Eine Herzschwäche tritt zwar bei vielen Senioren auf, sie ist trotzdem keine natürliche Alterserscheinung, sondern eine schwere Krankheit, die gut behandelbar ist. Bei betagten Menschen, die oft gleichzeitig an mehreren Erkrankungen leiden, ist eine gut abgestimmte Dosierung der Medikamente nötig.
Bis zu 300.000 Österreicherinnen und Österreicher leiden an Herzschwäche (Fachausdruck: Herzinsuffizienz). Da das Erkrankungsrisiko mit dem Alter steigt, steigt aufgrund der gestiegenen Lebenserwartung auch die Zahl der Patienten. Rund zehn Prozent der über 80-Jährigen sind betroffen.
Herzschwäche erkennen
Bei einer Herzschwäche pumpt das Herz zu wenig Blut, wodurch der Körper nicht ausreichend mit Sauerstoff versorgt wird. Die Erkrankung entwickelt sich als Folge anderer Herzkrankheiten, etwa Herzinfarkt, Bluthochdruck oder Herzklappenschäden. Zu den größten Risikofaktoren gehören ein hoher Cholesterinwert, Bluthochdruck, Diabetes, Übergewicht sowie Rauchen.
Anzeichen einer Erkrankung sind Atemnot, Müdigkeit, verminderte Belastbarkeit, Erschöpfung und Wassereinlagerungen in den Beinen. Auch in der Lunge kann sich Flüssigkeit ansammeln und ein Lungenödem hervorrufen.
„In der Praxis sind Luftnot und Leistungsabfall die typischen Erkennungsmerkmale. Man sollte hellhörig werden, wenn man mit Gleichaltrigen plötzlich nicht mehr mithalten kann oder wenn man eine Treppe nicht mehr schafft, die zuvor kein Problem war. Bei Luftnot, Schwäche oder geschwollenen Beinen sollte man beim Arzt abklären lassen, ob vielleicht eine Herzschwäche vorliegt. Man sollte das frühzeitig machen und nicht hoffen, dass die Probleme von selbst besser werden. Verschlechtern sich die Symptome sehr plötzlich, ist meist eine sofortige Einweisung ins Krankenhaus erforderlich“, sagt Oberarzt Dr. Christian Ebner, Leiter der Abteilung Kardiomyopathie und Herzinsuffizienz am Ordensklinikum Linz.
Keine normale Alterserscheinung
Herzinsuffizienz ist eine ernstzunehmende und oft unterschätzte Erkrankung, die unbehandelt zum Tod führt. Viele Betroffene tun ihre Beschwerden als natürliche Alterserscheinung ab, womit man sich eben abfinden müsse. Sie gewöhnen sich mit der Zeit an die geringe Belastbarkeit und glauben, dass das halt so sein muss im Alter. Doch dem ist nicht so. Eine Herzschwäche ist einer Erkrankung des Herzens und keinesfalls ein Zustand, der mit dem Alter natürlicherweise einhergeht. Früh erkannt und therapiert, kann man sie gut behandeln, ihren Verlauf und die Lebensqualität verbessern.
Hausarzt erster Ansprechpartner
Mögliche Ansprechpartner sind praktische Ärzte, Fachärzte der Inneren Medizin, Kardiologen und auch Spezialambulanzen für Herzschwäche. Der erste Weg führt in der Regel zum Hausarzt, der in einem Gespräch bestimmte Fragen stellt und bei Verdacht ein EKG erstellt und das Blut auf einen bestimmten Wert (BNP oder NTproBNP) untersuchen lässt. Wird eine Herzschwäche vermutet, erfolgt eine Überweisung zu einem Facharzt.
Gute Lebensqualität und Lebensdauer im Fokus
Eine Therapie der Herzschwäche zielt darauf ab, die Lebensdauer zu steigern und bei betagten Patienten vor allem die Lebensqualität zu verbessern. Das bedeutet vor allem eine gute Belastbarkeit und das Verhindern von Atemnot. „Für einen 80-jährigen Patienten ist es weniger wichtig, ob er 99 oder 100 Jahre alt wird, sondern ob es ihm jetzt und hier gut oder schlecht geht und in welchem Zustand er die nächsten fünf Jahre verbringen wird. Damit er sich wohl fühlt, muss man die Leistungsfähigkeit des Herzens verbessern. Dies gelingt mit den modernen Therapien im Allgemeinen sehr gut. In den letzten Jahren sind neue Medikamente auf den Markt gekommen, die wirklich gut helfen“ sagt Dr. Ebner.
Auch chirurgische Maßnahmen können bei über 80-Jährigen durchaus noch sinnvoll sein. Beispiele: Die Reparatur von Herzklappen kann die Lebensqualität erhöhen. Bei speziellen EKG-Veränderungen mit nachfolgender Verschlechterung der Herzleistung können auch Schrittmacher eingesetzt werden, welche diese Veränderungen rückgängig machen und damit die Herzleistung wieder stabilisieren. Nach einem Herzinfarkt kann das Einsetzen eines Defibrillators angebracht sein. „Man muss sich jeden Patienten mit seiner Geschichte und seiner Situation im Einzelfall genau ansehen und dann mit ihm gemeinsam eine gute Entscheidung treffen“, sagt der Kardiologe.
Sorgsamer Umgang mit Medikamenten
Bei der Versorgung von älteren Herzinsuffizienz-Patienten gibt es besondere Herausforderungen, die zu beachten sind. Sie betreffen vor allem die Dosierung von Medikamenten und mögliche Neben- und Wechselwirkungen. Betagte Patienten leider häufig gleichzeitig an mehreren Krankheitsbildern und nehmen daher oft eine Vielzahl an Medikamenten ein. Medikamente können jedoch Einfluss auf die Herzgesundheit haben. Eine sorgfältige Abstimmung der gesamten Medikation ist deshalb unbedingt nötig.
Optimale Dosierung manchmal schwierig
Betagte Herzschwäche-Patienten profitieren von den dafür vorgesehenen Medikamenten genauso wie jüngere Patienten. Dr. Ebner: „Man steigt mit einer minimalen Dosis ein und nähert sich Schritt für Schritt der optimalen Dosis. Freilich bleibt in der Praxis die Dosierung häufig hinter der optimalen und damit hohen Dosierung zurück, weil sie irgendwann nicht mehr gesteigert wird. Das geschieht oft dann, wenn jemand aufgrund anderer Erkrankungen viele weitere Medikamente nimmt und es möglicherweise Neben- und Wechselwirkungen geben könnte oder wenn eine eingeschränkte Nieren- oder Leberfunktion vorliegt. Mediziner wagen sich aus diesen Gründen oft nicht an die optimale Dosierung heran. Bestehen zusätzliche Erkrankungen wie beispielsweise Vorhofflimmern, sollte man bei Fragen der Dosierung idealerweise einen Internisten mit Schwerpunkt Herz aufsuchen oder eine der Spezialambulanzen für Herzschwäche in den Krankenhäusern, denn die Medikamenteneinstellung ist dann manchmal schwierig.“
Therapie einhalten
Wichtig für eine korrekte Dosierung ist es auch, mit dem behandelnden Arzt über alle Erkrankungen, Beschwerden und eingenommenen (auch rezeptfreien) Medikamente zu sprechen. Am besten notiert man alle Medikamente mit der jeweiligen Dosierung auf einer Liste und nimmt diese zum Arztgespräch mit.
Wurde die ideale Dosierung gefunden, ist es entscheidend, die Medikamente wie vereinbart einzunehmen. Herzschwäche ist gut behandelbar, aber nur, wenn die Therapie auch wirklich eingehalten wird. Viele Patienten und Patientinnen scheinen das nicht zu wissen oder nicht zu glauben, denn knapp die Hälfte nimmt die verordneten Medikamente nicht oder nicht regelmäßig ein. „Man sollte ohne Rücksprache mit dem Arzt Medikamente nicht reduzieren oder absetzen, weil man sich besser fühlt – das kann gefährlich sein“, warnt der Kardiologe.
Herzgesund leben
Der Lebensstil wirkt sich auf die Herzgesundheit aus. Sowohl in Sachen Vorbeugung als auch in der Phase der Therapie ist es nicht egal, wie wir leben. Um das Herz gesund zu halten beziehungsweise es nicht weiter zu schädigen, sollte man nicht rauchen, sich gesund, abwechslungsreich und salzarm ernähren, Stress und Hektik vermeiden, Übergewicht reduzieren und sich an der frischen Luft bewegen.
Sportliche Betätigung ist Senioren zwar oft nicht mehr möglich, doch schon Spaziergänge regen den Kreislauf an und tun auch der Psyche gut. Bei älteren Patienten mit Herzschwäche ist die körperliche Fitness sehr unterschiedlich. Aber auch bei gebrechlichen Personen gibt es verschiedene Möglichkeiten, den Kreislauf in Schwung zu bringen und die Muskelkraft zu erhalten. Beispiele: Teilnahme an einer Herzsportgruppe, Gymnastik beim Seniorensport, oder zuhause einen Heimtrainer oder ein Tischfahrrad für die Arme verwenden.
Dr. Thomas Hartl
Dezember 2022
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