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Innovationsforum der Sozialversicherung: Nutzung von Daten als Chance für Gesundheitsversorgung und medizinischen Fortschritt


Bei einer hochkarätigen Konferenz in hybridem Format diskutierten gestern im Dachverband der Sozialversicherungsträger namhafte Experten aus Wissenschaft, Wirtschaft und Politik über die Möglichkeiten, die sich durch eine gezielte Nutzung von Gesundheitsdaten für Österreich ergeben. Im Mittelpunkt des Innovationsforums, das heuer erstmalig stattfand, stand die Entwicklung eines umfassenden Datenraums.

„Daten sind die Grundlage für das Gesundheitssystem des 21. Jahrhunderts. Österreich braucht eine Datenstrategie für seine Gesundheitsdaten und damit einen Health Data Space, der alle relevanten Daten zusammenträgt“, betont Peter Lehner, Vorsitzender der Konferenz der Sozialversicherungsträger. „Die Ziele sind ein effizientes, leistbares und modernes Gesundheitssystem, die Verbesserung der Patientenversorgung, die Weiterentwicklung von Österreich als Forschungs- und Gesundheitsstandort und das Vorantreiben von Gesundheitsinnovationen“, so der Vorsitzende. „Die Sozialversicherung ist die Schaltstelle im österreichischen Gesundheitssystem. Hier kommen viele wichtige Gesundheitsdaten zusammen. Die Sozialversicherung hat heute einen Basis Datenstamm, auf den man gut aufbauen kann“, unterstreicht Lehner.

Eine umfassende, sichere und verantwortungsvolle Nutzung von Gesundheitsdaten steigert die Effizienz und Effektivität der Versorgung jedes einzelnen Patienten und kann enorme Erkenntnisgewinne in der Forschung und Entwicklung bringen. Darauf aufbauend können personalisierte Medikamente und präzise Therapiemöglichkeiten entwickelt werden.

Die Diskutanten beim Innovationsforum sind von der großen Bedeutung einer intensiven und verschränkten Datennutzung für die Gesundheitsversorgung der Menschen überzeugt.

So meint Sebastian Schneeweis, Professor an der Harvard Medical School in Boston: „Medizin basiert fundamental auf Daten die in Wissen und Handeln umgewandelt werden. International hat dies zu einem zunehmen Grad der Digitalisierung und Datenvernetzung im Gesundheitsbereich geführt, der es erlaubt, medizinische Fortschritte zu beschleunigen, Ärzte in ihrer Arbeit zu unterstützen, und Patienten mehr in die Mitte der Versorgung zu stellen. Österreich hat die Chance international nicht nur auf zu schließen, sondern zu überholen, und damit erhebliches Nutzenpotenzial daheim und in internationalen Partnerschaften zu realisieren."

Ähnlich äußert sich Markus Müller, Rektor der Medizinischen Universität Wien: „Datenintensive Medizin wird die Gesundheitsberufe von technischen Aufgaben entlasten und mehr Freiräume für die direkte Interaktion mit Patienten schaffen. Die derzeitige Praxis der „Shallow Medicine“, die nur wenig Zeit für Arzt-Patient Interaktion zulässt wird damit durch eine neue Ära der „Deep Medicine“ abgelöst werden.“

“Das Innovationsforum ist eine zeitgemässe Veranstaltung, die gerade in unserer Zeit der Coronaepidemie besonders wichtig ist” sagt Thomas Südhof, Nobelpreisträger und Professor an der Stanford University in Kalifornien.

Gerade die COVID-19 Pandemie hat uns gezeigt, wie wichtig digitale Anwendungen für Patienten, Ärzte und Apotheken sind. E-Medikation und E-Impfpass sind ein unverzichtbarer Teil in der Patientenversorgung geworden. Ohne Daten wäre jedoch eine digitale Gesundheitsversorgung nicht möglich.

Friedrich von Bohlen und Halbach, Geschäftsführer von Molecular Health in Heidelberg meint dazu: „Corona zeigt uns die wichtigsten Innovationen für die Medizin. Zum einen das Verstehen molekularer Daten, das uns eine neue Erkenntnisdimension für Diagnose und Behandlung erschließt. Zum anderen der Wert solidarisch verfügbarer Patientendaten, um Wirksamkeit und Sicherheit von Arzneimitteln zu verstehen. Beide Datenarten müssen integriert und kombiniert werden, um dadurch eine transformativ bessere Versorgung zu gewährleisten. Diese sogenannte Präzisionsmedizin geht nur mittels moderner informationstechnischer Unterstützung. Und die Daten bilden das Fundament unserer neuen Solidargemeinschaft im Gesundheitswesen“.

Mit Daten ist es schon heute zum Teil möglich, maßgeschneiderte Präventionsmaßnahmen zu setzen und damit Erkrankungen zu verhindern oder sehr früh zu erkennen. Ziel ist es, in Zukunft noch mehr Menschen gesund zu halten. Für den Erfolg von Präventivmaßnahmen braucht man aber mehr und präzisere Daten. Ein Health Data Space kann dabei maßgeblich unterstützen.

„Wir wollen über die intelligente Nutzung von Gesundheitsdaten die Voraussetzungen für ein längeres gesundes Leben, durch personalisierte Medizin, für alle schaffen“, sagt Antonella Mei-Pochtler vom Think Austria des Bundeskanzleramtes.

Erkrankungen lassen sich mithilfe von Analysen und dem Einsatz von Daten besser behandeln. Die Verfügbarkeit von Daten und Erkenntnissen über Therapieansätze und deren Verläufe sind für Behandlungserfolge von entscheidender Bedeutung.

Hans-Georg Eichler von der Europäischen Arzneimittelbehöre EMA meint dazu: „Vor etwa 15 Jahren hörte ich: "Es ist unethisch, persönliche Gesundheitsdaten von Patienten für Forschungszwecke zu verwenden". Heute würde ich sagen: "Es ist unethisch, persönliche Gesundheitsdaten von Patienten nicht für Forschungszwecke zu verwenden".

Mit dem Innovationsforum als Startschuss möchte die Sozialversicherung einen Dialog fördern, der sich mit den Potentialen eines Health Data Space auseinandersetzt. Die stärkere Verknüpfung und Nutzung von Daten bietet für Patienten, Leistungserbringer und Kostenträger enorme Chancen. Wir können diese ergreifen um zukünftig große Vorteile für die Gesundheitsversorgung daraus ziehen zu können.


Über den Dachverband der Sozialversicherungsträger:
Der Dachverband der Sozialversicherungsträger wurde mit 1. Jänner 2020 gegründet. Die Organisation koordiniert und unterstützt die fünf gesetzlichen Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherungen ÖGK, SVS, BVAEB, PVA und AUVA und ist unter anderem für Digitalisierungsinitiativen, internationale und rechtliche Angelegenheiten, Statistik, Dienstrecht sowie Arznei- und Heilmittel zuständig. Das geschäftsführende Organ ist die Konferenz der Sozialversicherungsträger. Dieser gehören die Obleute und deren Stellvertreter der fünf Träger an. Am 14. Jänner 2020 wurden SVS-Obmann Peter Lehner als 1. Vorsitzender der Konferenz der Sozialversicherungsträger und die AUVA-Obmann-Stellvertreterin Ingrid Reischl als 2. Vorsitzende gewählt. Die Sitzungsführung rotiert unter den Vorsitzenden halbjährlich. Das Büro des Dachverbands wird von Büroleiter Martin Brunninger und seinem Stellvertreter Alexander Burz geleitet, hat rund 300 Mitarbeiter und seinen Sitz in der Kundmanngasse in Wien-Landstraße.

Zuletzt aktualisiert am 10. Mai 2021