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Mann greift sich aufs Herz

Wenn ein großes Herz zum Problem wird

Großherzigkeit ist im Zusammenleben eine bereichernde Eigenschaft. In der Medizin wird ein vergrößertes Herz nur bei Spitzensportlern gutgeheißen, wenn sich dieses an die extreme Beanspruchung angepasst hat. Bluthochdruck, Herzmuskel- oder klappenerkrankungen können zum Beispiel Ursache einer abnormen Vergrößerung des Herzens, genannt Kardiomegalie, sein. Eine adäquate Behandlung hilft gegen die drohende Einschränkung der Pump- und Leistungsfähigkeit. 

In Durchschnitt wiegt unser Herz rund 300 Gramm. Eine stete Überlastung unseres Motors oder eine Schädigung des Herzmuskels kann es krankhaft anwachsen lassen, sodass es immer mehr Kraft braucht, Blut in und durch unseren Körper zu pumpen und genügend Sauerstoff zu allen Zellen zu bringen. Wiegt das Herz einmal mehr als 500 g, sind die Herzkranzarterien überfordert und sie können den Herzmuskel nicht mehr ausreichend versorgen. Die Folge ist eine Abnahme der Leistungsfähigkeit des Herzens mit Endstation „Herzschwäche“.  Daher ist eine weitere Abklärung notwendig, wenn etwa in einer Zufallsdiagnose beim Thorax-Röntgen ein abnorm verdickter Herzmuskel entdeckt wird.

Kompensation ohne Beschwerden

Lange Zeit kann ein etwas vergrößertes Herz die Leistung symptomlos kompensieren. Im fortgeschrittenen Stadium macht sich die ständige Überforderung durch Anzeichen einer Herzschwäche oder Herzrhythmusstörung bemerkbar. „Wenn der Patient zum Beispiel mit Symptomen wie Atemnot bei leichter körperlicher Belastung, Ödemen, sprich Wasseransammlungen in der Lunge oder den Beinen, unregelmäßigem Herzschlag, Müdigkeit und Leistungsminderung beim Arzt vorstellig wird, muss das Herz genau untersucht werden.  

Die Kardiomegalie ist kein eigenständiges Krankheitsbild, sondern eine sekundäre Veränderung am Herzen, die sich auf andere Grunderkrankungen zurückführen lässt“, sagt Oberarzt Dr. Christian Ebner, Leiter des Departments Kardiomyopathie und Herzinsuffizienz im Ordensklinikum Linz Elisabethinen.   


Häufige Ursachen der Kardiomegalie:

  • Bluthochdruck oder Lungenhochdruck
  • Herzklappenfehler wie etwa eine Verengung der Aorten- oder Schwäche der Mitralklappe
  • Erkrankungen der Herzmuskulatur, sogenannte Kardiomyopathien (verdickte oder erweiterte Herzkammer)
  • Hochgradige chronische Anämie (Blutarmut) mit oder ohne Eisenmangel
  • Schilddrüsenerkrankungen


Schwangerschaft/Geburt, Fettleibigkeit und bestimmte Infektionen sowie Alkohol, Drogen und manche Medikamente können ebenfalls zu einem vergrößerten und überlasteten Herzen führen.

Im Bild – oft zufällig - entdeckt

Wichtigste Diagnosemöglichkeit ist die Bildgebung mit Thorax-Röntgen, EKG, Herzultraschall, Computer- und Magnetresonanztomografie. „Neben der Anamnese, Bildgebung, bekannten Vorerkrankungen hilft eine Blutanalyse bei dem zum Beispiel auch das Pro-BNP bestimmt wird. Das ist ein Hormon, das im Herzen gebildet wird und bei der Kontrolle von Wasserhaushalt und Blutdruck bedeutend ist. Dessen Erhöhung ist ein Zeichen für eine Herzschwäche“, sagt Internist und Kardiologe Dr. Ebner, der darauf hinweist, dass Herzschwäche neben Tumorerkrankungen die häufigste Ursache für eine Aufnahme im Krankenhaus ist. Auch eine Herzkatheteruntersuchung kann in der Diagnostik notwendig werden. „10 bis 15 Prozent aller Menschen ab 75 oder 80 Jahren leiden mehr oder minder unter einer Herzinsuffizienz, die in vier Stadien klassifiziert ist. Bei den 40-Jährigen sind es 1 bis 2 Prozent“, sagt der Herzspezialist.  

Die Ursachen sind neben Klappenerkrankungen und Kardiomyopathie, eine koronare Durchblutungsstörung nach einem Herzinfarkt und Rhythmusstörungen wie zum Beispiel Vorhofflimmern. 

Bei den Kardiomyopathien, die zur krankhaften Vergrößerung des Herzens führen, sind an oberster Stelle die dilatative und die hypertrophe Form zu nennen.

 

a) Dilatative Kardiomyopathie: Sie ist die häufigste Form, die eine Erweiterung der Herzkammern und somit Vergrößerung des Herzens mit Leistungsschwäche mit sich bringt. Der Herzmuskel kann sich dann nur mehr eingeschränkt zusammenziehen, weil er überdehnt ist. Oftmals löst eine Herzmuskelentzündung (Myokarditis), die etwa durch eine verschleppte Grippe oder auch Covid-19 verursacht werden kann, die Krankheit aus. Weitere Ursachen können Drogen- oder Alkoholkonsum, Herzklappenerkrankungen oder genetisch sein.  

b) Hypertrophe Kardiomyopathie: Grund für diese Herzvergrößerung beziehungsweise Verdickung des Herzmuskels ist meist ein genetischer. 

c) Ischämische Kardiomyopathie: Die Koronare Herzkrankheit (KHK) durch eine Arteriosklerose (Verkalkung) der Herzkranzgefäße führt zur Minderdurchblutung und im schlimmsten Fall zum Infarkt. Es sterben langsam Muskelzellen ab und gleichzeitig versucht das noch gesunde Herzgewebe die Pumpfähigkeit durch eine Vergrößerung des Muskels aufrecht zu erhalten. Wenn diese Kompensation nicht mehr ausreicht, verliert der Herzmuskel an Elastizität und die Pumpleistung verschlechtert sich. Eine chronische Herzschwäche ist die Folge.  

Behandlung richtet sich nach Grunderkrankung

Das überlastete Herz muss nach der zugrunde liegenden Erkrankung behandelt werden, ansonsten drohen Komplikationen wie Blutgerinnsel, Herzrhythmusstörungen und plötzlicher Herztod.

 

Therapieoptionen bei Herzschwäche:

  • Medikamente: Je nach Ursache kommen unterschiedliche Wirkstoffe zum Einsatz. Dazu gehören zum Beispiel die Kombination von ACE-Hemmern und Betablockern, um den Blutdruck zu senken und die Pumpfunktion zu verbessern; Entwässerungsmittel; sogenannte MR-Antagonisten, die bedrohliche Rhythmusstörungen verhindern helfen. Wenn das Risiko für ein Gerinnsel besteht, kommen auch Blutgerinnungshemmer zum Einsatz.
  • Klappenersatz bei geschädigten und/oder verengten Herzklappen.
  • Bypass- oder Stent: Bei verengten oder verstopften Herzkranzarterien, kann eine Bypass-Operation oder das Einsetzen eines Stents (Drahtgitters, welches das Gefäß stützt und offen hält) helfen, die Durchblutung zu verbessern.
  • Implantation eines Defibrillators: Patienten mit fortgeschrittener Herzschwäche und bei denen Kammerflimmern droht, haben ein erhöhtes Risiko für den plötzlichen Herztod. Bei ausgewählten Patienten kann ein implantierbarer Kardioverter-Defibrillator (ICD) eingesetzt werden, der, wenn er eine lebensbedrohliche Rhythmusstörung erkennt, einen Elektroschock abgibt und somit den Rhythmus wieder normalisiert.
  • Kunstherz: Ist ein Herz so schwach, dass eine Transplantation notwendig wird, kann ein künstliches Herz zur Überbrückung eingesetzt werden. Bei alten Menschen mit Begleiterkrankungen, für die keine Transplantation mehr in Frage kommt, können so moderne Pumpsysteme auch im Körper bleiben. Diese ventrikulären Assistenzsysteme (VAD), übernehmen die Arbeit des geschädigten und schwachen Herzens zu einem Großteil.

 

Herzschwäche langfristig strukturiert behandeln

Menschen mit fortgeschrittener chronischer Herzschwäche müssen im Schnitt drei bis vier Mal jährlich wegen einer akuten Verschlimmerung ins Krankenhaus. Eine strukturierte, vernetzte und individuelle Langzeitbetreuung der Patienten soll helfen, die Krankheit gut zu managen. In mehreren Bundesländern laufen solche Projekte. Hausärzte, mobile Krankenpflege und Kardiologen im Spital vernetzen sich und arbeiten zusammen, mit dem Ziel die Lebensqualität der Patienten zu verbessern, den Verlauf der Krankheit positiv zu beeinflussen und Spitalsaufenthalte zu reduzieren.  

Lebensstil verändern

Herzgesund zu leben heißt sein Leben anzupassen. Die Ernährung soll arm an gesättigten Fettsäuren, Natrium und Cholesterin sein. Die Mittelmeerkost mit Fisch, magerem Fleisch, viel Obst, Gemüse und gesunden Fetten, wie etwa Olivenöl, gilt als herzschonend. Dazu kommt körperliche Aktivität, die in Umfang und Intensität immer mit dem Arzt individuell auf die Leistungsfähigkeit des Herzens abgestimmt werden muss. Leichtes Ausdauertraining ergänzt durch Krafttraining sind empfohlen. Menschen mit Kardiomegalie sollen nicht rauchen, den Alkohol- und Koffeingenuss einschränken und ausreichend schlafen.  

Das Sportlerherz als gesunde Ausnahme

Immer wieder einmal hört man vom Sekundentod eines Leistungssportlers. Landläufig wird oft das vergrößerte Herz dafür verantwortlich gemacht, was nicht stimmt. Meist steckt hinter dem plötzlichen Herztod eine angeborene, unentdeckte hypertrophe Kardiomyopathie. Auch die Einnahme von Anabolika kann das Herz stark vergrößern und schädigen.  

Das Sportlerherz oder Athletenherz ist die Folge einer vermehrten intensiven sportlichen Belastung, etwa von monate- oder jahrelangem Ausdauertraining. Das Herz passt sich an das intensive körperliche Training an: Die Herzkammern vergrößern sich, die Muskelmasse des Herzens nimmt zu (Hypertrophie), auch die Herzkranzgefäße erweitern sich, um den Herzmuskel gut versorgen zu können.  

Das größere und kräftigere Herz versorgt den Körper schnell und effektiv mit Blut, was Höchstleistungen möglich macht. Im Unterschied zum krankhaft vergrößerten Herzen, wo die Pumpleistung sinkt, steigt diese beim Sportlerherz. Das maximale Herzzeitvolumen, also die maximale Menge an Blut, die das Herz bei hoher Belastung pumpt, kann sich im Vergleich zum Untrainierten verdoppeln.  

Ruhepuls 30 bis 40

Typisch für Spitzensportler ist auch ein sehr niedriger Ruhepuls (30 – 40 Schläge pro Minute). Das Athletenherz bildet sich nach Ende der Sportkarriere wieder zurück. Von einem abrupten Abbruch des Trainings wird eher abgeraten und reduzierter, regelmäßiger Ausdauersport empfohlen.  

Moderater Gesundheitssport führt zwar zu keinem Sportherz, ist für Wohlbefinden und Fitness aber enorm wertvoll.

 

Mag. Christine Radmayr
April 2022


Bild: AdobeStock/Bits and Splits



Zuletzt aktualisiert am 05. Mai 2022