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Alzheimer: Gesunde Aktivität hilftv

Alzheimer: Gesunde Aktivität hilft

Alzheimer lässt sich bisher durch Medikamente weder verhindern, noch stoppen oder gar heilen. Aus diesem Grund ist Prävention umso wichtiger. Mit speziellen Maßnahmen lässt sich nämlich der Ausbruch der Erkrankung hinauszögern und auch deren Verlauf verlangsamen. Das Um und Auf einer wirksamen Prävention ist es, geistig und auch körperlich aktiv zu bleiben oder zu werden. 

Demenzen werden mit zunehmender Lebenserwartung immer häufiger. Der Abbauprozess im Gehirn läuft jahrelang still und heimlich ab, bevor Symptome als solche erkannt werden und die Erkrankung diagnostiziert wird.

Typische Symptome

Alzheimer ist die häufigste Form einer Demenz. Typische Alzheimer-Symptome sind: Einschränkung der Merkfähigkeit, Störung der räumlichen Orientierung, Störungen des Zeiterlebens, Einschränkung praktischer Fertigkeiten wie Jacke zuknöpfen, Störungen der Sprache, Einschränkung räumlich-konstruktiver Fähigkeiten (zum Beispiel fällt es schwer, ein Haus oder einen Würfel zu zeichnen), Störung der Motivation (sozialer Rückzug, Hobbies werden aufgegeben), schwankende Gefühlslage (plötzlich aggressiv oder ängstlich, misstrauisch). 

Lebensqualität am Lebensende 

Die Erkrankung kann bisher zwar nicht verhindert oder gestoppt werden, der Beginn des Ausbruchs und deren Verlauf kann jedoch verzögert werden. Da Alzheimer vor allem im hohen Alter auftritt, bedeutet eine Verzögerung, dass Betroffene die schwersten Phasen der Erkrankung oft nicht mehr erleben. „Es macht einen großen Unterschied für die Lebensqualität, ob man seine letzten Lebensjahre in den frühen oder in späten Phasen der Erkrankung verbringt. Eine möglichst lange Verzögerung ist daher sehr wertvoll“, sagt Mag. Carmen Viereckl, Psychologin der MAS Alzheimerhilfe, Demenzservicestelle Gmunden. 

Lebensstil 

Der geistige Abbauprozess lässt sich mit gezielten Lebensstilmaßnahmen zeitlich hinauszuzögen. Diese sind sowohl präventiv als auch als Teil der Therapie wirksam.

„Man kann nicht nur die Erkrankung verzögern und den Verlauf positiv beeinflussen, es gibt zudem einen dritten Faktor, der in der Praxis wichtig ist: Durch die Lebensstilmaßnahmen hat man als Betroffener auch Einfluss auf das eigene Verhalten in der Erkrankung. Indem man aktiv bleibt und sich viel beschäftigt, ist man weniger ängstlich, depressiv oder aggressiv. Das erhöht die Lebensqualität deutlich und mindert mögliche Verhaltensauffälligkeiten“, erklärt Mag. Viereckl. 

Geistige Aktivität 

Experten sind sich einig, dass das Gehirn wie ein Muskel gefordert und trainiert werden kann. Positiv sind nicht nur das Lernen und Denken an sich, auch kreative Tätigkeiten erzielen ihre Wirkung. Förderlich ist beispielsweise das Musizieren, Spiele spielen, Kreuzworträtsel lösen und vor allem das Erlernen immer neuer Bereiche (Sprachen, Spiele aller Art etc.). Auch das Eintauchen in die Welt des Internets kann sinnvoll sein, da man dabei Neues erforscht. Wichtig ist, dass man Dinge macht, die einem Freude bereiten, die man als positiv erlebt und die machbar sind. Niemand soll sich überfordern, sondern seine Aktivitäten als bereichernd empfinden. 

„Je früher man sein Gehirn trainiert, desto besser. Wichtig ist, dass man neugierig bleibt und neue Herausforderungen sucht und nicht immer dasselbe macht. Wer beispielsweise immer die gleichen Rätsel löst, die er spielend leicht beherrscht, der profitiert weniger, weil er nicht mehr nachdenken muss“, sagt Mag. Viereckl 

Reserven schaffen 

Die wissenschaftliche Erklärung, warum das Lernen und alle Arten von geistigen Aktivitäten helfen: Lernen schafft eine sogenannte kognitive Reservekapazität. Wer sich lange Zeit seines Lebens mit Lernen beschäftigt, schafft eine sogenannte kognitive Reserve im Gehirn für den Fall, dass sich Alzheimer anbahnt. Das heißt, dass man länger ohne die Erkrankungssymptome bleibt, auch wenn die Erkrankung bereits vorhanden ist. Bildung mildert die Folgen von Alzheimer selbst dann, wenn das Leiden bereits zu einer deutlichen Verminderung des Hirnvolumens geführt hat.  

Eine hohe Kapazität steht für eine starke Widerstandsfähigkeit gegen die Symptome der Hirnschädigung. Die Reservekapazität bildet ein Gegengewicht zur Krankheit. Daher gibt es sowohl Menschen mit einer fortgeschrittenen Hirnschädigung, die kaum Symptome zeigen, als auch Menschen mit geringer Hirnschädigung und stark ausgeprägten Beschwerden. 

Geistige Aktivität bietet jedoch keinen absoluten Schutz vor Erkrankung. Menschen, die ihr ganzes Leben lang geistig aktiv waren, können ebenfalls an Alzheimer erkranken. Intellektuell Leistungsfähige haben jedoch größere Ressourcen und können die Anzeichen der Erkrankung länger kompensieren. Vergessen sie beispielsweise ein bestimmtes Wort, haben sie mit ihrem großen Sprachschatz die Möglichkeit, auf andere Worte auszuweichen. Beispiel: Stuhl oder Sitzgelegenheit statt Sessel.  

Gegen den Leerlauf 

Ein gut trainiertes Gehirn ist für Menschen jeden Alters wichtig. Auch und insbesondere für Senioren ist es wichtig, sich geistig fit zu halten und das Hirn zu beschäftigen. Man sollte vermeiden, dass das Denkorgan mit der Pensionierung in den Leerlauf fällt. Dazu ist es nötig, nicht völlig unstrukturiert in den Tag hineinzuleben, ohne etwas zu tun und ohne Aktivitäten für den Tag zu planen.  



Alzheimer: Gesunde Aktivität hilft











„Als Prävention hilft im Grunde jede geistige Tätigkeit. Die MAS Alzheimerhilfe bietet im Bereich Vorsorge verschiedene Möglichkeiten und Angebote wie Prophylaxe-Trainingsgruppen an. Den Senioren macht Gedächtnistraining viel Spaß. Es sind Gemeinschaftserlebnisse, die ihnen wirklich guttun“, sagt die Psychologin. Mehr Infos unter www.alzheimerhilfe.at 

Soziale Aktivität 

Gemeinschaftserlebnisse sind auch als Präventionsmaßnahme von großer Bedeutung. Der soziale Kontakt zu anderen Menschen ist für das Sprachvermögen wichtig, die Gedächtnisleistung wird angeregt und die Wahrnehmung und Konzentration geschärft. Möglichkeiten des Kontakts gibt es viele: Freunde, Bekannte oder Familie treffen, einen Kurs besuchen, Yoga oder Turnstunden absolvieren, bei Wanderungen mitgehen, ein Ehrenamt ausüben, bei Vereinen mitmachen, musizieren oder singen. 

Körperliche Aktivität 

Viele Studien belegen, dass körperliche Aktivität auch das Gehirn gesund hält. Es wird besser durchblutet, die Nervenzellen werden gestärkt und es können sich neue Nervenzellen bilden. Dadurch wird das Gehirn besser geschützt und seine Leistungsfähigkeit bleibt länger erhalten.

Mindestens zwanzig Minuten körperliche Aktivität pro Tag wären ideal. Generell sollte man den Alltag mit möglichst viel Bewegung erfüllen. Mit Aktivität erhält man sich geistige und körperliche Mobilität, Lebensqualität und Selbständigkeit.  

„Ältere Menschen sollen natürlich keinen Marathon laufen und generell den Leistungsgedanken im Sport weglassen, sondern es geht darum, dass sie spielerisch in Bewegung bleiben oder kommen. Mit den Enkeln Ball spielen oder im Garten arbeiten, mit dem Hund spazieren gehen, Tanzen oder Gymnastik, gemeinsame Wanderungen, alles ist förderlich. Am besten sind Aktivitäten an der frischen Luft, denn das Licht ist ein natürliches Antidepressivum und damit schützt man das Gehirn gleich doppelt, denn eine Depression ist ein Krankheitstreiber für Alzheimer“, sagt Mag. Viereckl.  

Mediterrane Ernährung 

Es gibt kein Patentrezept, mit dem sich ein Alzheimer-Risiko einfach wegessen ließe. Allerdings erkranken Menschen seltener an Alzheimer, die sich bewusst gesund und vielseitig ernähren. Experten empfehlen meist die sogenannte mediterrane Ernährung. Sie besteht aus viel Gemüse, Fisch, Obst, gesunden Ölen (Leinsamen, Kürbiskern, Olive), Nüssen und Vollkornprodukten. Auch Beeren und Hülsenfrüchte sind gesund. Zudem gilt: Viel trinken (aber keine gezuckerten Getränke), am besten Wasser.  

Risikofaktoren 

Es sind mehrere risikoerhöhende Faktoren bekannt, die man durch einen gesunden Lebensstil beeinflussen kann und die sich nötigenfalls durch Medikamente regulieren lassen. Einige dieser Faktoren hängen in ihren Ursachen und Auswirkungen zusammen:

  • Übergewicht
  • Rauchen
  • Bluthochdruck
  • Diabetes: Menschen mit unbehandeltem Diabetes Typ 2 haben ein erhöhtes Alzheimer-Risiko
  • Depression
  • Bewegungsmangel
  • Schlafmangel: Empfohlen werden sechs bis neun Stunden.
  • Übermäßiger Alkoholkonsum
  • Mangel an sozialen Kontakten
  • geringe geistige Inaktivität

 

„Auch Vitaminmangel, Flüssigkeitsmangel und Schwerhörigkeit – wenn man kein Hörgerät verwendet – können das Erkrankungsrisiko erhöhen“, sagt Mag. Viereckl. 

Herz und Hirn 

Auffällig ist, dass viele dieser Faktoren jene Bereiche betreffen, die auch für die Herz-Kreislauf-Gesundheit wichtig sind. Gesundheitliche Probleme, die die Blutgefäße beeinträchtigen, bringen auch ein erhöhtes Alzheimer-Risiko mit sich. Verkürzt ließe sich sagen: Was für das Herz gut ist, nutzt auch dem Gehirn. Um gesundheitliche Probleme zu erkennen und frühzeitig entgegenzuwirken zu können, werden regelmäßige medizinische Untersuchungen wie die Kontrolle von Blutdruck, Blutzucker und Blutfetten empfohlen.

 

Dr. Thomas Hartl
August 2022


Bilder: Rocketclips, Inc./Monkey Business Images/shutterstock.com




 

 

Zuletzt aktualisiert am 09. August 2022