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Kardiologische Rehabilitation: Training als Medikament

   

Kardiologische_Rehabilitation_Training_als_Medikament_M_M_11.jpgHerz-Kreislauferkrankungen sind die häufigste Todesursache in Österreich. In vielen Fällen kann jedoch erfolgreich eingeschritten werden: Medizinische Rehabilitation hilft bei der Bewältigung von Herzinfarkten, Herzschwäche und anderen kardiologischen Vorfällen. Körperliches Training ist dabei eine tragende Säule.

 

Medizinische Rehabilitation hilft bei Hochrisikopatienten, einem Ereignis (z.B. Herzinfarkt) vorzubeugen und bei bereits bestehender Erkrankung negative Folgen zu verhindern oder zu verringern. Ziel einer Rehabilitationsmaßnahme ist es auch, den Patienten wieder in den Alltag einzugliedern.

 

Zuweisung zur Reha

 

Nur ein Teil der Herzpatienten nimmt eine Rehabilitation tatsächlich in Anspruch, bei Herzinfarktpatienten sind es 40 Prozent. „Es ist noch nicht genügend im Bewusstsein der Patienten und auch der Ärzte, dass man eine Reha-Maßnahme in Anspruch nehmen kann und soll“, sagt Prim. Dr. Hans Altenberger, ärztlicher Leiter der Sonderkrankenanstalt Rehabilitationszentrum Großgmain. Er empfiehlt, direkt nach der Erstversorgung im Krankenhaus eine Reha zu beantragen. Altenberger: „Man sollte nicht unnötig zuwarten, sondern sich sofort nach einem Rehaplatz erkundigen, denn der Vorteil liegt auf der Hand: Reha wirkt. Studien zeigen, je länger die Rehabilitation durchgeführt wird, desto seltener werden neuerliche Spitalsbehandlungen nötig. Evidenzbasierte Daten zeigen, dass man sich durch gezielte Maßnahmen einen deutlichen Überlebensvorteil sichert.“

 

Unsicherheit der Patienten

 

Ein Herzinfarkt kann einem den Boden unter den Füßen wegziehen. Fragen tauchen auf, wie belastbar man noch ist und wo die eigenen Grenzen gezogen werden müssen. Eine Rehabilitation dient (neben der medizinischen Betreuung) auch dazu, wieder Sicherheit in den Alltag der Patienten zu bringen.

Vor allem ältere Menschen neigen zur Befürchtung, dass ihnen körperliche Belastung schaden könnte. Junge, sportliche Menschen dagegen neigen mitunter zu einer Überkompensation, sie wollen möglichst rasch und so viel wie möglich trainieren. „Während man die einen zur Tätigkeit motivieren muss, muss man die anderen bremsen“, sagt Primar Altenberger. Um die eigene Belastbarkeit einschätzen zu können, bedarf es einer Belastungsuntersuchung (Ergometrie) und einer individuellen Beratung und Einstellung. „Das Trainingsprogramm ist für jeden anders. Das Programm eines jungen, sportlichen Menschen unterscheidet sich zum Beispiel sehr stark von einem betagten Diabetiker“, sagt der Ärztliche Leiter.

 

Phasen der Rehabilitation

 

Als Phase I einer Rehabilitation wird die Frühbehandlung sofort nach dem akuten Ereignis noch im Krankenhaus bezeichnet. Die Phase II kann man ambulant oder stationär absolvieren.

Phase II:

a) ambulant: bei stabilem Krankheitszustand ambulante kardiologische Rehabilitation nach Entlassung aus dem Krankenhaus. Dauer: 4 bis 6 Wochen in einem ambulanten Rehabilitationszentrum.

b) stationär: nach Entlassung aus dem Krankenhaus. Dauer: 3 bis 4 Wochen.

Phase III:

Ambulante Weiterführung der Rehabilitationsmaßnahmen über weitere 6 bis 12 Monate. Diese Maßnahme sollte nahe am Wohnort erfolgen, wenn möglich berufsbegleitend, zwei- bis dreimal pro Woche.

Phase IV:

Fortführung eines gesunden Lebensstils im Alltag.

 

Körperliches Training

 

Eine Rehabilitation ist mulitmodal. Sie umfasst medizinisch überwachtes körperliches Training, Risikofaktorenanalyse, Schulungsmaßnahmen, Raucherentwöhnung, psychologische und sozialmedizinische Beratungsprogramme.

Um den Erfolg messen zu können, werden Zielwerte wie etwa Blutdruck, Cholesterin, Blutzucker und Gewicht bei Antritt des Aufenthaltes gemessen. Diese Parameter werden im Laufe der Maßnahme mehrmals überprüft und dokumentiert. Bei Bedarf wird der Therapieplan auch geändert. Am Ende des Aufenthalts folgt die Abschlussuntersuchung. Man zieht Bilanz und sieht sich an, was der Patient erreicht hat. Und man bespricht, wie sich der Patient langfristig verhalten soll.

Sowohl in Phase II als auch in Phase III spielt körperliches Training eine wichtige Rolle. Mobilisierung, Ausdauer- und Krafttraining und Physiotherapie stellen die tragende Säule einer Reha-Maßnahme dar.

„Immer deutlicher zeigt sich, dass körperliches Training auch bei Herzinsuffizienz (Herzschwäche) einen hohen Stellenwert besitzt“, sagt Altenberger. Training verbessert die Prognose deutlich. „Der Trainingszustand der Skelettmuskulatur bestimmt ganz wesentlich die Leistungsfähigkeit, so kann ein Mensch mit nur 20 Prozent Herzfunktion völlig asymptomatisch und leistungsfähig sein oder unter massiven Symptomen der Herzinsuffizienz leiden“, sagt der ärztliche Leiter. Körperliches Training empfiehlt sich daher bei den meisten Patienten, ausgenommen sind Fälle, in denen Komplikationen auftraten. Die körperlichen Aktivitäten richten sich individuell nach dem Befinden und der Belastbarkeit der Patienten.

 

Ausdauer- und Krafttraining

 

Neben der Ausdauer sollte auch die Kraft trainiert werden. Krafttraining erfolgt unter Anleitung und Kontrolle von Sportmedizinern und Physiotherapeuten. Um das Herz-Kreislauf-System nicht zu stark zu belasten, wird niedrig dosiert trainiert. „Es ist wichtig, die Belastung richtig einzuschätzen. Patienten sollten daher nicht ohne Belastungsuntersuchung und Anleitung auf eigene Faust mit einem Training beginnen“, warnt Altenberger.

 

Vorteile durch körperliches Training

 

Alle Stoffwechselvorgänge werden durch Bewegung in Schwung gebracht, die Gefäße weiten sich, der Blutdruck sinkt, Cholesterin und Blutzucker werden positiv beeinflusst, das Herz eines trainierten Menschen muss weniger oft schlagen und wird dadurch weniger belastet, seine Leistungsfähigkeit steigt und die medizinische Prognose bezüglich der Herzerkrankung oder des Vorfalls bessern sich. „Training ist äußerst effektiv, es kann als ein sehr wirksames Medikament betrachtet werden“, so Altenberger.


Training schützt das Herz

 

Auch im Rahmen einer Herz-Prävention ist körperliches Training immens wichtig. „Wenn Menschen durch erbliche Komponenten eine Veranlagung zu einem Herzinfarkt haben, dann kann man diesen durch körperliche Aktivität viele Jahre hinausschieben oder ganz verhindern. Studien zeigen, dass 50 Prozent, also jeder zweite Infarkt durch Training vermieden werden kann. Allein diese Zahl zeigt das riesige Potential eines bewegten Lebensstils“, sagt der Herzspezialist.

 

Langfristige Optimierung des Lebensstils

 

Am Ende einer stationären oder ambulanten Reha-Maßnahme sind Patienten häufig hoch motiviert, vor allem wenn sie während dieser Zeit eine deutliche Verbesserung ihres Befindens und Gesundheitszustands erfahren haben. Um sich diese Verbesserung langfristig zu sichern ist es wichtig, dass man nach der Maßnahme einen aktiven, gesunden Lebensstil weiterführt (Phase IV der Reha), also die sportlichen Maßnahmen auch zuhause umsetzt, nicht raucht und auf eine ausgewogene Ernährung achtet. Nur eine langfristige Umstellung des Lebensstils sichert auch langfristig den Erfolg und damit ein minimiertes Erkrankungsrisiko.

 

Dr. Thomas Hartl

Feburar 2014


Foto: BilderBox

Zuletzt aktualisiert am 13. November 2020