Zwei innovative OÖGKK-Projekte helfen pflegenden Angehörigen
Die Autorin:
Elke Ranzenmayr
ist Mitarbeiterin in der Abteilung „Leitung der Fachambulatorien“ der OÖGKK und Projektverantwortliche für die beiden Leistungsangebote ANNA und EMMA.
KURZFASSUNG
Mit zwei Projekten, die zielgerichtet und maßgeschneidert einer gesundheitlich sehr gefährdeten Gruppe von Menschen helfen, hat die OÖ Gebietskrankenkasse ihr Innovationspotenzial unter Beweis gestellt. ANNA („Angehörige nehmen Auszeit“) und EMMA („Eltern mit Kind machen Auszeit“) wenden sich an pflegende Angehörige, die unter den enormen psychischen und physischen Belastungen leiden, die diese Pflege mit sich bringen kann.
In Oberösterreich beziehen rund 36.000 Menschen Pflegegeld. Etwa 80 Prozent der hilfs- und pflegebedürftigen Menschen in Österreich werden von Angehörigen betreut. Die Pflegetätigkeit wird größtenteils neben der normalen Arbeitsbelastung erledigt und führt oftmals zur Erschöpfung – die Pflegenden gelangen an ihre physischen und psychischen Grenzen. Menschen, die Tag für Tag für ihre pflegebedürftigen Angehörigen sorgen, vergessen dabei oft auf sich selbst und ihre Gesundheit. Dringend notwendige Behandlungen werden aus Sorge um den Pflegling nicht in Anspruch genommen.
Laut einer ÖBIG-Studie zur Situation pflegender Angehöriger aus dem Jahr 2005 fühlen sich 70 Prozent der pflegenden Angehörigen aufgrund der Überforderung und Aussichtslosigkeit bzw. auch des Gefühls der Verantwortung überlastet. Die Betroffenen wünschen sich mehr Angebot in Form von Beratung, Unterstützung oder Begleitung. Aufgrund dieser Situation und aufbauend auf den genannten Anforderungen wurde im Juni 2006 innerhalb der OÖ Gebietskrankenkasse die Entscheidung getroffen, ein speziell auf die Zielgruppe pflegende Angehörige abgestimmtes Servicepaket zu schnüren.
Einerseits stand die Auszeit im Vordergrund, nämlich den pflegenden Angehörigen die Chance zu geben, auch einmal an sich selbst und die eigene Gesundheit zu denken und dabei zu verhindern, dass der pflegende Angehörige durch die Belastungen der täglichen Pflege nicht selbst zum Pflegefall wird. Andererseits war auch das Rund-um-Service-Paket, nämlich die Beratungs-, Unterstützungs- und Begleitungsfunktion ein wichtiger Aspekt, um das Angebot für diese Zielgruppe attraktiv zu machen.
Nach Einführung von ANNA gab es viele Anfragen von Eltern, die Kinder mit Beeinträchtigungen pflegen. ANNA konnte das Bedürfnis dieser Gruppe nicht abdecken. Die Eltern hatten zwar den Wunsch nach einer Auszeit. Sie konnten ANNA aber nicht in Anspruch nehmen, weil sie wegen der sehr starken emotionalen Bindung ihre Kinder nicht alleine zu Hause zurücklassen wollen. Daher kam für sie nur ein Kuraufenthalt gemeinsam mit dem beeinträchtigten Kind in Frage. Mit EMMA wurde dies ermöglicht.
Bei der OÖGKK besteht seit einigen Jahren die Struktur „Netzwerk Hilfe“. In ganz Oberösterreich stehen mehr als 70 speziell ausgebildete Mitarbeiter/innen zur Verfügung. Die Aufgabe der Netzwerk-Hilfe-Betreuer ist es, in bestimmten Situationen Versicherte bei Ihren Anliegen über den eigentlichen Aufgabenbereich der sozialen Krankenversicherung hinaus zu beraten und zu unterstützen.
Die OÖGKK bietet ihren Versicherten Kur- und Erholungsaufenthalte in ihren Einrichtungen – Linzerheim in Bad Schallerbach, Hanuschhof in Bad Goisern sowie im Haus Tisserand in Bad Ischl an. Je nach medizinischer Indikation wird ein individuelles Therapieprogramm festgelegt, um so in drei Wochen einen bestmöglichen Erfolg bei der Genesung zu erreichen. Auf diese beiden bereits bestehenden Programme wurde sowohl bei ANNA als auch bei EMMA zurückgegriffen. Sie wurden jedoch neu miteinander kombiniert, sodass zwei neue bedarfsgerechte Lösungen entstehen konnten.
Bei ANNA übernehmen die Netzwerk-Hilfe-Betreuer eine besonders wichtige Rolle. Gemeinsam mit allen Beteiligten entwickeln sie einen speziell auf die jeweilige Situation abgestimmten Versorgungsplan. Von der Terminkoordination des Kuraufenthaltes, über die Organisation des Platzes im Pflegeheim oder mobiler Betreuung bis hin zur Unterstützung bei Anträgen an Ämter und Behörden. Die Netzwerk-Hilfe-Betreuer verfügen in ganz Oberösterreich über ein dichtes Netzwerk an Verbindungen zu diversen Vereinen, Institutionen, Seniorenzentren und anderen sozialen Einrichtungen.
Bei EMMA ist die Betreuung der Kinder durch ein geschultes Fachpersonal ein wichtiger Bestandteil. Während die Mutter oder der Vater das Kurprogramm in Anspruch nimmt, kümmern sich Betreuungspersonen der „Caritas für Menschen mit Behinderungen“ um die Kinder. Um die bedarfsgerechte Betreuung der Kinder sicher zu stellen, wird bereits im Vorfeld durch Caritas und OÖGKK der Betreuungsaufwand erhoben. Und zwar einerseits mittels Fragebogen, der von den Eltern ausgefüllt wird, und andererseits in einem persönlichen Gespräch mit der Familie.
ANNA und EMMA gehören mittlerweile zum fixen Bestandteil des OÖGKK-Leistungskatalogs. ANNA wurde seit 2007 bis einschließlich 2012 von insgesamt 1.102 Personen in Anspruch genommen, davon waren knapp mehr als zehn Prozent Männer. EMMA wurde 2008 mit einer Pilotphase gestartet. Bis einschließlich 2012 konnten das Programm insgesamt 186 Personen in Anspruch nehmen. Darunter waren 17 pflegende Väter von Kindern mit Beeinträchtigung.