian Böhler multiple, zeitverzögerte sowie unvorhergesehene Effekte von eHealth-Innovationen zu erwarten, die sich mitunter schwer im Rahmen einer ökonomischen Evaluation bewerten lassen. All dies führt zu Schwierigkeiten bei der Umsetzung experimenteller Studien, wie z.B. der Spezifizierung experimenteller Variablen sowie der experimentellen Zuordnung oder der Verblindung. Daher ist es notwendig die Technologien frühzeitig und iterativ aus dem Blickwinkel unterschiedlicher Entscheidungsträger zu bewerten.  Hierfür sind neben quasi-experimentellen und observierenden Studiendesigns auch und insbesondere Methoden der gesundheitsökonomischen Modellierung in Betracht zu ziehen, da diese nicht nur eine Synthese der jeweils verfügbaren Evidenz zu einem bestimmten Zeitraum ermöglichen, sondern z.B. auch erlauben, klinische Endpunkte über den experimentellen Untersuchungszeitraum zu extrapolieren oder das experimentelle Setting an das Routinesetting anzupassen.

 

Als besonders wichtig strich Christian Böhler heraus, dass Entscheidungsträgern nach einer Evaluation nicht nur deren Ergebnisse, Quellen und Annahmen, sondern auch die jeweiligen Modelle in elektronischer Form vor- und dargelegt werden. Ohne Zugang zum gesundheitsökonomischen Modell ist es Entscheidungsträgern nicht möglich, die Ergebnisse einer Studie kritisch zu hinterfragen, bevor diese Ergebnisse zur Unterstützung von Allokationsentscheidungen im Gesundheitswesen herangezogen werden. Dies erfordert auch den Aufbau entsprechender Kapazitäten bei den jeweiligen Entscheidungsträgern. In Bezug auf die Übertragbarkeit von Studien hob Christian Böhler hervor, dass die Ergebnisse einer Studie nicht ohne weiteres auf andere Kontexte übertragbar sind, und dass Methoden zur Analyse der Übertragbarkeit von gesundheitsökonomischen Studien weiterentwickelt werden müssten. Schließlich merkte Christian  an, dass bei der Weiterentwicklung der vorgestellten Empfehlungen zur gesundheitsökonomischen eHealth-Evaluation in Österreich auch die Stimmen unterschiedlicher Stakeholder zu Gehör kommen sollten.

 

Die Veranstaltung zeigte, dass eHealth bereits einiges im österreichischen Gesundheitssystem bewirkt hat, es aber durchaus noch Ausbaubedarf gibt. Der Vortrag von Christian Böhler zeigte in diesem Zusammenhang wie gesundheitsökonomische Evaluationen eingesetzt werden können, sodass Innovationen den bestmöglichsten Nutzen für alle involvierten Stakeholder stiften, aber vor allem für die Gesundheit der PatientInnen in Österreich.

 

Literatur:

Boehler, C. (2018) Methodische Empfehlungen für die ökonomische Evaluation von eHealth-Applikationen in Österreich 2018. European Centre, Vienna.

Zuletzt aktualisiert am 14. November 2020