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Frau hat Schmerzen im Unterleib

Morbus Crohn: Gute Lebensqualität bei richtiger Therapie

Morbus Crohn kann zwar nicht geheilt werden, durch eine individuelle und umfassende Therapie und dank besserer Medikamente ist jedoch jahrelange Beschwerdefreiheit möglich. 


Morbus Crohn steht für eine chronische Entzündung, die jeden Abschnitt des Verdauungstrakts befallen kann, meist jedoch den Dünn- und Dickdarm betrifft. Die Krankheit bricht oft in jungen Jahren aus (meist zwischen 15 und 35 Jahren) und tritt dann in Schüben auf. Bei Morbus Crohn-Patienten richtet sich das Immunsystem gegen den eigenen Körper. Durch eine überschießende Immunantwort im Darm werden die eigenen Körperzellen geschädigt. Schauplatz dieses Geschehnes ist der Darm, er spielt bei der Regulierung der Immunabwehr eine entscheidende Rolle. 

Ursachen

„Man kennt zwar den Ablauf eines solches Vorgangs, weiß aber nicht, warum das geschieht. Klar ist lediglich, dass die Bereitschaft für diese Erkrankung im Körper vorhanden sein muss. Zurzeit können wir nur die Auswirkung, also die Entzündungen behandeln, ohne die Ursachen zu bekämpfen“, sagt Prim. Dr. Norbert Fritsch, Leiter der Abteilung für Innere Medizin und Ärztlicher Direktor des LKH Freistadt. Neben einem erblichen Faktor dürften Umwelteinflüsse, Infektionen und psychische Belastungen eine bestimmte Rolle spielen. So weiß man, dass Rauchen den Verlauf der Krankheit verschlimmert und das Rückfallrisiko begünstigt. 

Beschwerden 

Die Erkrankung kann im gesamten Magen-Darm-Trakt auftreten. Die Symptome können vielfältig sein. Vor allem nach dem Essen treten Beschwerden wie Krämpfe oder krampfartige Durchfälle auf, verursacht z.B. durch narbige Engstellen im Darm. Betroffene reagieren häufig mit langsamem Gewichtsverlust und sind infolge Eisenmangels müde.

Morbus Crohn tritt in Familien gehäuft auf. Angehörige von Betroffenen sollten daher bei eigenen Beschwerden hellhörig sein. „Normalerweise spricht man mit seinem Hausarzt über seine Beschwerden. Ergibt sich ein Verdacht auf Morbus Crohn, sollte man einen Internisten oder eine Spitalsambulanz aufsuchen“, rät Primar Fritsch. 

Oft späte Diagnose 

Die Erkrankung bleibt oft lange Zeit unerkannt. „Oft glaubt man fälschlicherweise an eine Nahrungsmittelunverträglichkeit oder man geht von psychischen Problemen oder zuviel Stress aus. Zu einer richtigen Diagnose gelangt man oft erst über Umwege und nach einem jahrelangen Leidensweg“, erklärt der Mediziner. Mögliche Mittel zur Diagnose: Befragung des Patienten, körperliche Untersuchung, Blutbild, Darmspiegelung, Ultraschalluntersuchung, Magenspiegelung, Magnetresonanztomografie. 

Therapie 

Die Therapie soll den Entzündungsprozess unterbinden, die Beschwerden lindern und das Risiko für Komplikationen verringern. Hauptziel ist es, eine möglichst lange Beschwerdefreiheit zu erreichen. Da die Krankheit bei jedem Betroffenen anders verläuft, ist es mitunter schwierig, die richtige Therapie sofort zu finden. Die Wahl der Behandlung erfolgt individuell nach dem Beschwerdebild des jeweiligen Patienten. Orientierungspunkte sind Lage und Ausmaß der Entzündung, das Befallsmuster und der Krankheitsverlauf. Therapiemöglichkeiten sind: Medikamente, Operationen, psychologische Unterstützung und Ernährung.

 

Der behandelnde Arzt erstellt im Idealfall ein schriftliches Gesamt-Therapie-Konzept. Dazu zählt auch eine regelmäßige Krebsvorsorge, weil die Entzündungsvorgänge auch ein erhöhtes Risiko für Darmkrebs bedingen. Eine Vorsorge-Endoskopie wird daher angeraten. Ebenso besteht ein erhöhtes Risiko für Osteoporose. Auch für einen ausgeglichenen Vitamin und Spurenelementhaushalt sollte gesorgt werden. 

Medikamente 

Morbus Crohn wird vor allem medikamentös behandelt. Entzündungshemmende Medikamente stehen an erster Stelle einer jeden Therapie. Die Art und Dosierung der Medikamente richten sich nach der individuellen Ausbreitung der Krankheit und dem körperlichen Zustand des Patienten.

Die medikamentöse Therapie sollte möglichst früh beginnen und die Dosierung ausreichend sein, damit die Schleimhaut des Darms vollständig abheilen kann. Gelingt dies, können neue Schübe, bleibende Schäden am Darm und Komplikationen verhindert werden. Je schneller man eine Remmission erreicht, desto besser ist die Prognose. „Wir bemühen uns die Entzündung möglichst rasch zum Abklingen zu bringen, um Rückfälle möglichst zu vermeiden. Greift die Therapie, kann man die Dosierung wieder senken“, erklärt Fritsch. 

Operationen 

Noch vor einigen Jahren wurde versucht, sehr vielen Patienten mittels Operation zu helfen, indem die entzündeten Teile des Darms entfernt wurden. „Das wird heute nicht mehr gemacht, denn inzwischen wissen wir, dass die Erkrankung wieder kommt und einen anderen Teil des Magen-Darm-Trakts befällt. Heute wird nur mehr dann operiert, wenn Lebensgefahr besteht oder wenn eine Engstelle dies nötig macht“, sagt der Mediziner. Nach der Operation werden sofort wieder Medikamente eingesetzt, da sonst eine neuerliche Entzündung im Darm auftreten kann. 

Andere Maßnahmen 

Ernährung: Diätmaßnahmen sind gemeinsam mit Diätologen individuell zu gestalten. Ziel ist eine Wiederherstellung des optimalen Bakterienhaushalts im Darm. Eine anfangs vorsichtige Diät mit leicht verdaulichen Nährstoffen begleitet die medikamentöse Therapie.

Psychotherapie: Kann helfen, den oft jahrelangen Leidensweg zu bewältigen und Stress zu reduzieren. Großer Stress und Traumata beeinflussen die Immunabwehr und den Verlauf der Erkrankung. Überdurchschnittlich oft haben Morbus-Crohn-Patienten in ihrer Kindheit ein Trauma erlitten.

Rauchen einstellen: Rauchen verschlechtert den Verlauf und die Prognose. 

Befristete Remission möglich 

Durch den Einsatz immer besser wirkender Medikamente konnte in den letzen Jahren deutliche Vorteile für die Patienten erzielt werden. Dadurch werden auch immer weniger Operationen nötig. „In früheren Jahren konnten Betroffene oft nicht mehr die eigene Wohnung verlassen, weil sie tagsüber acht bis zwölf Mal Durchfall hatten. Das ist heute nicht mehr so. Wenn man gut behandelt wird, hat man meist eine gute Lebensqualität“, sagt Fritsch. Medikamente und notfalls auch eine Operation führen wird zwar keine endgültige Heilung herbei, immerhin ist aber eine Remission über viele Jahre möglich. Das bedeutet, dass in dieser Zeitspanne keine Entzündung und keine Beschwerden auftreten.

 

Dr. Thomas Hartl

November 2015

 

Foto: shutterstock

Zuletzt aktualisiert am 13. November 2020