Asthma ist die häufigste chronische Atemwegserkrankung bei Kindern. Eine Erkrankung, deren Beschwerden belastender werden können, wenn die Pollensaison durch den Klimawandel immer länger andauert. Denn oftmals handelt es sich um ein allergisches Asthma, und hier leiden betroffene Menschen, vor allem Kinder und Jugendliche, dann zur Pollensaison besonders stark an Symptomen.
In Europa sind rund 5,5 Millionen Kinder an Asthma erkrankt. Die Diagnostik von kindlichem Asthma ist aber komplex und herausfordernd. Häufig kommt es dazu, dass die Erkrankung entweder nicht erkannt oder auch fälschlicherweise diagnostiziert wird. In der Folge werden diese Kinder und Jugendlichen nicht, nicht ausreichend oder unnotwendigerweise behandelt – mit mitunter weitreichenden Auswirkungen auf ihren weiteren gesundheitlichen Lebensverlauf: Aktuelle Daten belegen, dass eine verminderte Lungenfunktion bereits im Kindes- und Jugendalter vorliegen kann und dass frühzeitige Diagnose sowie richtige Behandlung von entscheidender Bedeutung sind, da ein direkter Zusammenhang zwischen Lungenfunktion und Lebenserwartung besteht.
Welt-Asthma-Tag
Anlässlich des Welt-Asthma-Tages am 3. Mai betonten die Experten der Gesellschaft der Österreichischen Lungenfachärzte, ÖGP, mit Nachdruck die Wichtigkeit der richtigen und möglichst frühzeitigen Diagnose und Behandlung von kindlichem Asthma. Als Basis dafür wurde jüngst von einer Task Force der Europäischen Pulmologischen Gesellschaft (European Respiratory Society ERS) unter Beteiligung österreichischer Lungenfachärzte die erste Leitlinie für kindliches Asthma erarbeitet.
Asthma – häufigste chronische Atemwegserkrankung von Kindern
Von kindlichem Asthma spricht man bei einer Erkrankung im Alter von 5 bis 16 Jahren. Die Prävalenz von Asthma bronchiale bei Kindern wird in der EU auf 9,4 Prozent geschätzt, das entspricht rund 5,5 Millionen betroffene Kinder.
Ein Problem bei kindlichem Asthma ist die Diagnostik. „Asthma vor dem fünften Lebensjahr zu diagnostizieren ist schwierig, denn mit so kleinen Kindern kann man die zur Diagnose notwendigen Tests einfach noch nicht durchführen“, so Univ.-Prof. Dr. Angela Zacharasiewicz, MBA, Leiterin des Arbeitskreises Pädiatrische Pneumologie der Österreichischen Gesellschaft für Pneumologie und Oberärztin an der Abteilung für Kinder- und Jugendheilkunde im Klinikum Ottakring, Wilhelminenspital.
Kindliches Asthma – häufig unter- oder falsch diagnostiziert
Und auch bei älteren Kindern und Jugendlichen gestaltet sich die richtige Diagnosestellung manchmal komplizierter: Untersuchungen an europäischen Schulkindern zeigen, dass Asthma oftmals unter- oder falsch diagnostiziert wird. Lungenspezialistin Zacharasiewicz: „Die Asthma-Diagnose bei Kindern stellt eine klinische Herausforderung dar. Ursache dafür ist oftmals, dass Atemwegsinfekte vor allem bei kleineren Kindern fehlgedeutet werden, da sie oft ähnliche Symptome hervorrufen wie Asthma. In der Folge kommt es manchmal zu einer Übertherapie mit Cortison.“ Eine Unterdiagnostizierung wiederum führt nicht nur zu unnötigen Beschwerden, häufiger Schulabwesenheit und einer Einschränkung der Lebensqualität, sondern auch zu schwereren Asthma-Anfällen, Krankenhausaufnahmen und einer höheren Morbidität.
Erste Leitlinie für kindliches Asthma geschaffen
Die bisherigen Asthma-Leitlinien bezogen sich nicht speziell auf Kinder. So hat sich eine internationale Expertenrunde, eine Task Force der europäischen pulmologischen Gesellschaft ERS, einige Jahre hindurch intensiv mit der Problematik auseinandergesetzt, wie Asthma beim Kind am besten zu diagnostizieren ist. Die Ergebnisse finden sich nun in der ersten Leitlinie für kindliches Asthma.
Zacharasiewicz, CO-Autorin dieser ERS-Leitlinie: „Die Diagnose von Asthma darf niemals auf nur einem einzigen Testergebnis beruhen. Wir wissen, dass die Diagnosestellung nicht immer einfach und meist nicht mit einem einzigen Arztbesuch gestellt werden kann.“
Drei Schlüsseltests zur richtigen Diagnose
Nach den Empfehlungen der Leitlinie stützt sich die Diagnose von Asthma bei Kindern und Jugendlichen auf mehrere Säulen: Punkt eins, eine genaue Anamnese muss erhoben werden. Zacharasiewicz: „Oftmals braucht es dabei mehrere Vorstellungen beim Arzt, denn die Beschwerden wie Husten oder Atemnot, typischerweise verbunden mit pfeifenden Geräuschen, dem sogenannten Giemen, treten meist anfallsartig auf und dazwischen sind die Kinder und Jugendlichen beschwerdefrei. Daher ist es empfehlenswert, ein Asthma-Tagebuch zu führen, in dem die Symptome notiert werden.“
Dann empfiehlt die ERS-Leitlinie drei Schlüsseltests: Spirometrie, Reversibilitätstest (Bronchospasmolyse-Test) und einen FENO-Test, bei dem die Konzentration von Stickstoffmonoxid in der Ausatmungsluft gemessen wird. Ausschlaggebend für die Diagnose ist dann die Zusammenschau all dieser Resultate.
Zacharasiewicz: „Es gibt noch weitere mögliche Tests zur Diagnostik von Asthma, die in der Leitlinie hinsichtlich ihres sinnhaften Einsatzes behandelt werden und die zusätzlich zur Anwendung kommen können, wenn mit Anamnese und den Schlüsseltests keine eindeutige Diagnose gestellt werden kann. Sind aber zwei von drei Schlüsseltests positiv, gilt die Diagnose von Asthma als gesichert.“
Richtige Diagnose entscheidend für den weiteren Lebensweg
Eine korrekte Diagnose spielt sowohl für die betroffenen Kinder als auch ihre Familien eine große Rolle: Die Eltern wollen Klarheit, um ihre Kinder bestmöglich unterstützen zu können, ihre Symptome zu lindern und ihre Lebensqualität zu verbessern. Für die Kinder und Jugendlichen sind eine korrekte Diagnosestellung und nachfolgende Therapie, neben der Verbesserung der aktuellen Situation, enorm wichtig für ihren weiteren Lebensweg. „Denn die Lungenfunktion im Kindesalter hat Auswirkungen auf die Lungengesundheit im Erwachsenenalter“, so Priv.-Doz. Dr. Robab Breyer-Kohansal, Abteilung für Atemwegs- und Lungenkrankheiten Klinik Penzing, Wien, und Forschungsleiterin am Ludwig Boltzmann Institut für Lungengesundheit. Man weiß, dass Kinder mit erniedrigter Lungenfunktion ein erhöhtes Risiko haben, im Erwachsenenalter an einer chronischen Lungenerkrankung zu leiden. Daher sind wahrscheinlich Interventionen bereits in diesen jungen Lebensjahren besonders wichtig, um den weiteren Verlauf der Lungenfunktion zu beeinflussen.
Österreichische Gesellschaft für Pneumologie/ Red.
Mai 2022
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